Abwechslungsreiche Heimfahrt
Da wir am Vorabend schon so früh im Bett waren und auch bald geschlafen hatten, wachten wir am letzten Morgen bereits um 6 Uhr auf. Wir waren ein wenig nervös. Unser Auto stand auf einem Parkplatz, der am Wochenende umsonst war, unter der Woche aber Geld kostete. Und da der Ostermontag kein richtiger Feiertag in Tschechien ist, wäre an diesem Morgen ab 7 Uhr Geld für die Parkuhr fällig gewesen. Das Problematische daran: Wir hatten kein Kleingeld, nur Scheine. Wir überlegten ein wenig hin und her, dann meinte ich, dass wir ja eigentlich auch früh losfahren könnten. Viel herumlaufen kann ich eh nicht, weil der Fuß weh tut, daher fiel weiteres Sightseeing flach. Hinzu kam, dass am Nachmittag vermutlich mit viel Rückreiseverkehr zu rechnen war und es auch aus dieser Sicht ein Vorteil wäre, so früh zu fahren.
Gesagt, getan. Der Lebensabschnittsgefährte ging duschen, ich packte unsere Sachen. Dann ging ich duschen und er machte uns Brote fürs Frühstück und noch einen Kaffee für unterwegs. Um 7 Uhr waren wir am Auto. Den Zimmerschlüssel legte ich in die Küche und schrieb dem Pensionsinhaber eine E-Mail. Dann machten wir uns auf den Weg.
Bei dieser Tour hatten wir die 70.000 km überschritten, allerdings haben wir das zu spät mitbekommen. Achja und tanken mussten wir auch.
Bei strahlendem Wetter ging es los. Um noch ein wenig von der tschechischen Landschaft zu sehen, fuhren wir zunächst bis zur deutschen Grenze Landstraße. In Křimice hielten wir an, um zu tanken und dort fanden wir auch einen Briefkasten, in den wir unsere Postkarten warfen.
Dann fuhren wir weiter durch Böhmen. Pilsen war schon ziemlich anders als Prag, die Dörfer, durch die wir jetzt fuhren, sahen teilweise nochmal anders aus. Hier gab es noch einige Häuser, die dem Verfall überlassen wurden. Ob es an der Armut der Menschen oder der Landflucht liegt, weiß ich nicht, vermutlich eine Mischung aus beidem. Laut Statistik gilt übrigens in Tschechien als einkommensarm, wer weniger als umgerechnet 467 Euro (Stand: 2017) im Monat verdient.
Die Straßen waren mal eng, mal komfortabel. Daran änderte sich auch nichts, nachdem wir die deutsche Grenze passiert hatten. Irgendwie wirkte hier alles ein wenig in der Zeit zurück. Das letzte Stück bis zu unserem ersten Zwischenziel ging es dann über die Autobahn.
Und unser Zwischenziel heißt: Gadheim.
Ok, Gadheim hat jetzt nicht gerade Weltruhm. Noch nicht. Möglicherweise kann sich das aber in absehbarer Zeit ändern. Aufmerksam geworden bin ich auf den Ort über die Presse. In Gadheim liegt nämlich, sobald Großbritannien aus der EU raus ist, der geodätische Mittelpunkt Europas.
Und darauf hat man sich schon vorbereitet. Im Vorfeld der Reise hatte ich zufällig einen Zeitungsausschnitt über das Dorf nahe der hessischen Grenze gelesen, das den geographischen Mittelpunkt der EU bildet, sobald Groß Britanien ausgeschieden ist. Dort sei schon alles vorbereitet, aber da die Briten immer noch Mitglied der EU sind, hängen dort noch keine Fahnen, es gibt keine Gedenktafeln oder sonstigen Firlefanz. Es stehen die Fahnenstangen und eine Bank zum Verweilen. Alle paar Tage kommt irgendeine Zeitung ins Dorf und zerrt den Bürgermeister am künfigen Mittelpunkt vor die Kamera, macht eines kleines Interview und dann ist der Ort wieder so verlassen wie zuvor. Da wollte ich hin.
