Mitarbeiterversammlung
Diesmal war es keine Teamsitzung, sondern die jährliche Mitarbeiterversammlung, die bevorstand. Noch schlimmer. Und da sich in den letzten Wochen beim darkinchen mal wieder die Lebensverhältnisse auf links gedreht hatten, beschloss ich, für zwei Nächte dort zu verweilen. Montagvormittag sollte die Fahrt losgehen.
Vorher musste ich allerdings noch unser Monatsplakat schnell fertig machen und hochladen. Am Vorabend fand hierzu folgender Dialog zwischen Frau dark* und Herrn Lebensabschnittsgefährten statt:
Frau dark*: „Schaaaahaaatz? Kann ich das eigentlich mit meinem Laptop und meinem neuen Tablet so machen wie du immer mit deinem Rechner und den Spielen?“
Herr Lebensabschnittsgefährte (leicht verwirrt): „Was genau meinst du?“
Frau dark*: „Ich weiß jetzt gerade nicht, wie das heißt, aber du startest ja immer die Spiele auf deinem Rechner und sitzt dann mit dem Laptop auf der Couch und spielst.“
Herr Lebensabschnittsgefährte (erleichtert): „Ach, du meinst streamen … Das geht nur mit Steam.“
Frau dark*: „Ja genau, das war’s, was ich meinte. Windows kann das nicht?“ (trauriges Geesicht) „Ich wollte das Plakat gerne im Bett fertig machen.“
Herr Lebensabschnittsgefährte: „Naja, du könntest InDesign in Steam öffnen und das dann vom Laptop ans Tablet streamen.“
Frau dark*: „Nee, lass mal. Das ist mir schon wieder zu kompliziert, erst Recht früh morgens, wenn ich mich beim ersten Kaffee schon mit dem Mist befassen muss. Dann stehe ich halt auf und setz mich an den Schreibtisch.“
Frau dark* geht wieder ins Bad, Herr Lebensabschnittsgefährte macht, was er vorher auch gemacht hat, was auch immer das war. Eine Minute später:
Herr Lebensabschnittsgefährte: „Ich könnte dir auch den Laptop ans Bett bringen, ist ja schließlich ein Laptop.“
Frau dark* (bricht in schallendes Gelächter aus): „Viel zu einfach ... “
So oder so ähnlich laufen oft die unsinnigsten Dialoge im Hause dark*. Ich stand also morgens, als der Herr Lebensabschnittsgefährte unter die Dusche ging, mit meinem Kaffee auf und setzte mich an den Schreibtisch. Der Chef hatte eine Veranstaltung nachgereicht, die noch auf die Webseite und aufs Plakat musste und dann wollte das zum Druck hochgeladen werden. Der Herr Lebensabschnittsgefährte, mein Lieblings-Lektor, sah noch einmal drauf, gab einen Tipp und dann war ich fertig. Das Frühstück ebenso.
Der Lebensabschnittsgefährte fuhr zur Arbeit und ich machte mich ebenfalls abfahrbereit. Zurzeit muss ich etwas früher aus dem Haus, da aufgrund von Bauarbeiten die Tram nicht bis zum Bahnhof, sondern nur zum Luisenplatz fährt. Dort musste ich in den Bus umsteigen und nutzte die Gelegenheit noch, um mich mit Bargeld auszustatten.
Die Fahrt an den Niederrhein verlief ruhig und reibungslos. Im Zug bearbeitete ich noch den letzten unerledigten Punkt für die Mitarbeiterversammlung, Fragebögen auswerten.
Ruhig und gemächlich fuhr ich – relativ kurz entschlossen – auch am Montag schon in die Niederrhein-Bronx. Ich hatte mich mit Frau Bei uns in Fischeln und mit meinem Nebenjob verabredet. Da nach meiner Ankunft noch etwas Zeit war, ging ich ein Stück die Fußgängerzone hinunter, das Wetter war super.
