Kranorama und Barhöft

Die Wettervorhersage versprach ein schönes Wochenende in Mecklenburg-Vorpommern und der Blick vom Balkon am Samstagmorgen sah auch sehr danach aus. Der Herr Lebensabschnittsgefährte hat sich eine neue Kamera gekauft und die will ausgiebig getestet werden.

Unsere Idee stand bereits fest. Wir wollten zum Kranorama kurz vor der Insel Rügen. Und dann mal sehen, wohin es uns noch verschlägt, vielleicht eine Übernachtung irgendwo. Wasser, Bettzeug und was man sonst so braucht war schnell im Camper verstaut.

Zunächst fuhren wir zum Bioladen, ein bisschen Hähnchenfleisch (900 Gramm), je 2,5 Kilo Roggenmehl und Kartoffeln kaufen. Die Preise, die dort mittlerweile aufgerufen werden, erreichen auch bei uns langsam aber sicher die Schmerzgrenze. Zusammen mit einer Nussecke, die unser zweites Frühstück wurde, haben wir 49,92 Euro bezahlt. Puh.

Als nächstes haben wir Station in Barth beim Tomatendealer gemacht. Tomaten brauchten wir zwar nicht, aber dafür ein paar Paprika. Seit ich Pizza mit Paprika und Mais für mich entdeckt habe, ist der Verbrauch hier krass gestiegen.

Dann ging es aber ohne weitere Verzögerung zum Kranorama. Der Parkplatz dort war voll und außer den ganzen Pkw stand da auch noch ein Reisebus herum. Uff. Auf eine überfüllte Bude hatte ich ja nun wenig Lust. Aber was soll’s, das Wetter war toll und wir gingen erst einmal los und schauten uns das Spektakel an.

Vor dem Gebäude ist ein Platz, an dem man die Kranich auch ganz gut beobachten kann. Dort tummelten sich ein paar der klassischen Bird Spotter: (überwiegend) Männer gesetzten Alters, Teleobjektiv, das einen fünfstelligen Betrag gekostet hat mit Flecktarn-Hülle, Klamotten als hätten sie für diesen fünfstelligen Betrag das letzte Hemd gegeben und leicht mitleidiges Lächeln, wenn man “nur” Objektive besitzt, die man auch mit Bandscheibenvorfall noch schmerzfrei tragen kann.

Uns ficht das nicht an, wir stellten uns vorne an den Zaun und der Mann knipste die Viecher, während ich nur guckte und lauschte. Eigentlich ist es nur so mäßig spannend, die Kraniche dort im Herbst zu beobachten. Die stehen halt rum und fressen. Manchmal fliegen sie ein Stück weiter, dann stehen sie wieder herum. Ich persönlich finde sie viel interessanter, wenn sie morgens und abends auf ihren Wegen zwischen Futterplätzen und Schlafplätzen mit viel Getröte und gerade jetzt zur Zeit in teilweise riesigen Gruppen über unser Haus fliegen und dann der Himmel voller Kraniche ist.

Allzu lange hielten wir uns dort auch gar nicht auf. In der Nähe von Barhöft ist ein kleiner Parkplatz direkt am Nationalpark Vorpommernsche Boddenlandschaft am Barhöfter Kliff. Da fuhren wir hin.

Mittlerweile war es Zeit fürs Mittagessen, weswegen es erst einmal im Camper etwas zu essen gab, bevor wir uns auf den Weg machten, die Gegend zu erkunden.

Zunächst gingen wir zu einem Aussichtspunkt am Bodden, der nur wenige Meter vom Parkplatz entfernt ist.

Am Aussichtspunkt saßen fünf Dackel und vier Menschen und besprachen das Abendessen der Zweibeiner sowie die (mangelnden) Fahrkünste und Technikskills eines Bootsfahrers. Ansonsten tuckerten Segelbote motorbetrieben vorbei und am Himmel war Federvieh zu sehen.

Wir gingen zurück zum Parkplatz und dann den Wanderweg in die andere Richtung. 2,1 Kilometer sollten es bis Barhöft sein laut Wegweiser. Und der Wanderweg ist mehr Trampelpfad denn Weg und außerdem auch der Radweg. Bisweilen wurde es eng. Schön war es trotzdem.

Der Weg war nicht weit und so dauerte es nicht allzu lange, bis wir Barhöft erreicht hatten. Die Möwen nahmen unsere Ankunft mit der gebotenen Skepsis zur Kenntnis.

In so einem kleinen Hafen passiert nicht so wahnsinnig viel, da war das Einlaufen eines Fischerboots schon ein Highlight. Die Luft war ziemlich kormoranhaltig.

Beim Molenfeuer steht eine Satellitenschüssel mit der Aufschrift:

Bitte NICHT verstellen, verrücken, anfassen oder anpullern … DANKE

Wir holten uns in der Proviantkiste ein Eis. Es war kühl, da reichte uns eine Kugel, außerdem war es eh nur Langnese-Eis.

Wir traten den Rückweg an. An der Weggabelung im Wald hockte ein Buchfink im Laub und bewegte sich nicht, wohl in der Hoffnung, dass wir ihn nicht sehen.

Am Aussichtspunkt Boddenblick checkten wir nochmal den Flugverkehr und den Wasserstand.

Dann ging es durch den Wald und über die Trampelpfade zurück zum Auto, aber natürlich nicht ohne einen Knipsstopp.

Im Auto machte ich mir noch einen Kaffee und wir legten nochmal bei geöffneter Heckklappe die Füße hoch. Es flogen ständig Schwäne vorbei, ich finde fliegende Schwäne wahnsinnig toll, aber der Herr Lebensabschnittsgefährte weigerte sich, die alle zu knipsen.

Um kurz vor Fünf machten wir uns auf den Weg. In Stralsund gibt es einen Parkplatz im ehemaligen Hafen in Sichtweite der Rügenbrücke, der recht günstig ist und das Übernachten erlaubt. Besonders der günstige Preis hat mich sehr überrascht, langen die hier an der Küsten in der Regel doch eher ordentlich zu.

Der Platz hat einen industriellen Chic. Den mag man oder eben nicht. Ich war ja zunächst skeptisch, was uns angesichts des günstigen Preises erwarten würde, aber das fand ich dann doch ganz witzig.

Größtes Problem: Parkticket kann nur bar bezahlt werden und zwar in Münzen. Das ist übrigens in MV ein landesweites Problem, es gibt auch Stellplätze, die 24 Euro und mehr kosten, die man mit Münzen (!) bezahlen muss. Wir waren natürlich schlecht vorbereitet und hatten nicht genug Kleingeld dabei. Unsere Kleingeldsammlung stand zuhause.

Während wir noch darüber nachdachten, wie wir dieses Problem lösen könnten, kamen zwei Camper an und parkten neben uns. Wir glaubten eigentlich nicht an den Erfolg, aber wir fragten trotzdem, ob da vielleicht einer zufällig 10 Euro in Kleingeld für uns hätten. Und wir hatten Glück, die Leute hatten genug Kleingeld dabei! Die haben nämlich eine Dose mit Kleingeld für genau solche Fälle immer dabei. Das sollten wir vielleicht auch mal in unsere Packliste aufnehmen.

Später gab es noch einen hübschen Sonnenuntergang, den wir zwar nicht direkt sehen konnten, der aber die Brücke und den Turm des ehemaligen Elektrizitätswerkes, der auf dem Nachbargrundstück stand, in oranges Licht tauchte.

Morgen geht es weiter mit dem zweiten Teil unseres Wochenendausflugs.