"Mal eben" einen Schrank aufbauen
Gestern, am ersten Tag meines Urlaubs, war ich morgens noch für drei Stunden, von 7 bis 10 Uhr, im Supermarkt arbeiten. Der Plan sah vor, dass ich danach nach Hause komme, mich erst einmal mit einem Kaffee auf die Couch schmeiße und nach einer angemessenen Erholungsphase so profanen Dingen wie putzen von Treppenhaus und Badezimmer etc. kümmere. Aber wie das halt so mit Plänen ist ...
Als ich nach Hause kam, erzählte der Lebensabschnittsgefährte mir, dass die Schwäbin unserer Aquarianer-Truppe im Chat meinte, sie könne ihren neu erworbenen Kleiderschrank nicht alleine aufbauen. Mein Putzplan war in Sekundenschnelle über den Haufen geworfen. Kurze Diskussion im Chat zum Thema "Wohnung nicht aufgeräumt genug für Besuch" und so. Da wir ca. 70 km fahren müssen, hatte sie eine Stunde Zeit, das Gröbste aufzuräumen. Wir buchten ein Auto vom Carsharing, packten Werkzeug, Nussecken und Schokolade ein und machten uns auf den Weg.
Die Schwäbin wohnt mitten in der Innenstadt von Alzey und dort ist zurzeit Winzerfest, weswegen auf dem letzten Stück ein Schild stand, dass die Durchfahrt nur Anliegern gestattet. Blöderweise war dort überall das Parken nur für eine Stunde mit Parkscheibe erlaubt, wir suchten ein Parkhaus. Das gestaltete sich nicht ganz so einfach, wir fanden nämlich keinerlei Hinweisschild. Passanten, die wir befragten, schickten uns die Straße runter, wo wir eben schon waren. "Vor der Absperrung links ist eine Tiefgarage", lautete der Hinweis. Vor der Absperrung ging es aber in die Straße hinein, wo die Schwäbin wohnte. Also wendeten wir und schauten nochmal, ob wir auch wirklich kein Parkhaus-Hinweisschild übersehen hatten. Dort waren jedoch nur private Tiefgaragen. Wir fragten erneut Passanten. "Vor der Absperrung links ist eine Tiefgarage." Wir kamen uns ein wenig verarscht vor. "Gegenüber von der Volksbank", gab es noch als Hinweis dazu und: "neben dem Döner-Laden". Wir wendeten erneut und fuhren noch einmal die Straße runter. Weder Volksbank noch Döner-Laden waren an der Absperrung zu sehen, dafür ein Hinweisschild "Durchfahrt frei bis zur Tiefgarage".
Wir schlugen uns synchron vor die Stirn. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Dies war ja noch gar nicht die Absperrung. Diese hier ging auch nur über die halbe Straßenbreite und ließ sich umfahren (also nicht umfahren, Betonung auf der ersten Silbe, im Sinne von über den Haufen fahren, sondern umfahren, Betonung auf der zweiten Silbe, im Sinne von um das Schild herum fahren). Und tatsächlich: Vor der nächsten, endgültigen Absperrung war rechts die Volksbank, links ging es neben dem Döner-Laden in die Tiefgarage, die übrigens recht humane Parkgebühren verlangt: 0,60 € pro Stunde, samstags kostenlos. Wir stellten das Auto ab und machten uns auf den Weg zur angegebenen Adresse, wo wir zuvor ja schon vorbeigefahren waren.
In der Wohnung erwartete uns ein ziemlich großes Wohnzimmer mit einer ziemlich großen Anzahl von IKEA-Kartons. Wie sich herausstellte, war nicht nur ein Kleiderschrank aufzubauen, sondern insgesamt drei Stück, die dann zusammengeschraubt eine 2,50 m breite Einheit ergeben, außerdem ein Bett nebst Kopfteil und Nachtkästchen. Also gut, fangen wir an!
Stück für Stück bauten wir die drei Schränke auf und anschließend das Innenleben in Form von Schubladen ein, dann schraubten wir die Türen dran. Das schreibt sich jetzt hier so locker flockig, nahm aber tatsächlich über zwei Stunden in Anspruch. Dann war Zeit für ein Mittagessen.