Während der Blick aus dem Bahnhof bei schönem Wetter ja noch ganz nett aussieht, verkommt und verslumt alles andere drumrum immer mehr. Der Prozess geht langsam und schleichend von statten, ist aber allgegenwärtig. Schrecklich. Ziel meines Stadtbummels waren ein paar Klamottenläden. Ich brauchte ein Jeanshemd oder ähnliches, was ich im Sommer drüber ziehen kann, wenn es mal etwas frischer ist. Als Couch-Potatoe wird man ja schnell zur Frostbeule. In einem der Billig-Läden wurde ich schnell fündig und erwarb eine schwarze Bluse, die für meinen Zweck wunderbar geeignet war und ganz ok aussieht.
Ich war gerade in einem Deko-Laden, in dem tatsächlich schon Weihnachtskram ausgestellt war (!!), als sich auch schon Frau Bei uns in Fischeln meldete und wir trafen uns zum Eis essen im Hansa-Zentrum, vor dem gerade laut und staubig gebaut wird.
Leider brachten wir die Bedienung ein wenig durcheinander. Ich fragte nach Eis und nach der Eiskarte. Die Bedienung wirkte sehr jung, vielleicht Schüler- oder Studentenjob oder sowas. Eiskarte gibt es nicht, nur Kugeln, sie nannte mir die Sorte. Ich wählte Walnuss, Schokolade und Amarena. Frau Bei uns in Fischeln setzte an: „Ich nehme auch drei Kugeln, und zwar …“ Die Bedienung entschuldigte sich und meine, sie würde besser einen Zettel holen. Als sie zurückkam und die Bestellung aufnahm, diktierte ich meinen Wunsch noch einmal, brauchte dabei aber Unterstützung, weil ich nicht mehr genau wusste, was ich bestellt hatte. Ich war fertig, Frau Bei uns in Fischeln überlegte einen Moment und meinte dann: „Ich nehme dasselbe.“ Wir mussten lachen. „Den Zettel hätten Sie sich eigentlich sparen können, sorry.“ Das arme Ding.
Wir quatschten und aßen Eis und lachten. Dann bestellten wir noch etwas zu trinken, anschließend lief ich ins Büro meines Nebenjobs, den ich jetzt auch schon seit 12 Jahren mache. Ich betreue den Online-Auftritt einer Familien- und Weiterbildungsstätte und habe dort mal mehr mal weniger zu tun. Da ich mich da schon ewig nicht mehr habe blicken lassen, wollte ich nur mal wieder ein Lebenszeichen von mir geben. Dort verquatschte ich mich ebenfalls eine ganze Weile und so war es schon 19 Uhr, als ich am Bahnhof auf den Zug in die Zuckerrübensteppe wartete.
Das darkinchen holte mich in Erkelenz vom Bahnhof ab. Wir machten uns Nudeln mit Bolognese-Soße, machten Inventur in der halb leergeräumten Wohnung und besprachen, wie der nächste Tag ablaufen sollte. Ziemlich bald gingen wir zu Bett, da wir beide ziemlich müde waren.
Am nächsten Morgen ging erst das darkinchen zur Arbeit, später fuhr ich dann ins Büro. Um 08:40 Uhr fuhr mein Zug, dachte ich. Um 08:35 Uhr schaute ich auf die Uhr und mein Herz blieb fast stehen! Noch fünf Minuten, um Schuhe anzuziehen und zum Bahnhof zu laufen. Ich trabte los. Mit hängender Zunge und völlig außer Atem (Kondition – Was ist das?) kam ich am Bahnhof an. Die Leute beobachteten mich mit merkwürdigen Blicken, als ich den Gegenbahnsteig entlang trabte, die Unterführung runter und auf der anderen Seite wieder hoch ging. Ich versuchte trotz Atemnot die Fassung zu wahren, möglichst cool zu wirken und stellte mich wartend ans Gleis.
