Auf nach Norwegen!
Ich wollte kein Geburtstagsgeschenk, ich wollte verreisen. Da wir im Sommer so lange in Island waren, haben wir uns in der ersten Jahreshälfte teure Norwegen-Trips verkniffen, so bestand dringender Nachholbedarf. Als neulich wieder das Angebot der SAS ins E-Mail-Postfach flatterte, äußerte ich den Geburtstagswunsch und bekam ihn auch prompt erfüllt. Später machten wir uns dann Gedanken, was wir mit unserem Flug anstellen sollten und kamen irgendwann auf die Idee einer kleinen Rundreise mit Bus und Zug. Auf geht's!
Der Wecker klingelte um halb Sieben. Ich flößte mir einen Kaffee ein, um halbwegs wach zu werden, denn am Vorabend konnte ich traditionell nicht einschlafen. Nach dem Kaffee ging ich direkt unter die Dusche. Ich komme am frühen Morgen besser zurecht, wenn ich gar nicht erst eine Chance habe, in dem Bummelmodus umzuschalten. Nach dem Duschen begann ich mit Räumen und Packen, was man halt vor Abreise so macht: Zusätzliche Katzenklos aufstellen, letzte Geschirrteile reinigen, Kaffeemaschine ausschalten und ausleeren, Katze bei Laune halten, restliches Zeug in Taschen stopfen, Fische füttern usw. Nachdem der Herr Lebensabschnittsgefährte im Bad fertig war, gab es Frühstück und dann mussten wir auch schon bald los.
Am Tag zuvor waren wir bei den Schwiegereltern, da gab es Kuchen, gute Wünsche für die Reise und selbstgestrickte warme Socken für Norwegen. Wir nahmen das Auto anschließend mit nach Hause. Der Plan sah vor, mit dem Auto ins Büro zu fahren, dort unsere Laptops während unserer Abwesenheit zu deponieren und dann mit dem AirLiner, der quasi vor der Bürotür abfährt, zum Flughafen zu fahren.
Letzter Punkt gestaltete sich schwierig, der AirLiner hatte über 20 Minuten Verspätung. Wir liefen zum Luisenplatz, wo ich auch noch schnell ein bisschen Bargeld für einen Kaffee am Flughafen holte. Dann fuhren wir mit dem Bus zum Bahnhof, von dort mit der S-Bahn nach Dreieich-Buchschlag und von dort mit dem Bus zum Flughafen. Als wir die die Autobahn passierten, sahen wir dort einen kilometerlangen Stau. Möglicherweise steckte in dem auch unser AirLiner fest, unwahrscheinlich war das nicht. Die Entscheidung, mit der S-Bahn zu fahren, statt auf den Bus zu warten, war sicher nicht die schlechteste.
Eigentlich hatte ich vor, am Flughafen ein zweites Frühstück einzunehmen. Aber zunächst einmal war dort, wo es Frühstück gab, alles abgesperrt. Überall standen Polizisten herum und uns gegenüber war ein Hundeführer mit seinem Hund positioniert. Schon auf dem Hinweg war der Herr Lebensabschnittsgefährte etwas erstaunt über das Fahrzeug des Kampfmittelräumdienstes. Nun fragten wir uns, um da eventuell ein Zusammenhang besteht. Nach einigen Minuten hob einer der Offiziellen innerhalb der Absperrung den Daumen, um zu signalisieren, dass alles in Ordnung war. Die Polizisten wirkten sofort etwas entspannter und begannen damit, das Absperrband einzusammeln. Als wir weitergingen sahen wir, dass da ein kompletter Kofferwagen voller Gepäck anscheinend unbeaufsichtigt herumgestanden hatte.
Wir checkten das Frühstücksangebot und stellten fest, dass wir überhaupt keinen Hunger hatten und eigentlich auch nicht allzu viel Appetit. Also fuhren wir mit dem Skyliner weiter zum Terminal 1A, wo unser Gate sein sollte, und passierten die Sicherheitsabfertigung um das hinter uns zu bringen. Ich glaube, ich habe es noch nie geschafft, diese ohne Probleme zu platzieren. Irgendwas in meinem Gepäck kommt den Leuten da immer komisch vor. Diesmal war es die mobile Tastatur und mal wieder mein Wasserkocher. Ich sollte mir angewöhnen, den vor dem Röntgengerät schon aus der Tasche zu nehmen, dann geht alles etwas schneller.
