Kurztrip nach Frankfurt

Ein paar Umstände trafen zusammen, die uns veranlassten, am ersten Märzwochenende nach Frankfurt zu fahren. Zum einen war da unsere frisch eingebaute Bordbatterie, die in Kombination mit der Luftstandheizung getestet werden musste. Zum anderen sind wir wieder einmal im Kilometer-Dilemma: Eine längere Urlaubsreise und die 20.000-Kilometer-Inspektion stehen an. Letztere würden wir gerne vor dem Urlaub machen. Und dann feierte Schwiegermutter am Sonntag auch noch ihren 75. So entschlossen wir uns ganz kurzfristig, das alles miteinander zu kombinieren und als Überraschungsgäste in Frankfurt vor der Türe zu stehen.

Am Freitag in der Mittagspause machten wir uns auf den Weg. Der Herr Lebensabschnittsgefährte musste noch kurz im Büro vorstellig werden, um sich die neue Dienst-SIM abzuholen. Das Büro ist in der Rostocker Südstadt. Noch einmal nach Hause zurück zu fahren hätte sich nicht gelohnt, weswegen wir bis zum nächsten Autobahnparkplatz fuhren und dort den Arbeitstag zuende erledigten.

Während der Herr Lebensabschnittsgefährte seiner Arbeit nachging, beschäftigte ich mich mit meiner Kamera und meinem Tablet. Als ich das Tablet aus der Tasche holte, fiel mir zum x-ten Mal an diesem Tag das Netzteil des Smartphones des Herrn Lebensabschnittsgefährten herunter. Fortan drangen wenig vertrauenserweckende Geräusche aus dem Kunststoffgehäuse. Da ich einen Wohnungsbrand im Leben für ausreichend erachte, bestimmte ich die sofortige Entsorgung von dem Teil und wir bestellten ein neues.

Greifvogel auf Strommast

Um 16 Uhr war Feierabend und wir machten uns auf den Weg gen Süden. Zunächst fuhren wir über die A14.

Auf der A14

Auf dem Rastplatz Meynbach Süd legten wir einen Stop ein und sondierten die Lage. Weit wollten wir nicht mehr fahren, wir hatten ja Zeit und die wollten wir uns auch nehmen.

Sonnenuntergang am Rastplatz

Die A14 endete kurze Zeit später. Wir fuhren über beschauliche Sträßchen und durch finstere Wälder ein wenig abseits der Hauptroute und dann über die B195 zur B189, wobei wir auch die Elbe überquerten.

Auf einem Rastplatz an der B189 schlugen wir unser Nachtlager auf. Wir waren mittlerweile ziemlich müde. Daher gab es nur noch Abendbrot und dann bauten wir das Bett auf. Auf dem Laptop schauten wir noch eine Doku.

Camper-TV

Leider konnte ich nachts nicht besonders gut schlafen, wie immer in der ersten Nacht, wenn wir unterwegs sind. Als ich morgens wach wurde, fühlte ich mich ein wenig zerstört wie nach durchzechter Nacht. Geschlafen hatten wir übrigens ohne Heizung. Die Temperatur im Camper fiel nicht unter 1,5 °C, das war auszuhalten gewesen.

Frosch im Party-Modus

Am Morgen tat dann die Heizung ihren Dienst und es gab frischen Kaffee. Die Lebensgeister kehrten langsam zurück. Als es ans Aufräumen ging und ich in einer ungeschickten Bewegung mit dem Daumen an einer der Holzleisten stoppte und mir einen ca. 1 cm langen Splitter unter den Daumennagel rammte, war ich endgültig wach! Der Herr Lebensabschnittsgefährte nahm eine Notoperation vor und entfernte den Fremkörper. Die Gegenrichtung ist bei solchen Aktionen bekanntlich noch schmerzhafter und ich konnte einen Schrei nicht unterdrücken.

Splitter

Natürlich hatten wir kein Pflaster dabei, überhaupt die ganze Reiseapotheke lag trocken und warm zuhause. Frau dark* war mal wieder bestens vorbereitet. Das Provisorium bestand aus einem Stück Papiertaschentuch mit “Universalkleb” (Malerkrepp) fixiert. So verarztet machten wir uns fertig zur Weiterreise.

