Über Røros nach Trondheim

Wir hatten uns den Wecker für sechs Uhr gestellt. Ich war hundemüde, hatte schlecht und wenig geschlafen in der Nacht. Ich war oft wach geworden. Eigentlich hätte ich auch zur Toilette gemusst, meine Motivation, in der sternklaren, eiskalten Nacht nochmal aufzustehen, mich komplett anzuziehen und durch die Minusgrade zum Sanitärgebäude zu laufen, war bei Null. Als nun um Sechs der Wecker klingelte, musste ich dringend. Ich beschloss, mein Duschzeug direkt mitzunehmen und noch vor dem ersten Kaffee zu duschen. Im Reisemodus schaffe ich das schon mal. In Island ging das auch ganz gut.

Unsere Hütte im Dunkeln

Zu solchen photographischen Werken war ich vor dem ersten Kaffee noch nicht fähig. Das Bild hat der Lebensabschnittsgefährte gemacht. Der ging auf dem Campingplatz nicht ohne seine Kamera zum Klo, boten sich doch immer wieder neue tolle Lichtverhältnisse.

Hütte

Nach dem Duschen gab es Kaffee und wir frühstückten. Der Lebensabschnittsgefährte machte außerdem noch ein paar Brote für unterwegs fertig, während ich unseren Kram einpackte. Da wir nur die zwei Rucksäcke hatten, ging das erstaunlich schnell. Wir hatten dann immer noch eine gute halbe Stunde Zeit totzuschlagen. Da draußen immer noch Minustemperaturen bei Vollmond herrschten, hatten wir wenig Lust, diese Zeit an der Bushaltestelle zu verbringen. Wir überbrückten die Zeit mit Rumgetippe auf den Handys und dann machten wir uns auf den Weg.

Es war lausig kalt. Zehn Minuten mussten wir noch an der Bushaltestelle warten. Einen Teil der Zeit überbrückte ich mit Photographieren des Sonnenaufgangs, aber die restlichen neun Minuten stand ich auch nur blöd rum. Der Lebensabschnittsgefährte sah aus wie Rudolf, er hatte eine knallrote Nase vor Kälte. Um 08:08 Uhr kam endlich der Bus und wir konnten im Warmen Platz nehmen. Etwa 10 Minuten dauerte die Fahrt zum Bahnhof.

Unser Zug war pünktlich. Die Tickets hatten wir im Vorfeld online gekauft und auch Plätze reserviert. Als wir an unseren Plätzen ankamen, stand ich erstmal ratlos da. Unsere Plätze waren die beiden Fensterplätze von einem Vierer. In diesem Vierer hatte sich ein Typ breit gemacht über alle vier Sitzplätze. Zuerst dachte ich, er schläft, und war unschlüssig, wie ich den nun wach bekommen sollte. Aber dann öffnete er die Augen und ich fragte ihn, ob wir wohl auf unsere Plätze könnten. In den norwegischen Zügen wird die Sitzplatzreservierung nicht angezeigt, es sind lediglich Nummern an den Sitzen und der Rest geschieht dann über Kommunikation. Der Typ war zwar ziemlich verschlafen, machte aber ohne zu zögern Platz. Irgendwie wirkte er ziemlich anachronistisch. Er trug einen dicken Wollpullover und eine Wollmütze und dazu eine Hose, von der ich gar nicht weiß, wie man die nennt. Früher trugen die Männer so etwas zur Feld- und anderen Arbeit, schwerer Stoff wie Filz oder so ähnlich mit Bündchen aus Leder oder sowas. Er sah aus, als wäre er im falschen Jahrhundert in diesem Zug gestiegen. Allerdings hatte er ein Samsung-Handy dabei, so ganz fern unserer Zeit war er also nicht.

Himmel über dem Fluss

Später musste ich mir das Lachen über ihn verkneifen. Wir hatten noch unsere Chips, die wir in Hamar gekauft, aber auch in Elverum noch nicht ganz aufgegessen hatten. Die kramte ich während der Fahrt aus dem Rucksack. Das animierte den Typen, sich ebenfalls eine Tüte Chips aus dem Automaten zu ziehen. Dazu muss man wissen, dass in norwegischen Zügen immer Kaffee- und Snack-Automaten stehen. Sehr praktisch! Jedenfalls setzte er sich mit seiner Chips-Tüte hin und riss sie auf. Leider etwas zu kräftig und fast der gesamte Inhalt verteilte sich auf dem Boden, dem Sitz und den Klamotten von dem Typen, der seine Aktion mit einem lauten „Fy faen!“ kommentierte, was einem „Fuck!“ entspricht.

Zu Beginn der Reise hatte der Lebensabschnittsgefährte mir einen Kaffee geholt und wir frühstückten das Brot mit Nugatti, das der Lebensabschnittsgefährte am Morgen in der Hütte vorbereitet hatte. Wir fuhren die ganze Zeit am Fluss entlang bis nach Røros. Die Landschaft hier war nicht annähernd so abwechslungsreich wie auf der Fahrt mit der Dovrebane, aber mir gefiel es trotzdem. Auch an den NATO-Truppen fuhren wir vorbei, die rechts und links der Bahnlinie ihren Fuhrpark aufgestellt hatten. Auf der einen Seite standen Panzer und andere schwere Fahrzeuge, auf der anderen Seite der Bahnlinie standen Hubschrauber in Reih und Glied. Leider habe ich das zu spät erkannt und konnte kein gutes Photo machen, sondern nur einen unscharfen Schnappschuss von ein paar Hubschraubern.

