Tag 3 und 4 - Schönes Wetter und Sightseeing
Als ich an diesem Morgen wach wurde, war ich immer noch müde wie sonstwas, hatte Probleme, die Augen zu öffnen, meine Mundschleimhaut fühlte sich an, als hätte ich Säure aufgeleckt, mein Kiefer schmerzte, der Nacken war verspannt und ich hatte höllisch Kopfschmerzen. Und Geburtstag. Das Wetter war top, auf Kaffee hatte ich keine Lust, zum Frühstück gab’s Tee. Ich machte mich fertig, was ziemlich lange dauerte. Dann räumten wir den Camper auf und fuhren los.
Nach Essen stand mir nicht so recht der Sinn. Der Herr Lebensabschnittsgefährte hatte natürlich Hunger, der gestillt werden wollte. Er gönnte sich so ein Hybrid-Ding aus Wrap, Hot-Dog und Kartoffelbrei. Tunnbrödsrulle nennen die Schweden das. Ich entschied mich für einen Schinken-Käse-Toast, mehr wollte mein Organismus nicht.
Am frühen Nachmittag passierten wir nach nur 42 Stunden Reisezeit endlich die norwegische Grenze.
Meine Lebensgeister erwachten, langsam zwar, aber immerhin. Auch die hämmernden Kopfschmerzen verabschiedeten sich allmählich. Mit ein bisschen Glück wurde doch noch alles gut und ich konnte die Reise endlich genießen.
Weit fuhren wir aber nicht mehr durchs herbstliche Norwegen, schon am Nachmittag machten wir uns auf die Suche nach einem Stellplatz und fanden diesen in der Nähe von Ørje in einem verlassenen Stein- bzw. Sandbruch.
Während des Abendessens testeten wir zum ersten Mal unsere neue Heizung. Das Gebläse ist zwar ein wenig laut, aber die Wärme, die sich innerhalb erfreulich kurzer Zeit einstellt, ist schon eine tolle Sache. Ich machte ein paar Notizen für den Blog, dann aßen wir zu Abend. Wir gingen früh zu Bett. Der Herr Lebensabschnittsgefährte guckte noch ein oder zwei Folgen einer Serie, während ich einfach nur ausgestreckt lag und froh war, dass der Tag auch endlich vorbei war. Aber trotzdem ich immer noch schrecklich müde war, brauchte ich recht lange zum Einschlafen. Und kurz bevor ich endgültig in Morpheus Arme entschwand, drang ein Laut durch den Wald, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ: Ein röhrender Hirsch nicht allzu weit entfernt. Als der Adrenalin-Spiegel und mein Herzschlag sich wieder normalisiert hatten, schlief ich endlich ein.
Zum Schluss wie immer die Statistik: 371 Kilometer sind wir an diesem Tag gefahren.
Am nächsten Morgen war es ziemlich frisch im Camper, 4 °C herrschten draußen. Mein Körper verlangte endlich wieder nach Kaffee - und nach wohliger Wärme aus unserer tollen Luftstandheizung. Die wiederum beschwerte sich allerdings über die ihrer Meinung nach unzureichenden Stromversorgung aus unserer Powerstation und schaltete sich kurzerhand wieder ab. Hm. Vielleicht war die Powerstation zu kalt und brachte deswegen nicht die gewünschte Leistung. So ein Mist. Also in der Kälte anziehen, den Körper mit Kaffee aufwärmen, Katzenwäsche mit eiskaltem Wasser und dem Körper Energie in Form von Frühstück zuführen.
Die Temperaturen stiegen zwar leicht, dafür setzte Regen ein. Also nichts wie raus aus dem Camper und nach vorne in die Kabine, wo es wenigstens eine funktionierende Heizung gibt. Die Powerstation nahmen wir mit nach vorne. Dort sollte sie nicht nur über den 12-Volt-Anschluss laden, sondern auch von der Heizungswärme profitieren, um nicht wieder zu kalt zum Heizen zu sein.
