Von Rostock über Sylt nach Dänemark

Aufgrund verschiedener Termine können wir in diesem Jahr nur eine Woche Herbsturlaub machen. Das schränkt die Auswahl möglicher Ziele stark ein. Und da ich gerne mal wieder an die Nordsee möchte, wurde es Dänemark. Im ersten Teil fahren wir in mehrere Etappen von Rostock über den Nord-Ostsee-Kanal und Sylt nach Dänemark.

Tag 1: Von Rostock nach Rickling

Mittwoch, 16. Oktober 2024

Am Dienstagnachmittag haben wir schon einiges an Zeug ins Auto gepackt, so dass ich am heutigen Mittwochvormittag nur noch Lebensmittel, Badgedöns und sowas einpacken muss. Da das alles recht entspannt vonstatten geht, verlegen wir uns bereits in der Mittagspause ins Travel-Office.

Das haben wir schon öfter so gemacht und es verschafft uns ein kleines Zeitpolster. Wir steuern den ersten Rastplatz auf der A 20 an.

Der Herr Lebensabschnittsgefährte arbeitet, ich wärme das mitgebrachte Mittagessen (Reste vom Vortag) auf, spüle und zerstöre den Lüfter mit der Klapppfanne. Die Klapppfanne ist so ein doppelpfanniges Kochding, das man bequem auch umdrehen kann und sich hervorragend als Sandwichtoaster auf dem Gasgrill macht.

Wie auch immer, der Ventilator ist stehengeblieben, drei Flügel sind abgebrochen. Die Situation ist eher ungut. Ich nehme die abgebrochenen Teile raus und teste den Lüfter. Der funktioniert noch, hat aber eine leichte Unwucht. Ich begebe mich online auf die Suche nach Ersatz, der Lüfter stammt eigentlich aus dem PC-Bereich. Wir sind nicht allzuweit weg vom Mediamarkt, aber laut Webseite haben die die gewünschte Größe nicht. Ich habe wenig Lust, sämtliche Computer- und Elektronik-Läden, die es entlang der Strecke gibt, telephonisch abzuklappern.

Also bestellt der Mann einen neuen Lüfter im Internet und lässt ihn nach Niebüll in die Packstation liefern. Und weil wir ohnehin noch einen zweiten Lüfter haben wollten, bestellt er gleich zwei. In seinem Kaufrausch bestellt er außerdem einen Zweierpack Lüftergitter, die die Neuerwerbungen vor meinem Ungeschick schützen sollen. Ich bin ja nicht das erste mal mit dem Lüfter kollidiert.

Nach der Arbeit fahren wir die A 20 bis ans Ende in Bad Segeberg. Kurz dahinter, nicht weit von der Bundesstraße entfernt, gibt es in Rickling einen Stellplatz am Sportplatz. Dort ist es zwar ein klein wenig schmuddelig, es liegt Müll am Rand, aber der Platz ist ruhig und kostenlos.

Abends spielen wir noch Carcassonne, wenn auch nur die Reiseversion. Wir haben ja nicht allzu viel Platz im Camper. Aber meistens haben wir unterwegs auch gar nicht so viel Lust auf umfangreiche und lange Spielerunden, daher haben wir uns eine Box mit lauter Reisespielen zusammengestellt, die immer dabei ist.

173 Kilometer sind wir an diesem Tag gefahren, der Kartenausschnitt ist am Ende des Beitrages.

Tag 2: Von Rickling an den Nord-Ostsee-Kanal

Donnerstag, 17. Oktober 2024

Am Morgen ist es noch dunkel und ich habe außerdem überhaupt keine Lust auf spazieren gehen. Ich brauche zuhause schon oft lange, um mal in die Gänge zu kommen. Im Camper ist das oft noch schlimmer. So beschließen wir, uns in der Mittagspause erst die Beine zu vertreten.

Es gibt einen Weg rund um den Sportplatz, auf dessen Parkplatz wir stehen, den wir mittags gehen. Viel gibt es dort nicht zu sehen, hauptsächlich Pferde und Bauarbeiter, die gerade am Stall bzw. der Reithalle das Dach neu machen.

Den Nachmittag verbringe ich mit meinem Blog. Die Beiträge der Reise in die Schweiz benötigen noch den letzten Feinschliff und das Video ist bereit zur Veröffentlichung. Gegen 16:30 Uhr machen wir Feierabend und fahren weiter.

