Quer durch Darmstadt

Wir hatten einen Besuch bei den Bahnwelttagen im Eisenbahnmuseum in Kranichstein in Darmstadts Norden geplant. Da ich keine Lust hatte, die knapp 7 km mit dem Fahrrad zu fahren, nahmen wir die Tram. Morgens bereits kam mir die Idee, dass wir auf dem Rückweg dann ja auch endlich mal eine der Hörtouren machen könnten, die ich mir unbedingt bei Gelegenheit mal geben wollte. Gestern also sollte diese Gelegenheit sein. Der Plan sah vor, erst ins Eisenbahnmuseum zu gehen, auf der Rückfahrt die Hörtour mit der Linie 4 von Kranichstein nach Griesheim zu machen, anschließend bis zum Bahnhof zurück zu fahren und dort in die Linie 3 umzusteigen und ebenfalls die Hörtour zurück nach Bessungen zu machen.

Als erstes wurde unser Plan beim Verlassen des Hauses am Briefkasten durchkreuzt. Wir hatten Post vom lokalen Stromanbieterplatzhirsch mit der Aufforderung einer monatlichen Abschlagszahlung. Da wir bereits einen Vertrag mit einem anderen Versorger abgeschlossen haben, mussten wir natürlich etwas dagegen tun. Also stand vor der Dampfeisenbahn erst einmal der Ökostromanbieter auf dem Tagesplan. Wir liefen in die Innenstadt, wo wir das Büro des Versorgers aufsuchten. Leider war unsere Intervention nicht vom gewünschten Erfolg gekrönt, da wir das Bestätigungsschreiben unseres Anbieters nicht dabei hatten. Telefonisch behauptete der Anbieter, uns ab Anfang Juni zu versorgen, schriftlich hatten wir Anfang April bestätigt bekommen. Da muss ich Montag noch einmal hin.

Dann wollte ich eigentlich ein Eis. Allerdings verging mir die Lust auf das Eis, als wir am Verkaufsstand angekommen waren und nahezu gleichzeitig zwei ältere Typen mit Handshake und Hallo-Blabla unmittelbar vor mir den Weg versperrten. Als ich an denen endlich vorbei war, baute sich da eine dieser Muttis mit Kinderwagen und ein bis zwei weiteren Kindern, die sich unter keinen Umständen auch nur einen Zentimeter von Mutti wegbewegen, vor mir auf. Dicke Mutti mit Kinderwagen, tranfunzeliges Kind rechts, tranfunzeliges Kind links und keiner rückt auch nur einen Zentimeter auf Seite, damit Passanten passieren können. Ich musste hier weg und verzichtete lieber auf das Eis, bevor ich jemanden versehentlich töten würde. Wütend stapfte ich zur Bahnhaltestelle, der Lebensgefährte hinter mir her. Wir zogen unser Tagesticket und machten uns auf den Weg nach Kranichstein.

Dampfloks

Das Gelände dort ist eigentlich total schön gelegen. Man muss über einen ziemlich breit angelegten Bahnübergang, der sowohl die Museumsgleise als auch die regulären Betriebsgleise der Deutschen Bahn AG quert. Von diesem Bahnübergang aus kann man sehr schöne Photos von den Dampfloks und dem Museumsgelände machen – allerdings nur, bis wildes Gebimmel ankündigt, dass die Schranken sich schließen, weil ein Zug kommt. Ich nahm die Beine in die Hand und stellte mich brav an die Seite und wartete auf den Zug, der kurz darauf kam.

Dampfloks

Witzig. Für das kleine Ding so viel Gebimmel. Das putzige Ding ist eine Bahnmeisterdraisine und echt niedlich, wie es aussieht aber nicht besonders komfortabel.

Auf dem Gelände tummelten sich zwei Dampfloks. Die eine zu Gast aus Frankfurt, die andere wurde hier in Darmstadt restauriert und wieder in Betrieb genommen.

Am Eingang vom Museum überlegte wir es uns anders. Der Eintritt in Höhe von 15 Euro pro Person war uns dann doch zuviel. Wir waren vor drei Jahren bereits einmal im Eisenbahnmuseum, weswegen das alles ja nichts Neues für uns ist. Zwar würde ich mir gerne noch einmal die Wagen, den Lokschuppen und die Werkstätten ansehen, aber mehr als das Doppelte des normalen Eintrittspreises (6 Euro) war mir das nicht wert. So gingen wir wieder zurück zur Straßenbahnhaltestelle, nicht ohne noch ein paar Photos von der Diesellok zu machen, die den Bahnübergang passierte.

Und dann war da auch noch einer der Pendelzüge unterwegs, die Besucher vom Hauptbahnhof Darmstadt zum Eisenbahnmuseum brachten.

