Von Rostock nach Bergen
Eine Woche bevor es losging, bekam ich von der Bahn bereits eine E-Mail, dass sich etwas an meiner gebuchten Verbindung geändert hätte. Der Zug, den ich gebucht hatte, fuhr nicht. Stattdessen auf derselben Linie zur selben Uhrzeit ein anderer IC.
Der Wecker klingelte um 6 Uhr. Wie so oft begann unser Urlaub zu nachtschlafender Zeit. Nach meinem Kaffee ging ich duschen und während der Lebensabschnittsgefährte unter der Dusche stand, machte ich unser Frühstück fertig und trank einen 2. Kaffee. Als alle Vorbereitungen zum Abmarsch erledigt waren, machten wir uns auf den Weg zur S-Bahn. Es war 10 °C warm, ich hatte meine Winterjacke an und schwitzte.
Am Hauptbahnhof Rostock waren wir viel zu früh. Wir hatten noch etwa 45 Minuten Zeit. Allerdings ist der Rostocker Hauptbahnhof eher übersichtlich, da ist es nicht so einfach, die Zeit totzuschlagen. Zunächst gingen wir auf der einen Seite raus und machten dort ein Photo.
Dann gingen wir auf der anderen Seite raus und machten dort ebenfalls ein Photo.
Die Geschäfte sind auf beiden Seiten identisch: eine Buchhandlung, ein Bäcker, ein Reiseshop, ein Imbiss. Auf der Südseite ist dann noch ein Reisezentrum und eine Info. Das war’s. Die Info bestätigte mir eher mäßig gelaunt - ich störte beim Kaffee - dass sich nur die Zugnummer geändert hat, sonst nichts.
Ich holte mir noch einen Kaffee fürs Frühstück, dann gingen wir zum Gleis. Dort bot sich eine hübsche Aussicht auf die Gleise im Sonnenaufgang und unseren einfahrenden Zug.
Im IC von Rostock nach Hamburg frühstückten wir erst einmal. Ich wäre ja geneigt “in Ruhe” hinzuzufügen, aber dem war nicht so. Am Zugfenster waberten Frühnebelschwaden vorbei und der Lebensabschnittsgefährte wechselte ständig zwischen Nutellabrot und Kamera hin und her.
Beim Sitz hinter mir klingelte das Handy, Klingelton: “I feel good!” und aus mir rutschte ziemlich laut heraus: “Ja, vielen Dank auch für den Ohrwurm!”
Die Fahrt nach Hamburg verlief ruhig und wir kamen pünktlich an. Vom Hamburger Hauptbahnhof aus mussten wir mir der S-Bahn weiter nach Fuhlsbüttel zum Flughafen. Auch das klappte reibungslos.
Wir waren viel zu früh am Flughafen. Da mein Vertrauen in die Bahn ein wenig getrübt ist, buche ich immer sehr rechtzeitig, wenn ich ein Schiff oder Flugzeug bekommen muss. Lieber setze ich mich noch in ein Café, um die Zeit totzuschlagen, als mein Transportmittel zu verpassen. Zunächst gingen wir auf die Aussichtsterrasse, dann aßen wir eine Kleinigkeit bei McDonald’s.
Zum Flugzeug mussten wir mit dem Bus fahren. Mein Rücken schwächelte mittlerweile ziemlich. Seit es vor 10 Tagen im Rücken knackste und dann furchtbar weh tat, habe ich wieder ziemlich üble Rückenschmerzen. Auf den Bänken im Wartebereich zu liegen, war nicht wirklich eine Option, da die zu schräg waren. Also lief ich die ganze Zeit herum, schlenkerte albern mit den Armen herum und versuchte irgendwie, meinen völlig verspannten Rücken ein wenig zu lockern. Das gelang immerhin gut genug, um meinen Rucksack noch ins Flugzeug zu schleppen.
Die Maschine war angenehm klein, nur 2er-Reihen und nur wenig gebucht. Das Wetter war fürchterlich, dunkelgraue Wolken am Himmel und regnerisch. Durch die dicke Wolkendecke mit einem so kleinen Flugzeug zu fliegen, ist nicht so angenehm. Als wir über Nord-Dänemark bzw. dem Übergang zum Skagerrak waren, wurden wir noch einmal ein wenig durchgeschüttelt.