Im Wohnzimmer sah es mittlerweile aus, als würden wir einen Scheiterhaufen vorbereiten. Mitten im Raum türmte sich ein beachtlicher Stapel leerer Kartons. Während die Schwäbin und der Lebensabschnittsgefährte auf Futterjagd gingen, räumte ich den Scheiterhaufen ein wenig beiseite und machte den Weg zum Esstisch frei, damit wir uns zum Essen hinsetzen konnten. Anschließend räumte ich im Schlafzimmer so weit auf, Einlegeböden und weitere Schubladen-Elemente zur Seite, außerdem die Matratze, die bis dato als Bett diente, ins Wohnzimmer, so dass wir nach dem Essen sofort mit dem Aufbau des Bettes beginnen konnten.
Dann legte ich mich im Wohnzimmer auf die Matratze, um meinen Rücken ein wenig zu schonen. Der zwickte nämlich bereits seit dem frühen Morgen, als ich auf der Arbeit einen für meine Bandscheiben zu schweren Karton von A nach B wuchtete. Aber was soll's, zum Jammern war ja keine Zeit. Während ich da auf der Matratze lag und auf meinem Smartphone rumtippte, wäre ich ja fast eingeschlafen. Was mich allerdings davon abhielt, waren die Geräusche der Haustiere, die im Wohnzimmer lebten.
Wenn diese hamstergroßen Monster auf den Eierkartons rumlaufen, hört man das im ganzen Raum. Mir ist es ohnehin ein Rätsel, wie man sich so etwas freiwillig ins Haus holen kann. Schlimmer jedoch finde ich allerdings diese recht aktive Krabbelgruppe hier:
Unternehmungslustig sind die auch noch, als wir mit dem Essen fertig waren, meinte der Lebensabschnittsgefährte, ich solle mal Abstand halten und bitte nicht hysterisch werden, aber eines der Haustiere der Schwäbin wäre da vorhin wohl hinter einem der IKEA-Kartons verschwunden. Mir fiel fast die Pizza wieder aus dem Gesicht. Glücklicherweise haben die beiden das Monster recht schnell eingefangen und zu seiner Kolonie zurückgebraucht. Wäh!
Wir machten uns an die Arbeit mit dem Bett. Während der Lebensabschnittsgefährte und die Schwäbin das Bettgestell mit seinen Schubladen zusammenschraubten, legte ich mich noch einmal hin. Rücken und Bauch taten mittlerweile so weh, dass ich keine große Hilfe mehr war.
Nach einer Weile beschäftigte ich mich mit einem weiteren Haustier, das im Flur untergebracht war: Hilde.
Hilde hat zwar eine beeindruckende Größe, sitzt aber die ganze Zeit am selben Fleck, was dann doch ein wenig unspannend ist. Ob man die nicht irgendwie zu einer Bewegung animieren könne, fragte ich. Wenn man unten durch die Lüftungslöcher pustet, würde sie sich bewegen, bekam ich zur Antwort. Gesagt, getan. Ich pustete erst ein wenig zaghaft, dann etwas kräftiger durch die Lüftungslöcher. Holla, die Waldfee! Hilde sprang gegen die Scheibe, was ich mit einem kleinen Schreckensschrei quittierte. Anschließend musste ich über mich selbst lachen. Damit ich das nicht noch einmal mache, blieb Hilde mit einem Fuß an die Scheibe gelehnt noch ein wenig stehen.
Bauch und Rücken hatten sich wieder ein wenig erholt. Um nicht völlig unnütz zu sein, machte ich mich an die beiden Lattenroste, die - ganz im Stil von IKEA - jeweils ein Puzzle mit 54 Teilen, ein paar Schrauben und einer Aufbauanleitung in 18 Schritten sind.
Leider waren wir mit den Möbeln nicht ganz fertig, als wir um 18 Uhr wieder die Heimreise antreten mussten. Wir hatten das Auto nur bis 19:30 Uhr gemietet, da wir um 20:30 Uhr noch zu einer Kabarett-Veranstaltung in Darmstadt wollten.
Auf dem Weg nach Hause fing es an zu regnen (und hörte bis heute Vormittag auch nicht wieder auf). Ich legte mich zuhause auf die Couch. Mir taten Bauch und Rücken so übelst weh, dass ich nicht in der Lage war, noch ins Theater zu gehen. Schweren Herzens sagte ich die Veranstaltung ab und wir gingen schon um 21 Uhr zu Bett.