Sprint ins Büro
Das jährliche Mitarbeitergespräch stand auf dem Plan zusammen mit einer Projektabschlussbesprechung mit dem Chef. Diesmal fuhr ich wieder mit dem Zug ins Büro, was ja schon lange nicht mehr vorgekommen ist. Mein letztes Ticket in der Bahn-App ist von November. Es ändert sich ja doch einiges, wenn man ein eigenes Auto hat. Da es mir aber immer noch zu anstrengend ist, am selben Tag hin und auch wieder zurück zu fahren mit den Besprechungen dazwischen, die stets einiges an Konzentration verlangen, habe ich für diesen Termin wieder ein Bahnticket gebucht.
Der Termin ist heute für 12 Uhr angesetzt, dieses unnatürlich frühe Aufstehen, wie ich es sonst praktiziere, war daher nicht notwendig. Es reichte völlig, um 07:59 Uhr aus Darmstadt abzufahren. Problematisch war daran nur, dass bereits als ich noch zuhause war und mir gerade die Schuhe anzog, die Verspätungs-E-Mail der Bahn eintraf. Der Regionalzug von Darmstadt nach Frankfurt hatte zu diesem Zeitpunkt fünf Minuten Verspätung. Für eine frühere Alternative war es jetzt zu spät.
Tatsächlich fuhr die Regionalbahn mit 10 Minuten Verspätung aus Darmstadt ab und kam um 08:27 Uhr in Frankfurt an. Das war ziemlich exakt die Uhrzeit, zu der mein ICE abfahren sollte. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Ich sprang aus dem Zug und nahm die Beine in die Hand. Im Eiltempo joggte ich zu Gleis 18, wo der Zugbegleiter gerade dabei war, die Türen zu schließen. Er sah mich und noch zwei oder drei weitere Reisende angerannt kommen und wartete noch die paar Sekunden, bis wir in den Zug gesprungen waren. Dann schloss er die Türen und der Zug fuhr ab. Ich brauchte zwar ein Sauerstoffzelt - ich muss dringend mal wieder an meiner Kondition arbeiten, aber das machte mir in diesem Moment nicht so viel aus, Hauptsache Zug noch erreicht.
Der Rest der Fahrt ins Büro verlief ruhig. Bis Köln tippte ich an meinen Blogbeiträgen. In Köln am Bahnhof holte ich mir noch einen Kaffee, im Regionalzug anschließend tippte ich weiter.
Immer wenn ich in Krefeld aus dem Zug steige, dauert es nicht einmal eine Minute, bis ich auch schon wieder froh darüber bin, nicht mehr dort wohnen zu müssen. Die Stadt ist dreckig, eklig und stinkt. Ich laufe zum Büro und gehe dort dem Chef auf die Nerven. Der ist gerade erst aus dem Urlaub zurück und sortiert liegen gebliebenes Zeug, wovon ich ihn abhalte, bis er mich auffordert, ihn seinen Kram fertig machen zu lassen.
Ich bin schlecht drauf und genervt. Ich bin nicht gern hier und der Anlass Mitarbeitergespräch ist doppelt unangenehm. Leider bin ich nicht in der komfortablen Situation, einen festen, geregelten Arbeitsplatz zu haben. Mein Grundgehalt ist recht niedrig und alles weitere wird über diverse Projekte hin und her und quer finanziert. Das hat natürlich auch Vorteile, ich habe dadurch gewisse Freiheiten, die ich bei andern Arbeitgebern nicht hätte, und meine Aufgaben ändern sich ständig, was die bei mir schnell aufkommende Langeweile in Schach hält. Für diese Freiheiten habe ich ein gewissen Maß an Sicherheit aufgegeben, was mir ab und an Bauchschmerzen bereitet. Abgesehen davon nervt mich dieser Quatsch mit Mitarbeitergesprächen und all dem ganzen Qualitätsmanagementbullshit sowieso immer.