Und auch im Landeanflug auf Bergen wackelte alles ziemlich. Die Wolkendecke riss auch erst auf, als man die Dächer der Häuser quasi schon mit der Hand streicheln konnte. Auch diesmal, wie schon im Mai beim Flug nach Warschau, hatte ich übelste Ohrenschmerzen bei der Landung. Ich muss wohl doch mal zum Arzt.
Vom Flughafen in die Stadt fährt eine Straßenbahn im 4-Minuten-Takt. Die Fahrt dauert 44 Minuten. Man sieht quasi schon die halbe Stadt, bevor man überhaupt da ist. Dabei fährt man durchs Paradies und durch Florida
Unsere Unterkunft war mitten im Zentrum von Bergen. Von der Straßenbahn bis zum Gjesthus (auf Hotel hatten wir wie immer keine Lust) war es aber nicht mehr weit. Dafür goss es in Strömen. Wir waren schon ziemlich nass, als wir in der Unterkunft ankamen. Aber egal, der Ohrwurm des Tages lautete schließlich “I feel good!”
Unser Zimmer war klein und gemütlich, das Bad direkt gegenüber. Die Unterkunft war sauber und die Küche voll ausgestattet. Ich machte mir einen Kaffee, dann legten wir uns erstmal aufs Bett. Rücken und Ohr erholten sich, der Körper kam wieder auf Betriebstemperatur. Laut Wetter-App sollte es am nächsten Tag etwas schöner werden. In Bergen regnet es zwar eigentlich immer, aber ganz so stark wie an diesem Nachmittag dann wohl doch nicht.
Dennoch mussten wir nochmal los, wir brauchten ja noch Futter. Etwa zwei Minuten von der Unterkunft entfernt ist ein Supermarkt, den steuerten wir an. Brot, Nugatti und Käse fürs Frühstück, zum Abendessen sollte es Tomatensuppe mit Reis geben, wir hatten ja mittags schon gegessen.
In der Unterkunft machten wir uns einen Tee und lernten Vokabeln. Im Januar 2018 hatten wir angefangen, die norwegische Sprache zu lernen. Allerdings stagnierte das ja schon auf Island und auch in diesem Jahr mit dem Umzug sind wir nicht wirklich weiter gekommen. Anfang September haben wir endlich mal wieder angefangen, den Vokabeltrainer abzuarbeiten und die bisher gelernten Kapitel zu wiederholen. Da kommt die Reise jetzt ganz gelegen zur Auffrischung.
Der Aufzug war der Brüller. Als wir in der Unterkunft ankamen, gingen die Türen zu, bevor ich komplett drin war. Er klemmte - ungeachtet der obigen Warnschilder, meinen Rucksack zwischen die Türen ein.
Das Nottelephon hilft auch keinem mehr, auch nicht bei Feuersbrunst. Wie soll man denn da der Dienerschaft Warnung geben?
Anschließend planten wir mit dem Stadtplan von Bergen und der aktuellen Wettervorhersage noch grob, in welcher Reihenfolge wir am nächsten Tag unsere Must-Sees abhaken wollten. Um kochen zu können, mussten wir eine Weile warten. Die Gemeinschaftsküche war ziemlich überlaufen. Das drückte ein wenig die Laune, zumal mein Reinlichkeitsempfinden nur selten mit dem anderer Nutzer von Gemeinschaftsküchen kompatibel ist. Als in der Küche endlich etwas Ruhe eingekehrt war, spülte ich erstmal alles, was ich zu benutzen gedachte, dann machten wir unser Essen. Nach dem Abendessen legten wir uns mit einem Donald-Duck-Heft auf Norwegisch, das im Gemeinschaftsraum rumlag, ins Bett und lasen noch Donald - unter Zuhilfenahme eines Online-Wörterbuches.
Zeitig gingen wir Zähne putzen und legten uns schlafen.
Hier die Lebensabschnittsgefährtengalerie des 1. Tages: