Der Leipziger Apfel

Zu den Unmengen von Reiseproviant, die das darkinchen und ich mit uns herum schleppten, als wir uns auf den Weg gen Osten machten, gehörte ein Apfel, ein schöner Golden Delicious, der seinen Namen zurecht trug. Ich nahm ihn mit in dem guten Vorsatz, ihn auf der Fahrt nach Leipzig zu verzehren. Ein paar Vitamine werden schon keinen Schaden anrichten, dachte ich mir. Allerdings hatte ich während der Fahrt mehr Lust auf die in Krefeld am Bahnhof erworbenen Backwaren, die Süßigkeiten und die Schokolade, die wir dabei hatten. Der Apfel blieb achtlos in der Tasche und wurde nicht angerührt. Vielleicht hatte ich ja in Leipzig mal Lust darauf.

Das hatte ich natürlich nicht. Wir haben viel und oft gegessen, kleine Snacks zu uns genommen, hier und da ein Eis usw. Für einen Apfel war da kein Platz. Auch die Chance, auf der Weiterfahrt nach Hessen verspeist zu werden, verging für den Apfel ungenutzt. Unbeschadet kam er in Darmstadt an. Dort blieb er bis Sonntag unbeachtet in den Obstschale liegen. Langsam wurde die Haut schon leicht schrumpelig und erste Blessuren in Form von braunen Flecken deuteten auf die Reisestrapazen des armen Apfels hin.

Sonntagabend hatte meine Tochter ein Erbarmen: Sie bestand darauf, dass wir den Apfel mit nach Krefeld nahmen. Abends fuhr sie noch einmal in den Stall, um das Pferd zu begrüßen und sich ihr neues Smartphone bei einer Stallkollegin abzuholen. Bei der Gelegenheit nahm sie den Apfel mit, um ihn ans Pferd zu verfüttern. Mittlerweile schmeckte er süß, wie das Pferd durch lautes Schmatzen und intensives Sabbern kund tat.

Den Leipziger Apfel gab es nun nicht mehr. Nicht einmal das Kerngehäuse blieb übrig. Immerhin hatte er vorher noch einen schönen Urlaub. ;)