Als der Chef endlich seinen ganzen Kram fertig sortiert hat, ziehen wir uns in einen ruhigeren Raum zur Besprechung zurück. Erst gilt es noch ein wenig Organisatorisches zu klären, dann kommt die Vereinsvorsitzende und das Mitarbeitergespräch beginnt - und verläuft wieder immer weniger unangenehm als befürchtet. Alles gut, business as usual und zumindest zum Teil ist auch schon die weitere Finanzierung meiner Projektstunden gesichert, am Rest arbeite man noch.
Anschließend ein wenig Blabla hinsichtlich des bevorstehenden Urlaubs und dann haben alle Hunger. Chef und Vorsitzende nehmen ein Fischbrötchen, ich nehme den nächsten Zug nach Hause zurück. Vorher gehe ich noch in den Discounter, decke mich mit Schokolade und einer 700-Gramm-Dose Gummizeugs ein, dann hole ich mir am Bahnhof ein Fischbrötchen und verzehre mein Mittagessen am Bahnsteig, wo ich auf meinen Zug warte.
Nach dem Hauptgang mache ich mich über die Gummitiere her, neidisch beäugt von zwei Kindern auf dem Bahnsteig gegenüber. Allein für diese neidischen Blicke esse ich mehr von dem Zeug, als ich eigentlich vorhatte.
Nach Duisburg nehme ich einen Zug früher. Der braucht etwas länger und ist fast um dieselbe Zeit da wie mein planmäßiger Regionalzug. Während der knapp zehn Minuten Wartezeit am Bahnstein in Duisburg werde ich dreimal nach etwas Kleingeld angesprochen. Das nervt.
Von Duisburg fahre ich mit dem ICE nach Köln. In Köln hole ich mir am Bahnsteig einen Kaffee und warte auf meinen Zug. Der hat ein wenig Verspätung, die sich noch zusätzlich erhöht, weil ständig irgendeiner angelaufen kommt und dem Zugbegleiter irgendwelche Fragen stellt. Irgendwann reicht es dem und er macht die Tür zu, sehr zum Verdruss von Fahrgästen, die noch angelaufen kommen. Aber was soll's, die haben Pech. Der Zug ist eh schon zehn Minuten zu spät mittlerweile.
In Bonn erhöht sich die Verspätung noch zusätzlich. Schuld daran sind unter anderem Fahrgäste, die einfach in den erstbesten Zug eingestiegen sind und sich dann beschweren, dass sie ihre reservierten Sitzplätze nicht finden. Von einem habe ich das mitbekommen und auch die Reaktion des Zugbegleiters gehört, aus der eindeutig hervorging, dass der Typ gerade nicht der erste war, der etwas orientierungslos im falschen Zug rumläuft. Es ertönt eine Durchsage:
Da offensichtlich eine Fahrgäste fälschlicherweise in unseren Zug eingestiegen sind, hier noch einmal der Hinweis: Dieser Zug hier fährt nicht nach Basel. Nach Basel bitte wieder aussteigen und auf den nächsten Zug warten.
Gut, dass wir das auch endlich geklärt haben. Nach Behebung eines Schrankenproblems geht's dann endlich weiter. Die Stimmung im Mittelrheintal ist ziemlich trüb, sowohl beim Wetter als auch bei mir. Wie so oft an diesen langen Tagen, die sich wie eine Ewigkeit anfühlen, habe ich die Nase voll und will nur noch nach Hause. Mein Kaffee und mein Wasser sind leer und von dem vielen Gummizeug und der Schokolade ist mir ein wenig übel. Das Internet funktioniert traditionell auf der Strecke wenig bis gar nicht, mir ist sterbenslangweilig, ich bin genervt, müde und urlaubsreif.
Mit 20 Minuten Verspätung kommen wir in Mainz an. Wenigstens muss ich nicht lange auf die Regionalbahn warten.