Vom Wetter ließen wir uns die Laune nicht verderben. Unser nächstes Etappenziel war Kongsvinger. So ganz konkrete Planungen hatten wir für den weiteren Verlauf noch nicht. Vielleicht weiter nach Røros und dann Richtung Küste und wieder zurück. Mal sehen, was das Wetter und die Zeit für uns bereit halten.
Am Wegesrand stand ein Schild, das auf eine Sehenswürdigkeit hinwies: Sootkanalen. “Oh, guck mal, eine Sehenswürdigkeit. Sollen wir uns die angucken?” Spontan beschlossen wir, uns das anzusehen, und bogen ab. Als wir die Straßen hinunter fuhren, kam uns das alles irgendwie bekannt vor. Am Sootkanal angekommen war klar: Hier waren wir schon einmal! Im Winter 2018, als wir in Elverum und auch Kongsvinger waren, ereignete sich exakt die gleiche Situation: “Oh, guck mal, eine Sehenswürdigkeit. Sollen wir uns die angucken?” Wir mussten lachen. Vor knapp drei Jahren lag hier Schnee, heute war es herbstlich nass. Wir liefen den Weg ein kleines Stück hinauf, knipsten ein paar Bilder und fuhren dann wieder zurück.
Der Kanalbau begann im 18. Jahrhundert. Das Schleusensystem überbrückt auf einer Strecke von 1,5 Kilometern einen Höhenunterschied von 25 Metern mit insgesamt 16 Schleusen. Bis 1932 wurden hier Baumstämme transportiert.
Als nächstes fuhren wir nach Morokulien. Die skandinavische Friedensrepublik liegt auf der Grenze zwischen Schweden und Norwegen. Im August 1914, exakt 100 Jahre nach den letzten militärischen Handlungen zwischen den beiden Staaten, wurde hier ein Friedensmonument eingeweiht.
Hier gibt es auch die kürzeste Brücke der Welt zwischen zwei Ländern.
Zur 200-Jahrfeier bekam Morokulien eine Friedensglocke aus Süd-Korea geschenkt von einem dortigen Friedenspark.
Morokulien ist kein eigener Staat, verfügt aber über eigene Poststempel sowohl auf norwegischer als auch auf schwedischer Seite. Leider war das Informationszentrum geschlossen, so dass wir keine Postkarten verschicken konnten. Da müssen wir wohl noch einmal wiederkommen.
An der Grenze zwischen Norwegen und Schweden ist eine Entsorgungsstation für Camper, wo wir unsere Abwässer entsorgten. Und währen wir dies taten, fuhr ein schwedischer Militärkonvoi an uns vorbei.
Wir fuhren weiter, unser nächster Halt war Kongsvinger.
Auf der Festung waren wir zwar auch vor drei Jahren, aber da war es so lausig kalt mit eisigem Wind, dass wir es nicht lange dort ausgehalten hatten. Also schauten wir uns die Festung nun noch einmal im Ruhe an.
Anschließend fuhren wir den Finnskogveien. Die Straße schlängelt sich durch Wälder hindurch und an Seen entlang. An einem dieser Seen schlugen wir auf einem Parkplatz unser Nachtlager auf.
Die Heizung funktionierte wieder, die warmgehaltene Powerstation funktionierte tadellos. Auch die Gaskartusche darf in der Fahrerkabine mitfahren, damit sie zum Kochen warm genug ist. Für unseren Kocher haben wir (noch) kein Wintergas, daher wärmen wir das Gas mit Körperwärme. Nachts darf die Kartusche sogar mit ins Bett, damit sie mir morgens meinen Kaffee zubereitet. Die Powerstation wird für die Nacht in eine Wolldecke gewickelt in der Hoffnung, dass sie so nicht zu sehr auskühlt. Ich bereite abends noch die Blogbeiträge vor, der Lebensabschnittsgefährte guckt seine Serie und nach dem Essen gehen wir zu Bett.
Zum Schluss wie immer die Statistik: 192 Kilometer sind wir an diesem Tag gefahren.