Der lange Weg ins Büro

Der erste Trip ins Büro seit wir umgezogen sind. Eigentlich habe ich so überhaupt gar keine Lust darauf. Ich will nämlich nicht aus Rostock weg. Aktuell würde die Standard-Antwort auf die blöde Frage: "Rostock? Was willst du denn da?" lauten: "Nie wieder weg!" Naja, "nie" ist vielleicht übertrieben, wer weiß das schon. Aber für den Moment stimmt es so. Nun ja, ab und zu muss man auch mal erwachsen sein und sich zusammenreißen, also auf ins Büro. S-Bahn

Zum ersten Mal fahre ich in Rostock mit der S-Bahn. Und auch den Bahnhof sehe ich zum ersten Mal. Allerdings sehe ich nicht viel davon, da ich nur von Gleis 2 auf Gleis 3 wechseln muss und der IC schon bereit steht.

Bahnhof, IC

Aus irgendeinem Grund hat die Bahn es für richtig befunden, mich über Berlin nach Erkelenz zu schicken. Das geht übrigens auch schneller als die kürzere Strecke über Hamburg. Der IC war nicht besonders voll, dafür aber frisch geputzt und blitzblank, wenn auch etwas älter in der Ausstattung. Dies ist aber keinesfalls negativ konnotiert, ich finde die älteren Modelle wesentlich bequemer und komfortabler als die neuen Sardinenbüchsen.

Im IC

In eher gemächlichem Tempo fuhren wir durch Mecklenburg und durch Brandenburg. Die Versorgung mit Internet ist auf der Strecke eher mäßig bzw. weitgehendst nicht vorhanden. In Brandenburg sieht man viele Solaranlagen, auf deren Flächen nichts mehr wächst, Schneisen für Stromtrassen, die in die Monokultur-Fichtenwälder geschlagen wurden, verfallene Gebäude und das Symbol für die fehlende Internetverbindung auf dem Handy. Bis sich der Speckgürtel von Berlin ankündigt. Ich frühstücke im Zug, geblendet von der Sonne, und schreibe ein bisschen an liegengebliebenen Blogbeiträgen.

Tablet

Berlin mag ich eigentlich gar nicht mehr so gerne, seit es so schrecklich überlaufen ist mit Nicht-Berlinern. Aber zum Umsteigen reicht's. Und dafür haben die Berliner ja den tollen Hauptbahnhof. Anfang der 2000er Jahre gab es eine Umfrage in der Stadt, wie denn der neue Bahnhof, den von den Berliner eigentlich keiner haben wollte, heißen soll. Die Mehrheit der Bevölkerung stimmte für "Lehrter Bahnhof", wie die S-Bahnstation, die dort zuvor nur war, auch früher schon hieß. Aber die Bahn entschied sich dagegen und meinte, der Name müsse einprägsam und aussagekräftig sein und taufte das Teil kurzerhand "Hauptbahnhof", anfangs noch mit dem Zusatz "Lehrter Bahnhof", den die Bahn aber irgendwann kurzerhand verschwinden ließ. Wie originell. Vielleicht sollte man Berlin in "Hauptstadt" umbenennen ...

ICE in Berlin

Aus Berlin fuhren wir übrigens pünktlich ab. Bis Bielefeld, das es tatsächlich gibt, hatten wir eine Verspätung von wenigen Minuten. In Bielefeld standen wir an einem eher provisorisch wirkenden Bahnsteig.

Bahnsteig in Bielefeld

Mein Handy beschwerte sich, dass aus dem angeschlossenen Kabel kein Strom kam. Seltsam. Und während ich mich noch wunderte, ertönte die Durchsage, dass sich die Abfahrt aufgrund eines technischen Problems noch ein wenig verzögern würde. Na, hoffentlich ließen die sich nicht zuviel Zeit! Wenige Minuten später erfolgte die nächste Durchsage. Man wisse nicht, wie lange sich das noch hinziehe. In Kürze würde aber aus Gleis 6 der IC nach Köln abfahren. Die Türen seien nun wieder geöffnet, damit die Leute den Zug wechseln könnten. Grmpf. Ich hatte jede Menge Krempel um mich herum verteilt und außerdem meine Schuhe ausgezogen. Noch dazu saß ich am Ende des Zuges. Bis ich meinen Krempel zusammengepackt und den unglaublich langen Weg den provisorischen Bahnsteig entlang bis zur Treppe gegangen war, war der IC aus Gleis 6 natürlich schon abgefahren. Die nächste Alternative, wie mir die freundliche Bahnmitarbeiterin mitteilte, sei der Regionalzug, von dem momentan aber noch keiner wisse, aus welchem Gleis der fuhr, weil unser kaputter ICE ja im Weg stand. Unterdessen fuhr der Stromabnehmer rauf und runter. Offensichtlich funktionierten Teile der Stromversorgung nicht ordnungsgemäß, wie mein Handy ja auch schon bemängelt hatte. Da kam die Ansage, der Zug könne weiterfahren. Ich stieg wieder ein.