Das Speisen- und Getränkeangebot im Security-Bereich ist überschaubar und den Herrn Lebensabschnittsgefährten plagten Bauchsorgen. Schließlich dauerte es noch 1,5 Stunden bis Abflug und dann zwei Flugstunden bis Oslo. Vorher war an vernünftiges Essen nicht zu denken. Im Angesicht von Start- und Landebahn gönnten wir uns noch ein Croissant und eine heiße Schokolade. Dann schlenderten wir weiter zum Gate. Unser Flugzeug traf auch bald ein.
Ich finde Flugzeugstarts immer wieder aufregend wie Achterbahnfahren. Und immer unmittelbar nach dem Abheben gibt es einen kurzen Moment, in dem ich jedes Mal denke, dass mein Kreislauf gleich ganz weg ist. Und dann bin ich eine ganze Weile mit meinen Ohren beschäftigt, die Flugzeugstarts- und Landungen nämlich gar nicht mögen.
An diesem Tag kam mir der Steigflug unendlich lange vor. Wahrscheinlich war der nicht länger als sonst auch, aber schon kurz nach dem Abheben waren wir in den Wolken und es dauerte ziemlich lange, bis wir endlich über den Wolken waren. Die Wolkenschicht über Deutschland war ziemlich dick an diesem Dienstag. Als wir Deutschland hinter uns gelassen hatten, wurde das Wetter besser und am Nordzipfel von Dänemark klarte es vollständig auf. Wir flogen ein wenig weiter östlich als sonst. Das könnte vielleicht mit dem Sturmtief zusammenhängen, das über der Nordsee und Norddeutschland hinwegfegen sollte an diesem Tag. Aus diesem Grund und weil der Himmel wolkenfrei war, sah ich nicht nur die Insel Læsø im Kattegatt, sondern auch zum ersten Mal die schwedische Schären-Küste von oben.
Mittlerweile befanden wir uns im Sinkflug und es wurde etwas ruckelig. Im Oslofjord konnte man sogar die Fähre der Color Line auslaufen sehen. Die Landung selbst war dann aber einigermaßen ruhig. Allerdings waren wir aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens in Frankfurt und des starken Gegenwindes, der den ganzen Flug über herrschte, 10 Minuten zu spät. Aber das war nicht allzu tragisch, dann nahmen wir halt einen Zug später nach Hamar.
Wir besorgten uns die Zugtickets am Automaten, mussten noch etwa 15 Minuten warten und dann ging es auch schon weiter.
Die norwegischen Nahverkehrszüge sind recht komfortabel und außerdem mit Kaffeeautomaten ausgestattet. Für 20 Kronen kann man sich die Zugfahrt mit einem Becher Kaffee angenehmer gestalten.
Vom Bahnhof zur Unterkunft gingen wir zu Fuß. Unser Gepäck war bewusst nicht allzu schwer und statt der Kabinenkoffer hatten wir Rucksäcke mitgenommen.
Dort angekommen testete ich erstmal meine Norwegisch-Kenntnisse, die wir uns seit Januar mühsam im Selbststudium aneignen, in ihrer natürlichen Umgebung. Ich stellte uns auf Norwegisch vor und sagte, dass wir ein Zimmer gebucht haben. Die Frau am Schalter fand dann auch unsere Buchung und erklärte uns auf Norwegisch, wo wir unser Zimmer finden würde, wann und wo es Frühstück gab und dass die Möglichkeit besteht, Abendessen, das in Norwegen eine warme Mahlzeit ist, zu bekommen. Außerdem gab sie uns die WLAN-Zugangsdaten. Und bis auf ein paar Kleinigkeiten hatten wir das auch alles verstanden. Das gibt Auftrieb und Motivation zum Weiterlernen.
Unsere Unterkunft war diesmal kein Hotel, sondern ein Hostel. Unser Zimmer war einfach und zweckmäßig, aber nicht ungemütlich. Wir planten hier eine Nacht Aufenthalt, wofür die Unterkunft mehr als ausreichend ist.
