Zum Winzerfest nach Alzey

Ein typisches Symptom unserer Zeit: Die persönliche Menschenblase ist nicht mehr lokal verortet, sondern über das ganze Land, teilweise die halbe Welt verteilt. Man geht nicht mehr "mal eben" auf einen Kaffee vorbei. Für Sozialkrüppel wie mich Fluch und Segen zugleich. Einerseits muss ich mich nicht ständig mit Zwischenmenschlichem plagen, andererseits verkümmern meine ohnehin schon limitierten sozialen Kompetenzen noch mehr. Ich nutze daher gerne Gelegenheiten und Anlässe für gelegentliche Treffen.

Alzey ist zwar nicht am Arsch der Welt, aber von Darmstadt aus ziemlich blöde zu erreichen. Luftlinie vielleicht 40 km von Darmstadt entfernt, ist der Weg über die Autobahn exakt 70 km, weil uns der Rhein trennt und Ost-West-Verbindung in Südhessen grundsätzlich eher Mangelware sind. Man hat sich seine Staus und überlasteten Verkehrsknotenpunkte hier ganz geschickt angelegt.

Navi

Mittags machten wir uns auf den Weg. Wenigstens war nicht viel los und wir kamen gut durch.

Freie Autobahn

Und zum Glück war auch noch Platz in der öffentlichen Tiefgarage, die direkt am Winzerfest ist, frei. Da in der Nähe wohnt ja auch die AQ-Lymp-Verrückte, die wir besuchten. Und das Beste an diesem Parkhaus: Es ist samstags kostenlos. Das ist etwas, was die Darmstädter sich hätten abgucken können. Aber hier bevorzugte man es, sämtliche Parkhäuser der Innenstadt in eine private Hand zu geben, so dass der Betreiber die Preise nach Belieben gestalten kann und so manchen Darmstädter ins Einkaufszentrum nach Weiterstadt vertrieben hat, wo man kostenlos und trocken parken kann. Aber ich schweife ab, wir waren zu Wichtigerem hier: Kuchen. Und um seine Bedeutung zu unterstreichen, hatte die Gastgeberin reichlich davon rangeschafft.

Kuchen

Nein, es wurde keine Fußballmannschaft erwartet, wir waren zu Viert. Aber da das Gebäck ausgesprochen schmackhaft war, hatten wir kaum Probleme, einen Großteil davon zu verputzen. Und nach ebenso ausgiebigem Gequatsche ging es dann aufs Winzerfest. Meine Vorstellung davon war ja eher die des Darmstädter Weinfestes. Da ist auf einer der Straßen in der Fußgängerzone zu beiden Seiten ein Wein- oder Fressstand neben dem anderen und man kann sich einmal durch die Weinanbaugebiete der Umgebung probieren. Da ich keinen Wein mag, entwickele ich mich da langsam aber sicher zum Traubensaftexperten. Das Alzeyer Winzerfest war eine Mischung aus dem, was ich von Darmstadt kenne, und einem Volksfest. Anscheinend werden hier auch noch Winzer gekürt und Preise vergeben. Wir schlenderten über das Fest und schauten uns alles an.

Holländische Friteuse

Hier kommen die holländischen Pommes aus der holländischen Friteuse. Aber anscheinend hat sich noch nicht rumgesprochen, dass nicht die Holländer, sondern die Belgier die Pommeskönige sind. Tja. Leider konnte ich sie nicht probieren, da meine Eingeweide zurzeit wieder eine Aversion gegen Frittiertes haben. Ein Umstand, der bei solchen Festivitäten übrigens extrem stark einschränkend ist.

Wein

Selbstredend gab es auch noch Wein - außer für mich. Die anderen aßen auch noch etwas, aber ich war von den Kuchenmengen noch satt und probierte lediglich ein paar kleine Stücke der Reibekuchen des Herrn Lebensabschnittsgefährten. Sehr lecker waren die! Aber eine eigene Portion war mir zuviel und würden mir meine Eingeweide auch arg übel nehmen. Als wir beim Wein saßen, fing es an zu tröpfeln. Zur Musik von der Spider Murphy Gang wurde der Regen langsam stärker und die Luft kühler. Daher beschlossen wir irgendwann, wieder in die Wohnung der Bekannten zu gehen. Die beiden hatten ja auch noch Wein gekauft und der Herr Lebensabschnittsgefährte hatte noch die Gelegenheit, Federweißen zu trinken. Ich habe einmal genippt und das Zeug für ungenießbar befunden.

Spät abends machten wir uns auf den Heimweg. Aufgrund des Alkoholkonsums fuhr ich. Ich war höllisch müde, denn ich war bereits seit fünf Uhr wach, am Abend zuvor waren wir sehr spät im Bett und der Tag war anstrengend. Müdigkeit und Nachtblindheit führten dazu, dass ich kaum etwas sehen konnte. So zuckelten wir streckenweise nur mit 80 km/h über die Autobahn, so lange ich damit niemanden behinderte.

Glücklicherweise fand ich daheim direkt vor der Tür einen Parkplatz. Wir fütterten die Katze, machten noch einen Abstecher ins Badezimmer und fielen todmüde in die Betten.

Author

dark*

Immer gerne auf Tour, am liebsten im Norden

22. September 2018