Dies aber nicht ohne festzustellen, dass unser Klo verstopft war. Nun muss man dazu wissen, dass unsere Campertoilette eine sogenannte Trenntoilette Marke Eigenbau ist. Es gibt einen Kanister für den Urin und einen Eimer für den Rest. Und damit beim Wasserlassen nicht die Hälfte daneben geht, haben wir uns einen Trichter aus dem medizinischen Bedarf gekauft. Und eben dieser war verstopft. Einem von uns war ein Stück Klopapier hinein gefallen. Wenigstens war das Problem leicht und schmerzfrei zu lösen. Wir konnten endlich los.

Unser Stellplatz

Das Wetter war bombastisch! Und es war ziemlich kalt, auf dem Griff der Beifahrertüre hatten sich ein paar Eiskristalle gebildet. Ein geniales Feature unseres Autos ist die beheizte Frontscheibe, mit der Eiskratzen der Vergangenheit angehört.

Eiskristalle auf dem Türgriff

Wir fuhren wieder Landstraßen und genossen das schöne Wetter. Schon am Nachmittag zuvor und auch an diesem Tag war mir entlang der Strecke immer wieder aufgefallen, wie viele Sturmschäden noch zu sehen war. Viele abgeknickte und umgekippte Bäume lagen noch herum, viele frische Bruch- und Sägespuren ließen erahnen, wie es nach den Stürmen ausgesehen haben muss.

In Bismark (Altmark) hielten wir bei einem Bäcker und besorgten uns Brot und Kuchen. An einem Feldrand hielten wir an für ein zweites Frühstück, genossen die Stille und beobachteten die Rehe.

Bei Gardelegen fuhren wir auf die B188 Richtung Wolfsburg und da wir keine Lust hatten, durch Wolfsburg zu fahren, ging es über die L20 Richtung Süden zur A2 von der wir auf die A39 wechselten. Die A39 ist an der Stelle übrigens Teststrecke für autonomes Fahren.

Teststrecke A39

An der Raststätte mit dem klangvollen Namen Salzgitterhüttenblick Nord gab’s Mittagessen: Gemüseeintopf.

Gemüseeintopf

Von einer Hütte war übrigens weit und breit nichts zu sehen. Allerdings liegt das daran, dass die “Hütte” eben keine Hütte ist, wie sie der Skandinavienliebhaber mit dem Wort assoziiert, sondern ein Erzbergwerk. Genau genommen ein ehemaliges, nämlich Schacht Konrad und dessen Förderturm kann man von der Raststätte Salzgitterhüttenblick Süd aus sehen. Wir sahen nur Windräder und wir sahen zu, dass wir weiter kamen.

Der A39 folgten wir bis zur A7. Auf der blieben wir allerdings nur bis Kassel und wechselten auf die A49. Der Plan war, das letzte Stück über die B3 nach Frankfurt zu fahren und uns kurz vor der Stadt ein Plätzchen zum Schlafen zu suchen. Da es immer noch recht früh war, war ein Plätzchen mit Wald oder Park oder irgendwas, wo man noch spazieren gehen könnte, nicht verkehrt. Zunächst überlegten wir, zum Edersee zu fahren, aber das wäre für den nächsten Morgen noch zu weit gewesen. Also fuhren wir zunächst in Cölbe tanken. Dort habe ich zum ersten Mal in Deutschland eine Automatentankstelle gesehen. In Skandinavien sind die üblich und total praktisch. Die sparen Zeit und während der Pandemie auch Kontakte. Anschließend fuhren wir bei Gießen nochmal auf die A5.

Weit kamen wir allerdings nicht, dem Herrn Lebensabschnittsgefährten ging es nicht gut, Kopfschmerzen zogen auf. Das war kein gutes Zeichen. Ich suchte mittels Karten-Apps nach einem möglichen Rastplatz für ein paar Stunden, vielleicht sogar einem Schlafplatz, und wurde in der Nähe von Bad Nauheim fündig. Wir parkten an einem Wanderparkplatz etwas abseits der Straße. Ich kochte einen Tee und wollte unser Bett aufbauen, damit der Herr Lebensabschnittsgefährte sich hinlegen konnte.