Ich lief durch den Zug zum Speisewagen und bestellte mir erstmal einen Kaffee und ein Stück Schoko-Kuchen. Die Bahn hat wirklich ausgesprochen leckeren Schoko-Kuchen. Allerdings musste ich ziemlich lange auf meinen Kuchen warten, denn dieser kommt morgens gefroren in den Zug und muss im Falle einer Bestellung in der Mikrowelle aufgetaut bzw. erwärmt werden. Und bei der ist just in dem Moment, als mein Kuchen darin verschwand, der Strom ausgefallen.

Auch der Triebkopf hatte anscheinend keinen Strom mehr, denn wir rollten nur dahin. Weder hörte man den Elektromotor surren, was sonst eigentlich immer der Fall ist, noch spürte man, dass gebremst wurde. Wir rollten einfach nur. Und aufgrund des geringen Rollwiderstandes von Eisenbahnrädern kann so ein Zug ziemlich lange, ziemlich schnell und ziemlich weit rollen, was seltsam lautlos wirkt. Auf meinen Kuchen musste ich noch warten, aber immerhin hatte ich Kaffee. Ich rief erstmal das darkinchen an und gab Bescheid, dass es wohl noch eine Weile dauern würde. Plötzlich fuhr der Zug wieder, man hörte den Elektromotor, der kurz darauf auch wieder verstummte. Mittlerweile hatte ich Zweifel, dass dieser Zug es noch bis Düsseldorf schaffen würde.

Ich erkundigte mich, wie es meinem Kuchen zwischenzeitlich ergangen war. Da nicht abzusehen war, ob die Technik irgendwann wieder mitspielen würde, ließ ich mir den Kuchen so geben, wie er war. Ich machte den Gabel-Test und stellte fest, dass er zwar noch kalt, aber nicht gefroren war. Passt schon! Und er schmeckt wirklich sehr gut.

Es erfolgte die nächste Durchsage. Wir würden nun in Gütersloh außerplanmäßig halten, der Lokführer wolle noch einmal vom anderen Triebkopf aus versuchen, das Fehlerprogramm zu starten. Reisenden hätten die Möglichkeit, in Gütersloh in die Regionalbahn umzusteigen. Davon machte ich Gebrauch.

Umsteigen in Gütersloh

Die Regionalbahn war ziemlich voll, ich war bei weitem nicht die einzige, die umgestiegen war. Dennoch konnte ich einen Sitzplatz ergattern. Irgendwann überholte uns auch der nun offensichtlich wieder fahrbereite ICE. Allerdings war dessen Verspätung mittlerweile so weit fortgeschritten, dass es keinen Unterschied machte, ob ich in der Regionalbahn oder im ICE saß, ich kam so oder so eine Stunde später in Erkelenz an, wo mich das darkinchen dann auch abholte.

Ankunft 16:01 Uhr

Hier gab es erst einmal etwas zu essen. Kulinarisch gehe ich in meiner neuen Wahlheimat ja ein wenig vor die Hunde. Der Herr Lebensabschnittsgefährte isst immer zusammen mit den Kollegen in der Stadt. Um nach Hause zu kommen, ist der Weg zu weit. Für mich alleine habe ich keine Lust zu kochen. So gibt es meistens nur Brot und Kellogg's. Am Wochenende sind wir oft unterwegs. Ich liebe mittlerweile die ostdeutsche Curry-Wurst, die wir dann ganz gerne essen, wenn wir auf Tour sind. Die ostdeutsche Currywurst ist ohne Darm und wir am Stück gelassen, mit Tomaten-Curry-Soße übergossen und einem Brötchen, Pommes oder Kartoffelsalat serviert. Ich wähle meist die einfache Variante mit Brötchen. Und ich liebe sie!

Beim darkinchen jedenfalls gab es mal wieder "was Richtiges": panierte Hähnchenschnitzel, Kartoffeln und Blumenkohl. Da der Lebensabschnittsgefährte keinen Blumenkohl mag und ich für mich alleine keinen ganzen Kohlkopf kaufe, gibt es fast jedes Mal in Erkelenz Blumenkohl. Das darkinchen kann sowieso besser kochen als ich. Die Schnitzel hatte der Herr darkinchen bereits fertig, als wir vom Bahnhof zurückkamen. Perfekt und sehr lecker! Ich aß gleich zwei Schnitzel und war pappsatt.

