Verkaufsoffener Sonntag
Heute war in Weiterstadt verkaufsoffener Sonntag, einer von vier, die jährlich stattfinden dürfen. Die Meinungen zu diesen Events gehen weit auseinander. Die Einzelhändler sind natürlich begeistert vom Ansturm, der regelmäßig an diesen Tagen herrscht. Die Gewerkschaft und die Kirche sind dagegen, der Kirche ist der Sonntag heilig, ver.di bemängelt, es gehe nur um Kommerz. Worum soll es dem Einzelhandel denn auch sonst gehen? Außerdem sichert Umsatz Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Und da laut Zeitungsberichten am Sonntagnachmittag sämtliche Geldautomaten in der Innenstadt leer waren, kann der nicht so schlecht gewesen sein.
Mir persönlich machen diese Sonntage nichts aus. Viermal im Jahr ist überschaubar, damit kann ich als Arbeitnehmer durchaus leben. Der Weg heute Morgen zur Arbeit war wesentlich angenehmer als sonst. Ohne den üblichen Autoverkehr konnte ich wenigstens ungehindert die Straßen mit meinem Fahrrad nutzen, was eine Menge Zeit sparte. Ungewöhnlich waren allerdings die vielen Menschen auf der Mainzer Straße. Dies ist tristes Industriegebiete, normalerweise ist da nie einer zu Fuß unterwegs und heute gleich Menschenmassen. Das waren wohl die letzten Heimkehrer vom Ponyhof, die den Hals vom Feiern nicht vollkriegen konnten.
Weiterstadt lag im Nebel, als ich ankam. Aber auch dort war es angenehm ruhig und weniger Mitarbeiter als sonst waren anwesend. Wohltuend ist die Ruhe morgens, wenn man Ware auffüllt, bevor Kunden da sind. Und heute hatte ich eh Feierabend, als die Kunden den Laden stürmten. Und wie sich das für einen ordentlichen Sonntagsfeierabend gehört, schien dann auch die Sonne.
Auch als Kunde mag ich die gelegentlichen verkaufsoffenen Sonntage. Am vergangenen Sonntag waren hier in Darmstadt die Geschäfte anlässlich einer Mobilitätsausstellung geöffnet. Der Lebensabschnittsgefährte und ich nutzten die Gelegenheit für einen Bummel durch die Stadt.
Eis essen stand auf dem Plan, außerdem gab es ein paar an sich unnötige Kleinigkeiten, nach denen ich in den Geschäften schauen wollte. Und natürlich bummelten wir auch an den Autos entlang und schauten uns das eine oder andere genauer an. Besonders ins Auge stach mir dabei ein Truck von Mercedes:
Geiles Teil, da wollte ich rein! Die Stufen sind gar nicht so leicht zu erklimmen, wenn man dies nicht gewohnt ist. Aber die Sicht von da oben auf den Straßenverkehr ist phänomenal! Ich wäre gerne einmal mit einem Fernfahrer nach Italien, Spanien, Griechenland oder Portugal gefahren, wenn ich je die Gelegenheit dazu gehabt hätte, davon träume ich schon mein ganzes Leben. Aber leider hat es sich nie ergeben.
Die Aussicht ist schon echt toll! Auch wenn wir nicht gefahren sind, so doch immerhin mal probegesessen.
Anschließend machten wir uns auf dem Heimweg. Die Stimmung in der Stadt war toll, die Leute viel entspannter als an den übrigen sechs Tagen. Ich weiß nicht, wo das große Problem ist, warum ausgerechnet der Einzelhandel sonntags nicht arbeiten soll. Klar, bei 24/7-Öffnung wäre dieser Effekt schnell vorbei. Aber bei vier Sonntagsöffnungen im Jahr ist es wunderbar möglich, dem ganzen einen Event-Charakter zu geben. Dabei sollte es auch keine Rolle spielen, ob nun geöffnet wird, weil das Event sowieso stattfindet, oder ob man ein Event plant, weil an diesem Samstag geöffnet ist. Wer geht denn für die Angestellten in Kinos, Eisdielen, Restaurants, Museen, Schwimmbäder, Freizeitparks undundund auf die Straße oder klagt?
Wobei diese Klagen seit ich hier in Hessen wohne, bei jedem verkaufsoffenen Sonntag seitens der Gewerkschaft angestrengt wurden und werden. Und bisher war jeder angekündigte Sonntag dann auch tatsächlich geöffnet, weil entweder in zweiter Instanz anders als in erster entschieden wurde oder das Verfahren erst im Nachhinein die Öffnung als rechtswidrig „enttarnte“. Wie sinnlos ist das denn bitte? Vielleicht sollte man die idiotische Bedingung (es muss ein Event stattfinden, dass die Leute sowieso in die Stadt lockt, erst dann darf geöffnet werden) abschaffen bzw. umkehren. Ein Sonntag pro Quartal mit Ladenöffnung und Event, dann müssen auch keine Beitragsgelder von Gewerkschaftsmitgliedern verschwendet werden, für Klagen, bei denen ich mich ohnehin Frage, wer diese eigentlich wirklich will. Denn weder bei mir im Kollegenkreis noch bei den Verkäuferinnen, die ich hier in Darmstadt bisher sonntags als Kunde erlebt habe, konnte ich übermäßigen Unmut feststellen. Da ist es meiner Meinung nach schon fragwürdiger, ob ein Lebensmitteldiscounter wirklich bis 22 Uhr geöffnet haben muss – aber das interessiert wohl niemanden.