Bevor ich dazu kam, beschloss dessen Körper allerdings, dass der Mageninhalt selbigen unverzüglich zu verlassen hatte. Als einziges Auffangbehältnis stand unser Mülleimer zur Verfügung, der nun kontaminiert war. Ich öffnete das Fenster hinter mir und hielt mir Ohren und Nase zu. Mit den meisten Dingen ekliger Natur bin ich ziemlich unkompliziert, aber bei Erbrochenem hört’s auf. Geräusche und Geruch verlangen einiges an Selbstbeherrschung von mir. Nach etwa 10 Minuten war Ruhe. Der Herr Lebensabschnittsgefährte hatte sich in Sterbeposition auf die Sitzbank begeben, wo ich ihn allerdings nochmal wegscheuchen musste, um das Bett zu machen. Ich bereitete unsere Schlafstatt, knotete die stinkende Mülltüte zu, bereitete eine frische Mülltüte für alle Fälle vor, machte mir einen Tee und aß die Puddingbrezen, die wir am Morgen beim Bäcker geholt haben. Anschließend legte auch ich mich hin. Es war 18:15 Uhr und mir fielen die Augen zu.

Eiszapfen

Am nächsten Morgen war es ziemlich frisch. Das Thermometer zeigte 0,1 °C im Innenraum, -5 °C außen. Am Camperfenster hingen Eiszapfen.

Unser Stellplatz

Aber immerhin waren wir ausgeschlafen. Die Heizung wärmte den Camper und der Kaffee wärmte mich zusätzlich. Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg.

Landstraße

Das Wetter war bombastisch. Wir fuhren das kurze Stück zurück zur Autobahn, wo am Sonntagmorgen fast nichts los war. Vom Haus der Schwiegereltern, die im Norden Frankfurts wohnen, waren wir noch etwa 20 Minuten entfernt.

Autobahn

Eigentlich hatten wir vor anzurufen und zu sagen, sie solle mal aus dem Fenster sehen. Aber leider war besetzt. Also stieg ich aus und klingelte und erklärte meiner reichlich verdutzten Schwiegermutter, dass sie sich etwas anziehen und rauskommen soll. Die Straße dort ist sehr eng, der Lebensabschnittsgefährte blieb im Auto sitzen. Um weder uns noch die Schwiegereltern zu gefährden, hatten wir beschlossen, nur gemeinsam spazieren zu gehen und anschließend noch ein wenig in der Sonne draußen auf der Terrasse zu sitzen. Wir parkten also das Auto am Ende der Straße und der Herr Lebensabschnittsgefährte holte seine Mutter ab, die sich noch zwei Minuten erbeten hatte.

In Klötzchen-Bauweise wurde hier eine ganze Siedlung auf dem Reißbrett entworfen und hingestellt. Drumrum ein wenig “Grün” das so übelst steril wirkt und angelegt ist, dass man es kaum als Natur bezeichnen kann. Der Löschteich mit verdrecktem Wasser wird wenigstens von ein paar Sträuchern gesäumt. Früher, bevor die Klötze da standen, konnte man auf die Skyline von Frankfurt sehen, erzählte Schwiegermutter mir. Heute benötigt man dafür eine Drohne.

Frankfurt am Main

Keinesfalls würde ich dort wohnen wollen, das fühlt sich aus so vielen Perspektiven falsch an. Und idiotisch teuer ist es außerdem.

Wir saßen noch eine Weile auf der Terrasse. Es ging kaum Wind und die Sonne schien. Zum Kaffee gab es Schwarzwälder Kirschtorte, von der wir aber leider nicht mehr als ein Stück essen konnten, da wir noch fahren mussten und Schwiegermutter sehr großzügig war beim Einlegen der Kirschen in Rum. Super lecker jedenfalls war die Torte!

Autobahn

Irgendwann nach 13 Uhr machten wir uns auf den Rückweg. In Guxhagen machten wir Station beim McDrive. Mich gelüstete es nach Junkfood, nach labberigen Pommes in altem Fett gebraten. Begleitet wurde unsere Mahlzeit von Autohof-Romantik und einem Rotmilan.

Den Nachmittag verbrachten wir in erster Linie mit Kilometerfressen. Wir wollen auf dem schnellsten Weg nach Hause zurück.