Schon seit einer Weile wünsche ich mir, mal ein wenig Zeit am Nord-Ostsee-Kanal zu verbringen und Schiffe zu gucken. Daher habe ich die aktuelle Route so geplant, dass wir heute nur bis zum Kanal fahren und dort morgen den ganzen Tag stehen.

Das Empfangskomitee begrüßt uns mit viel Geschnatter. Überall sind Grau- und Nilgänse, auf der Wiese, auf dem Kanal, in der Luft.

Die Sonne geht bereits unter. Das ist bisweilen ein Nachteil im Winterhalbjahr, man hat zu wenig Tageslicht - insbesondere für Work-and-Travel-Touren.

Wir beobachten noch eine Weile die Schiffe, die gerade recht zahlreich aus beiden Richtungen vorbeikommen. Und dazwischen fährt ständig die Fähre hin und her. Die Gänse auf dem Wasser sind ziemlich routiniert im Umgang mit den riesigen Schiffen und schwimmen oft erst in letzter Sekunde weg.

Ich hätte da noch Stunden stehen und gucken und knipsen können. Ich versuche es zwar auch noch im Dunkeln, aber das scheitert an schlechter Vorbereitung und schmutziger Scheibe und mangelnder Geduld.

Dafür hängen wir an der Heckklappe nur den dünnen Vorhang auf, als wir ins Bett gehen. Durch den kann ich die beleuchteten Schiffe auch im Dunkeln sehen.

59 Kilometer sind wir an diesem Tag gefahren, der Kartenausschnitt ist am Ende des Beitrages.

Tag 3: Vom Nord-Ostsee-Kanal bis Niebüll

Freitag, 18. Oktober 2024

Schon früh am Morgen schnattern die Gänse auf dem Kanal. Später fliegen sie alle auf und erstmal weg. Dann wird es trüb. Dabei hatte ich mich so sehr aufs Schiffe gucken gefreut.

Gegen Mittag klart es dann doch noch auf und ich kann endlich Schiffe gucken.

Nach dem Mittagessen gehen wir raus und dann getrennte Wege. Der Mann knipst ein paar Gänse und fliegt dann die Drohne.

Da man von Bundeswasserstraßen 100 Meter Abstand halten muss, muss der Mann zum Drohne fliegen ein Stück die Straße entlang gehen, bis zu dem Punkt, an dem die App sagt, dass es okay sei zu fliegen. Daher gibt es Gewässer bei uns auch nur selten direkt von oben.

Als er zum Stellplatz zurückkommt, steht da gerade ein Mann und füttert die Gänse. Und wenn es was zu futtern gibt, kann so ein Ganter auch richtig nett in die Kamera gucken.

In der Zwischenzeit fahre ich mit der Fähre auf die andere Seite vom Kanal. Ich bin auf der Fähre, die auf den Drohnenbildern zu sehen ist.

Mangels anderer Motive knipse ich da drüben auch erstmal die Gänse auf dem Wasser. Da wird sich geputzt und gestritten und keine Ahnung, was die da noch alles machen.

Dann gehe ich ein wenig den Weg am Kanal entlang. So wahnsinnig viel gibt es da jetzt nicht zu sehen. Die nächste Fähre ist zu weit weg, so weit will ich nicht laufen. So bleibt mir nur ein kurzes Stück Hinweg und dann wieder zurück.

Das Schiff habe ich gefilmt, das ist im Video besser zu sehen. An der Stelle war ich viel zu nah dran, um das mit meiner Kamera halbwegs gut ablichen zu können.

Der Herr Lebensabschnittsgefährte sitzt schon wieder im Camper und arbeitet und knipst mich. Da kann ich mithalten und knipse zurück, auch wenn er gar nicht zu sehen ist.

Nach etwa einer halben Stunde nehme ich die Fähre zurück. Ich finde es ganz witzig, dass die Stralsund heißt

Ich will ja nicht allzu maßlos übertreiben mit Gänse-Photos, aber die sind halt hübsch und nett und überall. Und außerdem sind sie die einzigen, die sich knipsen lassen.