Die Zufahrtstraße ist noch ausbaufähig.
So. Da isser, der zukünftige Mittelpunkt der Europäischen Union. Aktuell markiert durch eine Bank, einen rot-weißen Stock und drei Fahnenmasten mitten im Nichts. Derzeit lebten hier noch ein paar Wildbienen auf dem Boden, ansonsten war nichts los. Wir störten die Bienen nicht allzu lange, machten ein paar Photos und fuhren weiter.
Unser Weg führte durch Karlstadt, wo wir im letzten Jahr für ein Wochenende waren, die Island-Umbauten im Qashqai testen.
Danach ging es weiter über Landstraßen zum nächsten Zwischenziel: Westerngrund. Beinahe wären wir vorbei gefahren. Die Landstraße war hügelig und von kleinen Baumgruppen gesäumt und ohne Vorwarnung war hinter einer solchen Baumgruppe die Zufahrt zum kleinen Parkplatz. Wir mussten bei nächster Gelegenheit wenden und wieder zurück.
Das ist vermutlich auch nicht viel bekannter als Gadheim. Dabei ist es der aktuelle Mittelpunkt der Europäischen Union. Der Ort lag entlang einer Wanderstrecke und da schönes Wetter war, waren hier tatsächlich noch ein paar Leute. Ich dachte ja, so etwas interessiert außer mir niemanden.
Wir sahen uns alles an, machten ein paar Bilder, lasen uns die Informationen durch und trugen uns im Gästebuch ein.
Nach diesen spannenden Zwischenstopps wollten wir noch einen weiteren in Seligenstadt einlegen. Hier war ein Arbeitskollege vom Lebensabschnittsgefährten noch vor wenigen Tagen in einem Gasthof. Da wollten wir auch hin. Nun lag der Gasthof mitten in der Altstadt und die Verkehrssituation ist da etwas … Ich weiß gar nicht, wie ich das nennen soll. Enge Altstadtgassen mit Kopfsteinpflaster und ohne richtige Gehwege, parkende Autos und Verkehr in beiden Richtungen, der sich irgendwie zwischen den Fußgängermassen und dem Gegenverkehr vorbei quetschen muss. Und ja, wirklich quetschen. Ich musste höllisch aufpassen, niemanden umzunieten. Und ich wunderte mich, warum die hier keine Einbahnstraßenregelung machten. Nachdem wir durch die enge Gasse waren, waren wir auch schon am Fluss. Dort konnte man rechts und links abbiegen. Allerdings stellte sich heraus, dass beide Richtungen nur zu Parkplätzen führten, die natürlich überfüllt waren, und nach einem kleinen Bogen wieder zur engen Gasse zurück führten. Die einzige Möglichkeit, da nicht noch einmal durch zu müssen, führte über den Fluss. So beschlossen wir, auf die nächste Fähre zu warten und dann eben in einem etwas größeren Bogen wieder auf eine normale Straße zurück und dann auf dem nächsten Weg nach Hause zu fahren. Auf gar keinen Fall wollten wir uns noch einmal durch die immer zahlreicher werdenden Fußgänger quetschen.
Wir hatten jetzt genug vom Cruisen. Wir nahmen den kürzesten Weg nach Hause und beschlossen auch, uns dort etwas zu essen zu machen. Dort angekommen war es ein wenig merkwürdig. Sonst war die erste Amtshandlung die Katze ausführlich zu begrüßen und die Wohnung zu kontrollieren, ob er irgendwohin gekotzt oder geschissen hatte. Dann wollte der erstmal gefüttert, mit Frischwasser versorgt und bespaßt werden. Und zwar exakt in dieser Reihenfolge. Und wehe, man hat das Protokoll nicht eingehalten, dann hat er eine stinkende Depesche auf dem Teppich hinterlassen. So entspannt wie an diesem Ostermontag sind wir schon lange nicht mehr nach Hause kommen. Und dennoch fehlte da etwas …
Mein Zeh hatte noch ein wenig Farbe angenommen. Dem gab ich in den nächsten Tag Zeit, sich zu regenerieren.