Warum kommt eigentlich kein Zug? Bin ich jetzt gerannt, damit das Mistding sich verspätet? Ich wollte mit dem Smartphon gucken, wie viele Minuten die Verspätung betrug. Hierzu zückte ich mein Ticket, um die Zugnummer rauszusuchen. Da fiel mein Blick auf die Abfahrtszeit: 08:54 Uhr. Ich Depp, hatte das völlig vercheckt! Der Zug kam pünktlich und brachte mich – mit umsteigen – pünktlich nach Krefeld.
Ich hatte noch nichts gegessen, mir war schlecht vor Hunger, mein Blutzuckerspiegel war zusammen mit meiner Laune im Keller. Ich musste daran erst einmal etwas ändern. Gegenüber vom Büro ist ein Aldi, dort versorgte ich mich mit Nussecken und ging kauend zu den Arbeitskollegen auf der anderen Seite, die sich ein wenig über meine schlechte Laune mokierten.
Unsere Mitarbeiterversammlung ging erstaunlich schnell und ruhig über die Bühne. Anschließen war noch ein wenig Small-Talk hier und da angesagt. Dann hatte ich noch eine Besprechung mit einem Projektpartner, holte mir beim Chef das verauslagte Fahrgeld ab und fuhr zurück nach Erkelenz. Kurz nach mir kam das darkinchen von der Arbeit nach Hause.
Wir entrümpelten den Kühlschrank, wo wir Lebensmittel fanden, die seit Ende 2015 abgelaufen waren. Als der Kühlschrank leer und somit für den Ex-Freund vom darkinchen abholbereit war, sortierten wir noch die leeren und halbleeren Flaschen nach Müll und Leergut. Dann brachten wir den ganzen Müll runter, was wir so gerade eben schafften, ohne zweimal laufen zu müssen. Anschließend fuhren wir einkaufen. Im Drogeriemarkt besorgten wir Schminke und in einem Haushaltswaren-/Restposten-Markt besorgten wir einen Wäscheständer und zwei Wäschekörbe für das darkinchen, da auch diese Gerätschaften ihrem Ex gehören. Da wir nun schonmal Körbe dabei hatten, entrümpelten wir auch noch die fahrende Mülltonne aka Auto.
Nach einem kurzen Intermezzo auf der Couch mussten wir auch schon wieder los. Wir waren mit J., meiner ehedem besten weil einzigen Freundin, verabredet. J. ist mit ihrem Freund und zukünftigen Ehemann (in Personalunion, versteht sich) in die niederrheinische Pampa gezogen, in the armpit of the universe. Das ist allerdings schon zwei Jahre her und – shame on me – ich habe es in diesen zwei Jahren bisher noch nicht geschafft, sie mal zu besuchen. Es wurde dringendst Zeit, das nachzuholen!
Wir wurden recht stürmisch von einem der Hunde begrüßt. Das Tier war unentschlossen zwischen Wilden-Macker-markieren und Ins-Hemd-machen. Das Tierchen ist ja auch noch klein, ein Jahr alt und noch Rabauke. Wir gingen an einem weiteren Hund vorbei, der mit einer Art Baby-Gitter in seinem Zimmer eingesperrt war. Die beiden vertrugen sich nämlich nicht besonders gut und so musste immer einer von beiden vor dem anderen weggesperrt werden. Durch die Küche kam man zum Wohnzimmer. Da hielt sich gerade der Rest der Hundebande auf, der ebenfalls nicht kompatibel war mit den beiden Chaoten, die wir bereits kennengelernt hatten. Obwohl zwei der Tiere uns schon kannten, fingen sie vorsichtshalber mal an zu knurren. Gut, die wohnen hier. Ich setzte mich erst einmal ruhig auf die Eckbank und ließ den Vierbeinern Zeit, sich zu beruhigen. Nach ein paar Augenblicken war dies erledigt und wir machten eine Hausbesichtigung.