Auf “unserer” Seite des Kanals laufe ich auch noch ein Stück. Von der anderen Seite habe ich ein kleines Gebäude gesehen, das möchte ich mir angucken. Es ist ein Schöpfwerk, vermutlich zum Entwässern.

Ich habe genug und gehe zum Camper zurück. Da gibt’s erstmal Kaffee. Und dann klart es langsam auf und auf dem Kanal wird es voller, so dass ich doch nochmal in den Genuss komme, Schiffe zu gucken.

Ein Schlepper schiebt irgendein rostiges Teil vorbei, dass eigentlich eher nach Abwracken als nach Seetauglichkeit aussieht. Dann schieben und ziehen zwei Schlepper eine riesige Barge vorbei. Dazwischen gleitet das Containerschiff Judith durch.

Wir haben den NOK schon öfter überquert, aber bisher immer nur mit Auto oder Zug. Das ist auch nicht unspannend, von so hoch oben guckt man eher selten aufs Wasser. Heute fahren wir zum ersten Mal mit einer Fähre über den NOK, gibt insgesamt 14 Stück entlang des Kanals, so weit ich weiß sind alle kostenlos.

Auf dem Weg zu unserem Stellplatz in Niebüll machen wir einen Zwischenstopp in Leck. Dort können wir Abwasser entsorgen und Frischwasser auffüllen. In Niebüll fahren wir zum Bahnhof. Im Laufe des Tages ist die Mitteilung eingetroffen, dass unsere neuen Lüfter in der Packstation liegen und die wollen wir abholen. Glücklicherweise steht da auch ein Papiermülleimer, so dass ich den Karton direkt loswerden kann. Die Lüfter verstauen wir im Camper, dann fahren wir in die Innenstadt von Niebüll. Dort gibt es einen Parkplatz mit Wohnmobilstellplatz. Auf dem verbringen wir die Nacht.

118 Kilometer sind wir an diesem Tag gefahren, der Kartenausschnitt ist am Ende des Beitrages.

Tag 4: Mit dem Sylt-Shuttle auf die Insel und weiter nach Dänemark

Samstag, 19. Oktober 2024

Der Wecker klingelt viel zu früh. Wir ziehen uns schnell an, kochen mir einen Kaffee für unterwegs und schmieren uns Brote, die wir in die Fahrerkabine mitnehmen.

Und dann verfahren wir uns auch noch in Niebüll. Wir sind - nach Meinung des Navis - falsch vom Parkplatz runter gefahren und das Navi hat die nächsten Minuten nicht gerafft, wo wir gerade sind. Dann wollte es uns auch noch verkehrt herum in eine Einbahnstraße schicken. Das war alles ein wenig stressig am frühen Morgen. Niebüll ist aber nicht groß, weswegen wir es trotzdem pünktlich zum Zug geschafft haben.

Ich bin seit Februar 2020 nicht mehr mit der Bahn gefahren. Und mit einem Autoreisezug bin ich überhaupt noch nie gefahren. Das war jetzt schon ein bisschen aufregend. Allerdings waren wir schon einmal auf dem Hindenburg-Damm mit dem Zug unterwegs, als wir 2017 mit den Fahrrädern nach Sylt gefahren sind.

Auf dem Land fährt der Zug 75 km/h. Geruchlich müssen wir eine Mischung aus Dieselabgasen von den Loks und Gülle ertragen. Sehr apart.

Ich bin ziemlich überrascht, wie viele Züge außerhalb der Saison noch auf der Strecke unterwegs sind. Und natürlich sind rechts und links der Bahnstrecke etliche Vögel unterwegs.

Auf dem Damm fährt der Zug 100 km/h. Sowohl in Niebüll und erst recht hier in Westerland stehen etliche Werbeplakate entlang der Strecke. Furchtbar.

Wir machen, dass wir so schnell wie möglich aus Westerland rauskommen. Wir wollen ganz in den Norden zum Ellenbogen. Da waren wir 2017 mit den Fahrrädern auch. Heute ist der Plan, dass wir von List aus mit dem Schiff nach Rømø fahren. Die Insel ist nicht weit weg von Sylt, gehört allerdings schon zu Dänemark.

Das letzte Stück ist eine Privatstraße, die für Autos gebührenpflichtig ist. Auf dem Parkplatz gibt es erst einmal ein zweites Frühstück. Heute Morgen war nicht viel Zeit für so einen Schnickschnack. Mittlerweile habe ich auch Hunger. Und wenn wir gleich am Strand spazieren gehen wollen, brauche ich vorher etwas im Magen.