Hubschrauber

Und ich sah unterwegs irisierende Wolken. Die schimmerten grün und rot, was leider auf den Photos nicht so gut zu sehen ist, wie es tatsächlich war.

Je weiter wir kamen, umso vereister war die Landschaft. Und irgendwann war auch der erste Hauch von Schnee zu sehen. Als wir in Røros ankamen, lag dort tatsächlich auch ein wenig Schnee.

Bahnhof Røros

Wir gingen durch das kleine, aber sehr hübsche Städtchen. In früheren Jahrhunderten war Røros eine Bergbaustadt, hier wurde Kupfererz abgebaut. Irgendwann waren die Erzvorkommen erschöpft und aus dem emsigen Ort wurde wieder ein ruhiges, verschlafenes Dorf. Wir besuchten die Schmelzhütte, die ein Teil des Bergwerksmuseums ist. Zwar gibt es auch noch eine Grube, die man besichtigen kann, aber die ist in den Wintermonaten geschlossen.

Røros Bahnhof Røros

Das Museum war toll. Man bekam einen Audio-Guide, der einen durch die Ausstellung führte. Die Ausstellung besteht aus mehreren Modellen, die den Abbau und die Verarbeitung des Kupfererzes darstellen. Alle Modelle sind im Maßstab 1:10 und sehr detailverliebt dargestellt, überall bewegt sich was und man muss schon überall genau hinschauen, um alle Details zu entdecken. Uns hat das gut gefallen und wir wussten nun auch, wie man Kupfererz abbaut, aber blöderweise ist ja keines mehr da.

Nach der Ausstellung schlenderten wir durch den Ort zurück. Wir drehten noch eine Runde durch das Einkaufszentrum. Da wir noch eine Stunde Zeit hatten, gingen wir anschließend noch in ein Café, das uns auf dem Weg zum Museum schon aufgefallen war, und das einen gemütlichen Eindruck machte. Und genau das war es auch: gemütlich. Wir tranken heiße Schokolade und teilten uns eine Waffel auf norwegische Art. Da isst man nämlich gerne Preiselbeeren und saure Sahne dazu.

Kurz nach halb Vier ging unser Zug nach Trondheim weiter. Wir begaben uns auf den Weg zum Bahnhof und holten unsere Rucksäcke aus dem Schließfach.

Interessante Verkabelung

Der Zug stand zwar schon da, öffnete aber erst kurz vor Abfahrt seine Türen. Auch hier hatten wir wieder reservierte Sitzplätze und bestaunten während der Fahrt das Winterwunderland vor unserem Fenster. Die Landschaft war auf diesem Abschnitt wesentlich abwechslungsreicher als auf der Fahrt von Elverum nach Røros. Ich war abwechselnd mit Bloggen und Gucken und Knipsen beschäftigt.

Beim Bloggen

Irgendwann ließ der Schnee nach und auch das Licht wurde schwächer. Die Sonne ging unter. Als wir in Trondheim ankamen, war es bereits dunkel. Wir verstauten unsere Rucksäcke im Schließfach und machten uns auf den Weg in die Stadt. Unsere Motivation wurde vor dem Bahnhofsgebäude allerdings vom Regen ausgebremst. So beschlossen wir, nur ins Einkaufszentrum und direkt anschließend Essen zu gehen.

Trondheim Torg

Im Einkaufszentrum bummelten wir ein wenig durch die Läden, schauten hier und da, was es so gibt. Ganz witzig war die Beschriftung einer Box für Elektro-Müll - "elektrise dingser"

elektrise dingser

Nach einer Weile machten wir uns auf den Weg zum Egon. Wir hatten Glück, „unser Platz“ war wieder frei. Wir wählten Burger und Pommes bzw. Spaghetti Bolognese. Und wie immer schmeckte das Essen sehr gut.

Burger und Spaghetti

Später teilten wir uns noch ein Eis zum Nachtisch, das unglaublich lecker war, von dem ich aber leider kein Photo habe. Dafür habe ich die Zusammensetzung und ich kann das nur empfehlen!

Dessert

Wir wählten "Nickers": Vanilleeis und Karamelleis mit Erdnüssen, Karamellsoße und Schokosoße - Ein Gedicht!

Wir schlenderten langsam zum Bahnhof zurück. Um kurz vor 10 wurde unser Zug bereitgestellt. Wir holten die Rucksäcke aus dem Schließfach und gingen zum Zug. Wir waren ziemlich müde, hatten wenig geschlafen und einen anstrengenden Tag hinter uns und mussten leider schon wieder die Heimreise antreten, nicht ohne vorher zu beschließen, dass wir uns mal wieder etwas mehr Zeit für Trondheim nehmen müssen.