Pendelzug

Wir setzten uns in die Straßenbahn und starteten die erste Audiodatei. Wir hatten dazu zwei Kopfhörer an ein Smartphone angeschlossen, was aber leider nicht ganz problemfrei funktionierte, da der eine Kopfhörer wesentlich lauter war als der andere und entweder einer die Hälfte nicht mitbekam oder der andere einen Hörschaden davontrug. Nach drei oder vier Haltestellen stiegen wir zunächst wieder aus. Ich war völlig entnervt, weil wir die Audiodatei viel zu spät eingeschaltet hatten, das Gehörte nicht mit der Fahrt übereinstimmte und ich außerdem die Hälfte gar nicht verstanden hatte. Wir holten uns nun endlich ein Eis und fuhren dann mit der nächsten Bahn weiter, jeder mit seinem eigenen Smartphone die Dateien hörend. Dies war zunächst aber auch nicht ganz stressfrei, da die Haltestellt mit der Eisdiele mitten in einer Audiodatei lag. Das Handling des Smartphones und den ständig wieder aus den Ohren fallenden Kopfhörern, außerdem meiner Jacke und meiner Tasche mit einem Eis in der Hand war alles andere als einfach. Ich stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch und war völlig außer Stande, unserem gemeinsamen freien Tag irgendetwas Positives abzugewinnen.

Gerade als sich die Situation entspannte, weil es mir endlich gelungen war, Streckenabschnitt und Audiodatei zu synchronisieren, Jacke, Eis, Smartphone, Kopfhörer und Handtasche mit den wenigen mir zur Verfügung stehenden Händen gleichzeitig zu bedienen, fiel dem Lebensabschnittsgefährten, der mich wie immer geduldig ertrug, ein, dass wir gar nicht bis Griesheim fahren könnten, da dies ja eine andere Tarifzone sei als die Darmstädter Innenstadt oder gar Kranichstein. Sowas Blödes. Leider hing im Waggon der Straßenbahn nirgendwo ein Liniennetzplan, auf dem wir hätten nachsehen können, bis zu welcher Haltestelle wir mit unserem Ticket fahren durften. Vorsichtshalber stiegen wir daher kurz hinterm Hauptbahnhof aus.

Wir hörten zunächst die Audiodatei zu Ende, denn das Thema ESOC und Ernst-Euler-Flugplatz („Da müssen wir auch endlich mal hin!“) fand ich interessant. Dann schlenderten wir langsam zurück zum Bahnhof. Leider etwas zu langsam, wie wir unterwegs festellen mussten. Auf Gleis 1, dem sogenannten Fürstenbahnsteig, stand der Pendelzug, den wir zuvor in Kranichstein schon gesehen hatten.

Darmstadt Hbf

Ohne Zwischengänge schalteten wir vom Schlendergang in den Mitteltrab, der Lebensabschnittsgefährte wollte noch Photos von der Lok machen. Allerdings kamen wir kurz vor knapp am Bahnsteig an, der Zug fuhr aus, bevor wir vorne bei der Lok angekommen waren.

Pendelzug im Hbf

Zurück im Schlendergang machten wir uns auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle. Unterwegs verriet uns eine Anzeigetafel, dass die Linie 3 in einer Minute abfahren sollte, die nächste Bahn in 16 Minuten. So lange wollten wir nicht warten und nahmen die Beine erneut in die Hand. Atemlos saßen wir in der Bahn und kramten hektisch nach unseren Smartphones und Kopfhörern. Meine Güte, was für ein Stress! Eine Audiodatei mussten wir überspringen, dann waren Fahr- und Hörerlebnis synchron.

Wir hörten und fuhren und fuhren und hörten. Und dann plötzlich: „Schatz, wir müssen raus, das ist die Endhaltestelle!“ Wir packten unseren Kram zusammen und sprangen aus der Straßenbahn. Und während wir ihr hinterher schauten: „Wir Deppen. Die Endhaltestelle ist noch eine Station weiter.“

Es ist, wie es ist. Wir lustwandelten noch ein wenig durch das beschauliche Bessungen. Unser Weg führte uns auch über den Friedhof, wo wir die künftige Wohnsituation begutachteten.

Gießkannen

Die Friedhofsgießkannen geben ziemlich exakt den Grad der Spießigkeit unseres Viertels wieder.

Schild: Mauer 51 - Bitte nicht vergeben!

„Mauer 51“ klingt ein bisschen wie Area 51 oder Stuttgart 21. Der Platz gefällt mir, den nehme ich. Haltet den ruhig frei.

Die zum Friedhof gehörende Liebfrauenkirche können wir von unserem Esszimmerfenster aus sehen (und hören). Für einen Neubau sieht sie ganz passabel aus.

Langsam wurde es Zeit für Erdbeeren. Die geht man hier auf dem Markt holen oder an einem der vielen Erdbeer-/Spargel-Stände, die hier an jeder Ecke stehen. Bio oder zumindest aus der Region, genauer gesagt aus Griesheim, denn dorther scheinen hier sämtlicher Spargel und sämtliche Erdbeeren zu kommen. Wenn ich schon nicht mit der Tram hinfahren kann, will ich denen wenigstens die Erdbeeren wegfuttern.