Das Wetter ist herbstliches Küstenwetter. Es ist trüb und nass. Wir packen uns in Regenklamotten und laufen los.

Wir laufen Richtung Norden. Am Strand tummeln sich nicht nur einige Möwen, auch ein Trupp Alpenstrandläufer oder Sanderlinge, ich kann sie nicht unterscheiden, ist futtersuchend unterwegs - zumindest bis wir kommen, dann fliegen sie weg.

Nach einer Weile ist am Horizon der nördlichste Punkt der Insel schon zu erahnen. Mit dem Teleobjektiv holt der Herr Lebensabschnittsgefährte die Szenerie etwas näher. Wenige Minuten später sind wir dann da.

List auf Sylt ist die nördlichste Gemeinde Deutschlands und gehört damit dem Zipfelbund an, zu dem die nördlichste, östlichste, südlichste und westlichste Gemeinde gehören.

Wir machen noch ein paar Selfies fürs Familienalbum, dann gehen wir wieder zurück. Da wir nicht den ganzen Weg am Wasser zurückgehen wollen, bleiben wir oben am Rand zwischen Dünengras und Sand und gehen bis zum ersten Strandaufgang

Sehr praktisch, dass dort am Strandaufgang eine Müllbox steht. Ich sammel öfter mal Müll ein bzw. würde das sogar noch öfter machen, wenn ich den (oft auch nassen) Kram dann nicht bis zu uns nach Hause mitschleppen müsste. Und im Camper ist es noch blöder, ich nehme doch keinen fremden Müll mit in den Urlaub.

Das Wetter bleibt nach unserem Strandspaziergang Waschküche. Daher beschließen wir, dass wir keine Lust auf Schifffahren haben. An Deck können wir eh nicht gehen und unter Deck ist mir das Infektionsrisiko zu groß. Ich bin fast durch mit meiner letzten Lungenentzündung, ich habe keine Lust auf die nächste. Auf der Insel wären wir vermutlich auch eh nicht ausgestiegen und rumgelaufen bei dem Wetter.

Also fahren wir wieder zurück nach Westerland und mit dem Autozug zurück aufs Festland.

Über die B 5, die in Dänemark zur Rute 11 wird, fahren wir von Niebüll aus nach Norden.

In der Karten-App entdecke ich eine Straße, die durchs Wattenmeer auf eine Insel führt: Låningsvejen. Die Straße ist nur bei Ebbe befahrbar, bei Flut ist sie unter Wasser. Ich beschließe, dass wir dorthin fahren und auf dem Parkplatz übernachten, um morgen bei Ebbe auf die Insel Mandø zu fahren.

Wir sind den noch trockenen Teil der Straße bis zum Wasser gelaufen und wieder zurück. Das Wetter ist nur noch mistig, der Tag ist jetzt fertig. Wir klettern in den Camper, machen die Vorhänge zu, heißen Tee und versuchen herauszufinden, wann denn nun Ebbe ist.

Wir finden die Seite des dänischen meteorologischen Instituts, auf der die Tidezeiten veröffentlicht sind. Mitten in der Nacht wäre eine Möglichkeit, aber auf die verzichten wir. Morgen Vormittag gegen 11 Uhr ist Niedrigstand. Vermutlich kann man vorher schon fahren. Aber wie viel vorher? Ich bin da etwas vorsichtig, wir wollen ja alle heil zurückkommen. Inklusive Auto, das zwar 80 cm Wattiefe hat, aber wenn man die Fahrbahn nicht sieht und dann im Watt stecken bleibt …

Der Herr Lebensabschnittsgefährte kommentiert meine laut geäußerten Gedanken mit:

Das ist schließlich Wat-Tiefe und keine Watt-Tiefe.

So isses.

114 Kilometer sind wir an diesem Tag gefahren, der Kartenausschnitt folgt im Anschluss.

Video

Unterwegs haben wir gefilmt, ich habe dazu was gesabbelt und der Herr Lebensabschnittsgefährte hat zusammengeschnitten. Das ist das Ergebnis:

Karte mit GPX-Track

Auf der Karte sieht die Strecke von Rostock nach Dänemark so aus: