Der lange Weg zum Dreiländereck
Seit Beginn der Pandemie haben wir außer der Familie niemanden getroffen. Nun war es soweit. Die Familie einer Freundin hat ein Ferienhaus in Tschechien und eine Wohnung in Prag (in der wir auch schon waren). Derzeit machen sie Urlaub im Ferienhaus, und dort wollten wir für ein Wochenende hin.
Wir sind keine Sommerurlauber, weswegen wir keine größeren Reisen geplant haben. Im Camper ist es im Hochsommer eh viel zu warm, da finde ich es Zuhause erholsamer und spare mir die Urlaubstage lieber für die anderen drei Jahreszeiten. Unser geplanter Urlaub im Juni (bevor überall Sommerferien beginnen) musste leider wegen der Infektion, die wir uns beim Open-Air-Konzert eingefangen haben, abgesagt werden. Anschließend waren wir etwas ideen- und lustlos.
Da die Mutter meiner Freundin gesundheitlich stark eingeschränkt ist, war bis kurz vor Abfahrt noch unklar, ob es mit dem Wochenende klappen würde. Außerdem war es von Dienstag bis einschließlich Donnerstag so unerträglich warm, dass mir die Lust auf Vorbereitungen vergangen war. Der Donnerstag war dementsprechend etwas hektisch. Wenigstens hatte ich am Vormittag schon ein Brot gebacken, um 14:30 Uhr wusste ich immer noch nicht, ob wir um 16 Uhr fahren wollten oder nicht und ich schrieb die Freundin an. Um 15:30 Uhr stand es dann endlich fest. In der Zwischenzeit hatte ich mir und dem Lebensabschnittsgefährten noch schnell die Haare geschnitten. Wie die halbwilden wollten wir dort schließlich auch nicht aufkreuzen. Und dann begann ich unser Zeug zusammen zu packen.
Damit ich nicht in totale Hektik ausbrach und um am Freitag ein etwas größeres Zeitpolster zu haben, arbeitete der Lebensabschnittsgefährte eine Stunde länger. Ich füllte die Wasserkanister, raffte ein paar Klamotten und Lebensmittel zusammen, um 17 Uhr ging es los.
Unser erstes Ziel war ein Schlafplatz von Landvergnügen kurz vor Berlin. Bei dem System zahlt man eine Jahresgebühr und es gibt über ganz Deutschland verteilt eine Reihe von Bauernhöfen, Landbäckereien, Landgasthöfen usw. auf deren Parkplätzen man als Mitglied kostenlos übernachten kann.
Manch einem mag es albern erscheinen, dass wir auf bundesdeutschen Autobahnen Tagesetappen von nur 200 Kilometern planen, aber zum einen gehört das Entschleunigen für uns dazu - insbesondere seit wir Bert haben. Und zum anderen muss der Herr Lebensabschnittsgefährte am nächsten Tag noch acht Stunden arbeiten, wofür er einigermaßen ausgeruht sein sollte.
Nach 20 Uhr verschwand die Sonne und wir verließen die Autobahn und fuhren zum angegebenen Platz, auf dem wir bis 21 Uhr angekommen sein sollten.
Der Platz an sich war sehr schön hergerichtet, aber leider war dort sehr viel Verkehr und es fuhren ständig irgendwelche Transporter auf den Parkplatz und wieder herunter. Da man im Sommer mit offenem Fenster schläft, war das teilweise schon unangenehm laut. Am meisten genervt hat mich allerdings der Camper neben uns, der entgegen der Angabe “Anreise bis 21 Uhr” erst gegen Mitternacht eintraf, sich direkt neben uns stellte und dann ziemlich lange seinen alten Transporter mit der klemmenden und quietschenden Seitentüre umbaute. Als die endlich verstaut und im Bett waren, konnte ich auch einschlafen.
Am nächsten Morgen machten wir uns nach dem Weckerklingeln sofort abreisefertig und waren schon vor 7 Uhr wieder unterwegs. Wir wollten morgens knapp 2 Stunden fahren, um an Berlin vorbeizukommen bzw. durchzufahren.
Auf der Raststätte Rüblingsheide machten wir dann halt, es gab noch schnell ein kleines Frühstück und dann begann der Herr Lebensabschnittsgefährte zu arbeiten, während ich mit Kaffee langsam wach wurde.