Zuckerrübensteppe

Der Mini-Mann musste noch gelüftet werden. Jeden Abend geht die junge Familie wohl noch eine kleine Runde spazieren. Warum nicht, so vollgefressen, wie ich war, würde mir das sicher nicht schaden. Auch wenn ich spazieren gehen ohne Wasser eher sinnlos finde. Wir trafen eine Nachbarin, die uns ein Stück begleitete, beobachteten die Reiher an der benachbarten Kiesgrube und begutachteten die Kürbisse auf dem Acker. Der Wind war eisig und wir hatten keine Jacken mit. Daher kehrten wir schon bald wieder um. Zuhause beschäftigten wir uns noch ein wenig mit der Katze, die ich diesmal gar nicht photographiert habe, und dem Kind, dann gingen die Männer nach oben und das darkinchen und ich sortierten das Kinderspielzeug, das viel zu zahlreich war. Ab und zu muss man da ein wenig System hereinbringen. Hierzu hoben wir sogar die Couch und die TV-Bank an, um das darunterliegende Katzen- und Kinderspielzeug wieder ans Tageslicht zu holen. Als wir mit allem fertig waren, war es auch schon wieder Zeit fürs Bett.

Zuckerrübensteppe

Um 6 Uhr morgens klingelte mein Wecker. Kurz darauf begannen die Hähne der Nachbarschaft ihr morgendliches Kräh-Duell. Eigentlich krähen die den ganzen Tag, aber man hört die sonst nicht aufgrund der vielen Nebengeräusche. Morgens sind sie aber die einzigen, die Krach machen. Nach einigen Minuten meldeten sich auch noch irgendwelche Gänse zu Wort. Ich stand auf und machte mir einen Kaffee, bereitete meine Teekanne für unterwegs vor, machte mir ein Brot und ging duschen, als darkinchen und Kind in die Küche kamen. Um 08:19 Uhr fuhr ja schon wieder mein Zug. Aber bevor ich ins Auto stieg, machte ich noch ein Photo vom Sonnenaufgang über der Zuckerrübensteppe.

Sonnenaufgang in der Zuckerrübensteppe

In Krefeld musste ich ins Büro, wir hatten Mitarbeiterversammlung und Teambesprechung.

Krefeld

Eigentlich sollte ich auch noch etwas an unserer Telephonanlage ändern, aber erst war mein Tablet unwillig, da es der Meinung war, Updates seien jetzt wichtiger, und dann erwies ich mich als zu blöd dazu. Also ließ ich bei den Telephonen alles so, wie es war, und begab mich zu den Kollegen. Nach drei Stunden waren wir durch. Ich quatschte noch ein wenig mit den Kollegen, dann machte ich mich auf den Weg zum Bahnhof.

Meine Verbindung war etwas blöd gewählt. Ich hatte fast eine Stunde Aufenthalt in Duisburg. Dort kaufte ich mir erstmal einen Rucksack, da ich für die bevorstehende Reise dringend einen neuen benötigte, mein aktueller war ein wenig klein und ließ langsam auch in der Qualität nach. Anschließend holte ich mir noch ein Stück Pizza.

Neuer Rucksack

Mit 12 Minuten Verspätung kam mein Zug, mein nächstes Etappenziel war Hamburg.

Die Fahrt verlief ruhig und ereignislos und wir holten die Verspätung wieder auf. Leider hatte ich das Handy nicht schnell genug zur Hand, als wir in Hamburg am Hafen im Sonnenuntergang vorbeifuhren.

Im Bahnhof hatte ich eine halbe Stunde Zeit. Die nutzte ich, um unentschlossen zwischen all den Fress-Geschäften hin und her zu wandeln, um mir dann am Ende im Express-Spar auf dem Gleis ein Käsebrötchen zu kaufen. Dann setzte ich mich in den Zug und wartete auf Abfahrt.

Zug nach Rostock

Immerhin konnte ich bei der Ausfahrt aus Hamburg noch ein Photo von den tollen Farben des Himmels machen.

Sonnenuntergang in Hamburg

Dann fuhr ich leider im Dunkeln durch Mecklenburg-Vorpommern. Irgendwann muss ich das noch einmal im Hellen nachholen, um mir das Bundesland mal etwas ganuer anzusehen, in dem ich jetzt lebe. Der Zug nach Rostock war wieder nicht besonders voll. Hier in Meck-Pomm leben ja nicht so wahnsinnig viele Menschen, also fahren auch nicht so viele mit dem Zug. Eigentlich ist das sehr angenehm.

Screenshot Bahn-App

Was genau die Bahn mir damit sagen wollte, habe ich nicht mehr herausfinden können, dafür aber meine S-Bahn völlig problemlos erreicht, wir waren nämlich auf die Minute pünktlich da. Auf dem Tischchen an meinem Platz in der S-Bahn konnte ich mir gleich noch ein paar Anregungen für die nächsten Touren holen.

In der S-Bahn

In Lichtenhagen, wo ich aussteigen musste, holte der Lebensabschnittsgefährte mich ab. Endlich wieder zuhause!