Von Norddeich nach Harlesiel

Die erste Fahrrad-Etappe sollte uns von Norddeich bis Harlesiel führen, wo eine Rundfahrt auf der Nordsee und zu den Seehundbänken geplant war. Ich war ziemlich aufgeregt und bereits um sechs Uhr hellwach. Zum Vor-Frühstück gab es als Kaffee-Ersatz den Latte Macchiato aus der Kühlung, den wir am Tag zuvor gekauft und über Nacht auf der Fensterbank gekühlt hatten. Ich weiß schon, warum ich Ferienwohnungen Hotelzimmern vorziehe, da kann ich mir wenigstens Kaffee machen, bevor ich unter Leute gehe.

Fruehstuecksraum

Der Frühstücksraum, der gleichzeitig ein Fischrestaurant ist, ist urig und im Stil norddeutscher Fischrestaurants (wie Touristen sie erwarten) gehalten. Es war ganz gemütlich und das Frühstücksbuffet war in Ordnung. Wir schaufelten Brötchen in uns hinein, dann packten wir unsere Klamotten zusammen und auf die Fahrräder. Blöderweise hatte ich vergessen, die Tüte über meinen Fahrradsattel, der bedauerlicherweise bei Regen Wasser aufnimmt, um dieses dann großzügig an mein Hinterteil wieder abzugeben, zu stülpen. Das ging ja gut los ...

Nasser_Sattel

Wir kurvten am Hafen vorbei, ein letztes Mal über den Bahnübergang zwischen den beiden Bahnhöfen von Norddeich und nahmen Abschied von dem hübschen kleinen Ort an der Küste. Zwei ältere Herren mit Hund, die ortsansässig aussahen, befragten wir noch einmal, ob wir auch auf der richtigen Fährte seien und das Fahren mit dem Fahrrad dort erlaubt sei. Sie bestätigten dies und auch, dass wir die Tore passieren durften, so lange nichts anderes angegeben war. Diese Information verwirrte mich noch ein wenig, bis wir am ersten Tor angelangt waren:

Tor_am_Deich

Diese Art der Begrenzung findet man an der gesamten Küste entlang in den Dünen und am Deich. Später sollten wir erkennen, dass sie dazu dienen, die Schafe einzuzäunen. Nun aber lag nichts mehr vor uns und wir traten in die Pedale, Ruhe und die frische Luft genießend. Wobei die Luft ja auch nur so lange frisch ist, wie man den Muffgeruch vom Watt ignorieren kann.

Am_Deich_entlang

Nach einem Stück Weg kamen wir erstmals an ein verschlossenes Tor und mussten auf die andere Seite des Deichs wechseln, wo der offizielle Radweg, der eben auch Teil der North Sea Cycle Route ist, entlang führt.

Tor_Deichanlage

Hier begegneten wir auch den ersten Schafen. Schafe sind toll. Und Schafe sind recht gute Gärtner, wenn es darum geht, Grünzeug kurz zu halten ohne die Grasnarbe zu zerstören. Eine bessere Wiesenpflege kann man sich nicht vorstellen und hübscher als die in Norddeich verwendeten Benzinrasenmäher sind sie außerdem.

Auf dem Radweg waren einige Nacktschnecken unterwegs, denen ich ausweichen musste. Dabei hätte ich beinahe die Kröte überfahren, die mitten auf dem Weg saß.

Kroete

Offensichtlich hatte sie bereits eine unangenehme Begegnung hinter sich, denn sie war verletzt. Wir wussten nicht so recht, wie wir ihr helfen konnten, und setzten sie ins feuchte Gras in der Hoffnung, dass sie sich dort erholen würde.

Wir konnten wieder auf die Meerseite vom Deich wechseln und kamen an das nächste, anders aussehende Tor.

Weidetor

Mit einiger Sorge betrachtete ich das grüne Schild:

Jungviehweide

Oh, oh. Vor Kühen habe ich Angst. Allerdings war hier weit und breit keine Kuh zu sehen, also ging ich davon aus, dass die zurzeit auf einer anderen Weide grasen würden. Allerdings wurde ich nach der nächsten Kurve eines Besseren belehrt.