Nach einer Pause machten wir uns wieder auf den Weg, Lebensmittelbeschaffung. Zuvor suchten wir - erfolglos - die Gästeküche. Wir mussten an der Rezeption fragen, wo die ist. Diesmal war der Lebensabschnittsgefährte dran, seine Norwegischkenntnisse einzusetzen. Und es klappte auch hier wieder wunderbar. Wir nahmen die Küche in Augenschein, der Plan war nämlich, selbst was zu kochen.
Was wir in Island schon zu schätzen gelernt haben: Gemeinschaftsküchen in den Unterkünften, die von allen genutzt werden können. In Island haben das die Hostels, in den wir übernachtet haben, und auch viele der Campingplätze. Und auch in Norwegen gibt es viele Campingplätze, die Kochgelegenheiten oder Küchen bieten.
Unsere Unterkunft ist direkt gegenüber vom Vikingskipet, dem Eisschnelllauf-Olympiastadion der Olympischen Spiele 1994, heute Mehrzweckhalle. Ausrichter der Spiele war zwar die Stadt Lillehammer, aber die ist ja nicht so weit weg von Hamar und üblicherweise sind die Sportstätten ja immer über mehrere Orte verteilt. Neben dem Vikingskipet steht ein kleiner Aussichtsturm, den wir erklommen.
Im Supermarkt angekommen studierten wir das Konservensortiment und entschieden uns für Kjøttboller (bei IKEA-Fans als Köttbullar, wie sie auf Schwedisch heißen, bekannt) Fleischklöße in Tomatensoße, dazu Schnellreis. Der ist total praktisch, kann in der Mikrowelle zubereitet werden und ist in maximal 10 Minuten (inkl. Reismenge und Wasser abmessen) fertig.
Auf dem Rückweg kamen wir an einer Mischung aus Tiefgarage für Elektro-Autos und Lagerhalle vorbei, die im Souterrain liegt. Darin befindet sich auch eine Laderampe und auf der steht ein Klavier. Ganz normal, ich finde, auf jeder Laderampe sollte ein Klavier stehen.
Durch eine Wohngegend gingen wir zurück zur Unterkunft. Der Mond stand tief und schien hell, der Himmel war sternenklar.
Das helle Licht in der Mitte des Gebäudes auf dem Bild ist nicht etwa eine Lampe, sondern der Mond.
Bevor wir uns in der Gästeküche Essen machten, inspizierte ich erstmal die Küche. In der Spülmaschine fand ich verschimmeltes Besteck vor, weswegen ich diese nach dem Essen einschaltete. Außerdem wischte ich die Arbeitsplatte und den Herd ab. In dem Hostel waren zu diesem Zeitpunkt ein paar Arbeiter einquartiert, die Jungs nehmen es nicht so genau mit der Küchenhygiene. Vor uns hat sich außerdem einer eine Pizza im Backofen gemacht, wofür er mit seinen dreckigen Arbeitsgaloschen mehrmals in der Küche hin und her gelaufen ist. Das kehrte ich dann auch noch auf. Ist mir ja auch noch nicht passiert, dass ich an meinem Geburtstag in einer wildfremden Küche stehe und hinter wildfremden Leuten her putze. Ich glaube, mir bekommt der Sauerstoff nicht.
Nach dem Essen gingen wir in unser Zimmer. Wir waren ziemlich fertig und müde. Und wir haben heute beide mal wieder festgestellt, dass es uns gar nicht so sehr darum geht, möglichst viel zu sehen und zu erleben, sondern in erster Linie darum, überhaupt in Norwegen zu sein. Wir spielten noch ein wenig auf dem Tablet. Auf dem Gerät hatten wir vor der Reise noch Carcassonne, Kingdom Builder, Alhambra und Catan installiert, da wir keinen Platz im Gepäck haben, um analoge Spiele mitzunehmen. Eigentlich spielen wir diese Spiele lieber ohne Computer, aber das war doch besser als gar nichts. Wir gingen früh zu Bett und schliefen auch relativ bald ein.