Krefeld, Viersen und schlauer werden in Paderborn

Glücklicherweise bin ich das frühe Aufstehen mittlerweile so sehr gewohnt, dass es mir nichts mehr ausmacht, auch wenn ich einmal nicht so gut geschlafen habe.

Mein Wecker nahm auch keine Rücksicht auf Halsschmerzen und verstopfte Nebenhöhlen. Im Bad machte sich noch eine weitere Unpässlichkeit bemerkbar: Am Tag zuvor hatte mein Tremor beim Reinigen der Ohren das Wattestäbchen mit voller Wucht in mein linkes Ohr gerammt. Jetzt blutete es in diesem Ohr. Aber auch darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen. Die gewählte Verbindung startete um 08:40 Uhr am Hauptbahnhof in Darmstadt, meine Tram fuhr um 08:08 Uhr. Es war lausig kalt obwohl Sonne und Mond gleichzeitig auf Darmstadt herunter schienen. Am Bahnhof holte ich mir wie üblich mein zweites Frühstück, bestehend aus einem Kaffee und einer Brezen mit Butter. Ich begab mich zum Gleis, wo unmittelbar danach der Zug einfuhr.

Zweites_Fruehstueck

Als ich mir einen Platz gesucht hatte, traf mich die Erkenntnis, dass Kaffee total beschissen schmeckt, wenn man gerade ein Hustenbonbon lutscht. Meine Geschmacksnerven nahmen mir diese brutale Vergewaltigung echt übel. Macht das bloß nicht zuhause nach!

Mainz_Hbf

In Mainz musste ich wie üblich umsteigen. Dort hatten so ziemlich alle Züge Verspätung, auch meiner, so dass ich Mainz ca. 20 Minuten später als geplant verließ. Wir trödelten gemächlich am Rhein entlang, die Zugbegleiterin kontrollierte gerade die Tickets, als ein Kollege kam und etwas von einer verwirrten Person faselte. Die Kollegin ging mit ihm aus dem Abteil, die beiden besprachen etwas, anschließend telephonierte die Kollegin. Ich befürchtete weitere Verspätung, aber offensichtlich konnte das Problem recht reibungslos gelöst werden.

Hohenzollernbruecke

Ich überlegte zunächst, in Köln umzusteigen, damit ich nicht allzu spät in Krefeld ankommen würde, verwarf die Idee jedoch bei der Einfahrt in den Kölner Hauptbahnhof wieder, als die DB-App mir anzeigte, dass die Fahrt über Düsseldorf schneller zum Ziel führen würde. In Düsseldorf gönnte ich mir eine weitere Tasse Kaffee. Dann ging es endlich weiter nach Krefeld und mit insgesamt 45 Minuten Verspätung kam ich im Büro an.

Der Termin war relativ schnell wieder vorbei. Danach musste ich wieder zum Bahnhof zurück, schließlich wollte ich ja nach Viersen. In der Niederrhein-Bronx hielt mich nichts. Zwar war es dieses Mal nicht ganz so schlimm wie sonst, aber dennoch reichte mir die eine Stunde Aufenthalt, um gleich wieder genug von Krefeld zu haben.

Ich fuhr mit dem Zug weiter nach Viersen, wo ich den Bus nach Dülken nahm. Geplant war, dass ich mich dort mit dem darkinchen treffe, wir Frau Sauerbraten besuchen und mit dem Hund spazieren gehen und dann zu ihr nach Hause fahren. Da ich aber im Regionalzug nach Viersen meine Sonnenbrille liegen gelassen habe, was mir auf dem Bahnsteig auffiel, nachdem die Türen geschlossen waren, mussten wir noch einen Zwischenstopp in der Dülkener Geschäftswelt einlegen. Bei der Gelegenheit kauften wir in einem Billig-Markt ein neues Hundespielzeug und im Klamottenladen gegenüber erstand ich eine Behelfssonnenbrille für sage und schreibe 2,99 Euro. Schön ist sie nicht, aber sie erfüllt ihren Zweck. Denn die Sonne blendete an diesem Tage fürchterlich und Dank der Erkältung waren meine Augen noch lichtempfindlicher als sonst.

Badetag

Auf dem Hof, wo Frau Sauerbraten lebt, herrschte gerade Badetag, als wir ankamen.

Badetag_2

Und wie das meist so ist: Wenn einer anfängt, wollen alle. ;)

Granny_01

Frau Sauerbraten und ihrem Weidegefährten geht es augenscheinlich gut. Die mitgebrachte Banane wird dankbar schmatzend angenommen, als die Leckerei aber aufgebraucht war, drehte sie uns nur noch ihr Hinterteil zu und widmete sich wieder ihrem Tagesgeschäft.

Granny_02

Na gut, dann widmeten wir uns eben dem anderen Vierbeiner, der etwas mehr Begeisterung für unsere Anwesenheit zeigte. Spazieren gehen konnte man hier lange und ausgiebig.

Das neu erworbene Spielzeug wurde freudig angenommen und änderte während des Spaziergangs seine Farbe von Naturweiß zu Schlammbraun.

Das hätten wir noch Stunden weiter machen können, aber ich war mittlerweile durchgefroren genug und hatte Angst, dass meine Erkältung noch schlimmer werden würde. Wir fuhren nach Viersen zurück, besorgten uns in der Pizzeria unser Abendessen und schmissen uns mit Pizza und Tortellini auf die Couch. Später machte das darkinchen noch die Fingernägel wieder schön und dann gingen wir ins Bett.