Kaffee … Man mag es kaum glauben, aber ich habe den Kaffee zuhause vergessen. Daher gab es nur “Zaubertrank”, diesen 2in1 löslichen Kaffee in Portionsbeuteln, den ich immer für Kurztrips, Tagesausflüge oder Notfälle im Camper lagere. Besser als nichts. Ferner haben wir unsere Cornflakes vergessen, dafür aber insgesamt vier Liter Milch dabei, für die wir ohne Kaffee und Cornflakes keinerlei Verwendung haben.
Auf der Raststätte parkten wir im hinteren Bereich, wo man als Durchreisender nicht so gerne hinfährt, weil der Weg zur Infrastruktur am weitesten ist. Dort war es einigermaßen ruhig, die Autobahn nur ein gleichmäßiges Dauerrauschen. Für den Vormittag hatten wir noch einen Schattenplatz. Da die Sonne über Mittag ohnehin verschwand, hatten wir unseren Camper zur Mittagszeit auf die andere Straßenseite gestellt, um auf der Heckklappe kochen zu können. Wir machten uns Chili.
Genau genommen wärmten wir es nur auf. Im Winter habe ich mich mal mit dem Thema Einkochen beschäftigt und mache seither solche Gerichte in Gläsern ein, um sie im Camper mitnehmen zu können. Aufwärmen braucht nunmal deutlich weniger Gas als frisch kochen.
Den Arbeitsnachmittag verbrachten wir auf der Bank der Raststätte im Schatten der Bäume, belästigt von den üblichen Rastplatzbewohnern: Fliegen, Wespen und Ameisen.
Um 16 Uhr war Feierabend und wir fuhren weiter Richtung Dreiländereck Deutschland - Tschechien - Polen. Ich hatte einen schönen Wanderparkplatz im Wald ausfindig gemacht, auf dem wir übernachten wollten.
Wir fuhren ohne Navigation, wir mussten ja nur der A13 folgen bis kurz vor Dresden und dann auf die A4 wechseln. Ab dort wollte ich dann wieder auf die Karte gucken. So der Plan. Plötzlich meinte der Lebensabschnittsgefährte: “Letzte Abfahrt vor der Bundesgrenze”. Huh? Oje, erstmal runter von der Autobahn, nach Polen wollten wir eigentlich nicht.
Ich ließ die Navigation die Route berechnen und wir fuhren jetzt eine sehr schöne Strecke über Land zu unserem Stellplatz.
Die Gegend dort ganz tief im Osten von Sachsen ist wirklich sehr schön. Und ganz nebenbei stellte sich auch noch eine Freiwillige Feuerwehr vor meine Knipskiste. Wer meinen Blog schon länger liest, hat vielleicht mitbekommen, dass die diese kleinen Dorffeuerwehren total hübsch finde und gerne knipse.
Damit nicht genug fuhren wir auch noch durch ein Tagebaugebiet, den Tagebau Reichwalde.
Den Bergbau selbst haben wir nicht gesehen. Ich vermute, wie sind durch eine Gegend gefahren, die noch abgebaggert wird oder schon wurde, sicher weiß ich es aber nicht. Beim Aussichtspunkt waren wir nicht, weil wir zu müde und fertig waren. Leider.
Nach dem Tagebau ging es noch einmal ein Stück auf einer Bundesstraße weiter und dann auf kleineren Land- und Dorfstraßen bis zum Stellplatz.
Als wir auf dem Parkplatz ankamen, trauten wir unseren Augen kaum. Da stand ein Hochdachkombi und die Insassen hatten trotz Waldbrandwarnstufe IV den Gaskocher neben dem Auto in Betrieb. Leute, Leute, macht das nicht! Aber abgesehen davon war es dort völlig ruhig. Es fuhren nur noch wenige Autos auf der Straße vorbei. Nicht einmal Vögel waren in unmittelbarer Nähe zu hören. Lediglich ein paar Libellen sah ich vorbeifliegen. Die Ruhe wurde noch dadurch komplettiert, dass wir dort auch kein Internet hatten.
Am Abend startete ich erst einmal eine intensive Waschaktion, um den klebrigen Schweiß der Tageswärme abzuwaschen. Da ich hierzu keinerlei Seife verwendete, spendete ich das Wasser der Vegetation. Dann fielen wir ziemlich müde und erledigt ins Bett. Hitze ist anstrengend.
Es ist der Hitze geschuldet, dass ich an beiden Tagen vergessen habe, die Stellplätze zu knipsen. Aber immerhin haben wir am Dreiländereck an das Statistik-Photo gedacht: 538 Kilometer bis hierher.