Kuehe

Ohje! Ich hoffte inständig, die würden da auf ihrem Grün bleiben und mich unbehelligt vorbei fahren lassen, was sie auch taten. Als wir um die nächste Kurve bogen, sahen wir zur linken Hand auf der Weide einen Trecker stehen, um den herum einige Kühe standen. Rechts von uns war ein Zaun, an dem ebenfalls Kühe standen und Richtung Trecker und Artgenossen muhten. Nachdem wir an ihnen vorbei waren, setzten sich die Kühe am Trecker in unsere Richtung in Bewegung. Wir blieben stehen und filmten, fluchtbereit, falls sie in unsere Richtung abbiegen würden.

Glück gehabt! Wir fuhren ein Stück weiter, immer wieder berauscht von der tollen Landschaft und Natur. Es macht wirklich Spaß, dort entlang zu radeln.

Doch schon bald stand der nächste Schock in Form von geflecktem Vieh auf unserem Weg:

Irks. An denen mussten wir vorbei, half alles nichts. Ich habe das Spektakel für die Nachwelt im Video festgehalten und mit piepsiger Stimme kommentiert. Anfangs lag die Hand noch auf dem Lenker und es ist arg wackelig, das hört aber nach ein paar Sekunden auf.

Ich dachte, ich muss sterben! Ich drehte mich noch einmal um, um das Kälbchen anzuschauen und dann machte ich mich auf und davon. Ich war heilfroh, als wir die Viehweiden hinter uns gelassen hatten und auf Neßmersiel zuradelten. Von dort aus machten sich gerade mehrere Gruppen auf zu geführten Wattwanderungen. Diese Völkerwanderungen wirken ziemlich grotesk auf den Betrachter.

Wattwanderer

Weiter ging es Richtung Dornumersiel. Die großen und die kleinen Schafe bestimmten wieder das Bild.

Wir machten an einer Buhne halt. Ich tappste ein wenig unsicher auf den Steinen herum, wollte das Geräusch, welches das Watt macht, aufzeichnen.

Es klingt wie ein riesiger See gefüllt mit Mineralwasser.

Anschließend noch ein wenig Landschaftsgeknipse und dann fuhren wir weiter. Wenn wir unseren Zeitplan noch halbwegs einhalten wollten, konnten wir nicht alle fünf Minuten Pause machen.

Wir erreichten Dornumersiel. Der dortige Campigplatz macht einen ganz netten Eindruck und am Strand steht eine coole Kinderrutsche mit einem kleinen Aussichtsturm. Sollte ich je in die Versuchung kommen, an der ostfriesischen Nordseeküste zu campen, wäre dies meine erste Wahl.

Der Lebensabschnittsgefährte ist übrigens auch mal gerutscht. *g*

Und die Möwen haben Geschmack.

Moewen_moegen_auch_Eis

Als nächste Ortschaft folgte Bensersiel, was mir persönlich nicht so gut gefallen hat. Dort war ziemlich viel Trubel und es war alles ein wenig zu sehr auf die Touristen abgestimmt. Ein wenig abseits kann man aber doch ganz brauchbare Photos machen.

Weiter ging es durch Schafe, Schafe und nochmals Schafe.

Durch_die_Schafe

Und zur Abwechslung blieb ich mal wieder stehen und knipste ein Schaf.

Schaf1

Der nächste Ort ist Neuharlingersiel. Dieser Ort war total hübsch, rund um den kleinen Fischerhafen war gerade Wochenmarkt, der leider abgebaut wurde, als wir dort ankamen. Wir waren aber mittlerweile so hungrig, dass wir völlig vergessen haben, davon Photos zu machen.

Das letzte Stück zwischen Neuharlingersiel und Harlesiel taten mir die Knie weh und ich war schon ein wenig schlapp, was nicht zuletzt daran lag, dass es höchste Zeit fürs Mittagessen war. Unser Plan sah vor, in Harlesiel Tickets für das Schiff zu besorgen und dann noch etwas zu essen. Erinnerlich legte das Schiff um 15:30 Uhr ab.

Bock_auf_Bier

Endlich war der Ort in Sicht! Ich strampelte mich ab, vorbei am Campingplatz und diversen Gebäuden, über die Harle hinweg und zum Verkaufsschalter für Schiffstickets. Dort erfuhr ich, dass ich auf der falschen Seite der Harle war und zurück zum Osthafen musste. Und dort sah ich auch, dass das Schiff bereits um 14:30 Uhr ablegen würde. Es war 14:15 Uhr! Wir beeilten uns, auf die andere Seite zu kommen und ich kaufte in Windeseile zwei Tickets. Unsere Fahrräder banden wir am Hafen fest und betraten so ziemlich als letzte Passagiere die MS Jens Albrecht III. Uff!