Eine nette kleine Hütte haben die da, das muss ich mal neidlos anerkennen. Früher wohnte da auch noch Ponys, deren Boxen noch vorhanden sind. Theoretisch hätte ich Frau Sauerbraten mitbringen können. Nach einer eingehenden Besichtigung des hübschen Hauses und des riesigen Gartens verfrachteten wir Hund Nr. 1 in ein anderes Zimmer und ließen Hund Nr. 2 an unserer Kaffeetafel teilhaben. Nebenbei bemerkt: Das sind alles Schäferhunde, vier Rüden und eine Hündin. Und alles Tiere für den Hundesport, dickköpfig, eigenwillig, selbstbewusst usw. Einen Sack Flöhe hüten ist einfacher. Im Stillen machte ich drei Kreuze, dass mein Herr Lebensabschnittsgefährte und ich bei unserer Haushaltszusammenlegung „nur“ Aquarien hatten. Das waren zwar auch zu dem Zeitpunkt 11 Stück und deren Bewohner hätten sich ebenfalls gegenseitig gefressen, sofern sie eine Möglichkeit dazu gehabt hätten, aber das war doch weit weniger dramatisch als vier Schäferhundrüden und die betagte Hündin dazwischen. ;)
Der Hund, den wir zum Kaffee hatten, war ebenfalls schon im Rentenalter und ein Leckermäulchen. Er freute sich über den einen oder anderen Keks, der da – rein zufällig natürlich – vom Tisch fiel und nahm auch das Stück Eiswaffel von mir äußerst dankbar an. Ich hatte einen neuen Freund gewonnen.
Wir fuhren leider wieder recht zeitig nach Hause zurück, da wir am nächsten Morgen ziemlich früh aufstehen musste. Und da wir hier in Elmpt am Arsch der Welt waren, hatten wir noch ein Stück zu fahren. Zuhause angekommen fielen wir ziemlich müde in die Betten.
Auf der Couch schlief ich so beschissen, da weiß man nicht so genau, ob man sich freuen oder ärgern soll, wenn man um 5 Uhr wach wird. Als das darkinchen um halb Sieben zur Arbeit fuhr, kippte ich den zweiten Hektoliter Kaffee in mich hinein, räumte noch ein wenig in dem Chaos auf und richtete mir meinen Arbeitsplatz ein.
Meinen Zug nach Hause hatte ich erst für 11:19 Uhr gebucht, da bliebt noch Zeit zum Arbeiten, was ich ja ab und zu auch mal tun muss. Als es Zeit war zu gehen, regnete es natürlich. Ich zog mir meine Sweat-Jacke und meine Regenjacke an und machte mich auf den Weg.
Ich musste zunächst in Rheydt und anschließend in Köln umsteigen. Bis dahin lief alles glatt. Der IC jedoch hatte einige Minuten Verspätung.
Zwischendurch wurde hier noch ein Regionalzug nach Trier angekündigt, der normalerweise auf Gleis 6 hält, heute jeodch auf Gleis 7. Mein verspäteter IC, der eigentlich auf Gleis 7 einfahren sollte, war heute ebenfalls am Bahnsteig gegenüber auf Gleis 6 zu finden. Und dazwischen stand noch ein IC außerplanmäßig und ohne Fahrgäste herum.
Ich war froh, als mein Zug endlich kam.
Am Rhein entlang fuhr ich zurück nach Hause. Als wir in den Mainzer Bahnhof einfuhren, hatten wir 12 Minuten Verspätung. Da ich 10 Minuten Zeit zum Umsteigen hatte, war das schlecht. Ein Blick in die App zeigte mir aber, dass der Regionalzug ebenfalls leichte Verspätung hatte.
Ich war also trotz allem pünktlich in Darmstadt. Jetzt war nur noch die Hürde der Heimfahrt vom Bahnhof nach Bessungen trotz baustellenbedingter Teilsperrung unserer Tramlinie zu nehmen, dann hatte ich es endlich geschafft. Daheim wartete das zu jeder Tages- und Nachtzeit halbverhungerte Katertier auf mich, glücklich und zufrieden, dass sein Rudel nun wieder vollständig ist und vor allem diesmal ohne eine "Depesche" auf dem Esstisch hinterlassen zu haben. ;)