Der Schlaf war eher schlecht als recht und vor allem viel zu wenig. Um kurz vor Drei wurde ich wach und konnte auch nicht mehr richtig schlafen - bis 05:30 Uhr, als der Wecker klingelte. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich wunderbar wieder einschlafen können. Man kennt das ja. Ich quälte mich aus dem Bett und wies die Senseo an, Kaffee zu kochen. Anschließend versuchte ich herauszufinden, ob und wann in Paderborn, wo die Reise mich heute hinführen sollte, Busse fuhren. Zunächst überforderte mich dies ein wenig, aber dann fand ich - mehr durch Zufall - eine von mir auf meinem Smartphone installierte App, die den Fahrplan in Paderborn kennt. Alles wird gut. Um kurz nach Sechs weckte ich das darkinchen, dann ging ich unter die Dusche und machte mich fertig für den nächsten Teil der Reise. Das darkinchen fuhr mich mit dem Auto zum Bahnhof, um 06:51 Uhr fuhr mein Zug in Viersen ab.

Fruehstueck_im_Zug

Seit Dezember 2013 verkehrt wieder ein IC zwischen Aachen und Berlin. Dieser hält auch in Viersen (und sogar in Krefeld, das dadurch aber nicht weniger provinziell wirkt), was die Reise einigermaßen komfortabel macht. Wir fuhren der Sonne entgegen.

Sonnenaufgang

Der Himmel war blau und es versprach wieder ein schöner Tag zu werden.

Blauer_Himmel

In Hamm musste ich umsteigen, von dort ging es mit einer Regionalbahn weiter nach Paderborn und das letzte Stück dann mit dem Bus. Das ist am Bahnhof in Paderborn total unübersichtlich und ich lief da erst einmal etwas hilflos rum, bis ich dann mehr durch Zufall die Buslinie entdeckte, mit der ich fahren musste: Linie 68 nach Schöne Aussicht. Leider musste ich schon vorher aussteigen und konnte nicht bis zur schönen Aussicht fahren.

Schoene_Aussicht

Pünktlich um 10 Uhr war ich in der Einrichtung, in der die Fortbildung stattfinden sollte. Nur der Dozent war noch nicht da. Der kam, wie wir erfuhren, mit der Bahn angereist und diese hatte Verspätung.

Tee

Ja, Tee. Mir ging es immer noch nicht wirlich gut, da war Tee mehr als angebracht. Außerdem hatte ich auf der Fahrt hierher mehr als genug Kaffee getrunken, mir reichte es vorerst. Gegen 10:40 Uhr ging es dann endlich los.

Zu Mittag gab es ein äußerst leckeres Kartoffelgratin. Es gab auch Kartoffelbrei und Leberkäs, aber das Gratin war einfach saulecker. Ich aß viel zu viel und wäre in der zweiten Tageshälfte trotz Kaffee, zu dem ich mittlerweile wieder übergegangen war, beinahe eingeschlafen. Um Punkt 16 Uhr musste ich die Veranstaltung verlassen, auch wenn sie noch nicht ganz zuende war. Aber da ich eh noch bis 20:25 Uhr unterwegs sein würde und außerdem mit meinem Sparticket ja auch nicht einfach einen anderen Zug nehmen konnte, schlich ich mich leise hinaus und ging zurück zum Bus.

Letzte_Etappe

Von Paderborn aus fuhr zunächst ein Privatunternehmen namens Eurobahn nach Warburg. Dort ist es recht provinziell, aber immerhin fahren die Züge pünktlich. Der Anschlusszug war ein Dieseltriebzug. Mit diesem stinkenden Ding tuckerte ich nach Kassel-Wilhelmshöhe. Als ich hessischen Boden betrat, musste ich sofort feststellen, dass dies der hässlichste Bahnhof Hessens, wenn nicht sogar Deutschlands ist. Mit architektonischer Brachialgewalt wurden hier Säulen hingestellt und Rammpen gebaut. Der mittlerweile recht stark patinierte Beton gab dem Ensemble den Rest.

Ein Hauch von Psycho-Thriller lag in der Luft und ich war heilfroh, als nach etwa 15 Minuten endlich der ICE einfuhr. Auch wenn sich Anzeige und Durchsage nicht einig waren, ob er nun nach Ulm oder nach München fuhr, herrschte zumindest Konsens darüber, dass er in Frankfurt halten würde. Das reichte mir aus, um meine Rucksack auf einen freien Sitz und mich daneben zu schmeißen. Neben den Rucksack, nicht neben den Sitz, versteht sich.

Sonnenuntergang

Wir fuhren über Berge und durch Tunnels immer am Sonnenuntergang entlang, bis kurz hinter Fulda eine Durchsage das Idyll jäh durchbrach: Ein Bundes- oder Landespolizist möge doch bitte in Wagen 2 kommen, sofern einer an Bord sei. Bedauerlicherweise wird ja nie dazu gesgt, wofür sie ihn benötigen. Wie ernst die Lage war, erfuhren wir auch nicht. Unser nächster Halt in Hanau verlief jedoch planmäßig und wir fuhren pünktlich wieder ab.

Der Rest der Fahrt verlief ruhig und unspektakulär. Ich kam pünktlich in Darmstadt an und war froh, wieder zuhause zu sein. Nachdem ich meine Tasche ausgepackt und eine Runde mit der Katze gespielt hatte, fiel ich wie tot ins Bett. Am nächsten Morgen klingelte schließlich wie gewohnt um 05:30 Uhr der Wecker ...