Autobahn

Lediglich zwei Stops legten wir noch ein. Den Rastplatz für den ersten Stop haben wir seines Namens wegen gewählt. Der Ort wurde für geeignet befunden, um eine Tasse Kaffee zu trinken und sich ein paar Minuten die Beine zu vertreten.

Up’n Bummelskampe

Den zweiten Stop benötigte Bert, der es mit der vorhandenen Tankfüllung nicht bis nach Hause schaffen würde. Daher hielten wir noch einmal auf der Höhe von Hamburg. Wir fuhren von der Autobahn runter, kurz über die Landesgrenze nach Schleswig-Holstein, tankten voll, zurück nach Hamburg und wieder auf die Autobahn drauf.

Wir nutzen übrigens eine App, mit der kontaktloses Tanken endlich möglich ist. Damit es in Deutschland so etwas gibt, brauchte es wohl erstmal eine globale Seuche, die den Leuten Kontaktreduktion abverlangt. Da ich Kontakte auch ohne Pandemie nicht sonderlich schätze, sehe ich das als großen Gewinn. Und einen hübschen, virtuellen Kassenzettel bekommt auch auch.

Über die Spritpreise legen wir mal lieber das Deckmäntelchen des Schweigens …

Als wir die A20 erreicht hatten, wurde es dunkel. Hinter Lübeck wurde die Autobahn auch ziemlich leer. Wir fuhren über die Landesgrenze nach Mecklenburg-Vorpommern und das typische Zuhause-Feeling setzte ein.

Autobahn

Aber um ein Haar wären wir nicht heil zuhause angekommen. Und ein weiterer Verkehrsteilnehmer hatte wahnsinniges Glück im Unglück, dass er überhaupt noch irgendwo ankommen konnte. Aber von vorn.

Etwa 5 Kilometer bevor wir die Autobahn verlassen mussten, kurz vor der Abfahrt Schwaan, überholte uns ein silberfarbenes Fahrzeug und scherte vor uns ein. Wir fuhren zu diesem Zeitpunkt etwa 100 km/h und der andere vielleicht 110 bis 120 km/h. Beim Einscheren hätte er uns um Haaresbreite am Kotflügel vorne links touchiert. Und während ich noch dachte, was das für ein Depp sei, zog der Wagen noch weiter nach rechts rüber und schrammte an der Leitplanke entlang. Mir rutschte das Herz in die Hose, vor meinem geistigen Auge sah ich den Wagen schon im Zickzackkurs über alle Fahrstreifen auf der Autobahn hin und her rutschen. Nicht zuletzt aufgrund der recht niedrigen Geschwindigkeit passierte dies aber glücklicherweise nicht. Stattdessen bremste der Fahrer ab und auch wir hatten bereits den Warnblinker gesetzt und waren auf den Standstreifen gefahren, um nachzusehen, ob alles in Ordnung war. Ich hatte butterweiche Knie.

Der Herr Lebensabschnittsgefährte, der zu diesem Zeitpunkt am Steuer saß, stieg zuerst aus. Es dauerte einen Moment, bis aus dem Fahrzeug vor uns jemand ausstieg. Ich wartete noch ein wenig, dann stieg ich ebenfalls aus. Der Fahrer gab an, kurz weggenickt zu sein, der berühmt-berüchtigte Sekundenschlaf. Er war ziemlich fassungslos und vermutlich auch leicht geschockt und kontrollierte sein Auto. Der Wagen war an der Beifahrerseite von vorne bis hinten zerkratzt, der Tankdeckel war etwas schwer wieder zu schließen, die Türe ließ sich aber noch öffnen und auch wieder schließen.

Wir redeten noch ein paar Sätze, wie weit er es noch hätte und wohin er fahren müsse usw., bis wir überzeugt waren, dass es ihm gut ging. Dann stiegen wir wieder in unser Auto ein und fuhren weiter. Auch wir hatten einen gehörigen Schreck davongetragen und ließen die Situation noch einmal Revue passieren.

Zum Schluss wie immer die Statistik unseres anstrengenden Kurztrips. Allerdings haben wir den Tripcounter nicht resettet, weswegen ein wenig Kopfrechnen gefordert ist. Die Photos zeigen die insgesamt gefahrenen Kilometer.