Im Travel-Office von Rostock nach Frankfurt

Meine Schwiegereltern haben vor einiger Zeit die Wohnungskündigung wegen Eigenbedarfs bekommen - nach 27 Jahren. Glücklicherweise ist es ihnen gelungen, eine vergleich- und bezahlbare Wohnung nicht allzuweit entfernt von der ehemaligen Wohnung zu finden. Nun brauchen sie Hilfe beim Ausmisten und Einpacken, weswegen wir uns auf den Weg nach Frankfurt machen.

Tag 1 - Bis an die Elbe

Dienstag, 25. März 2025

Ich bin ziemlich erschöpft, als wir uns nachmittags ins Auto setzen, um Richtung Südhessen zu fahren. Gestern und heute war ich die ganze Zeit mit Packen beschäftigt. Außerdem war ich gestern noch kurz beim Zahnarzt und heute beim Lungenarzt. Ich werde wohl in diesem Leben nicht mehr ganz gesund und fit. Das hat zwar nicht der Arzt gesagt, aber das sagt mein Körper mir, wenn ich hineinhorche.

Aber egal, wir packen den Technikkram noch ins Auto. Irgendjemand hat vergessen, die Kühlbox von Frost wieder auf normales Kühlen einzustellen, so dass sie bei -4 °C steht. Ich ändere das, damit die Milch in meinem Kaffee morgen nicht in Eiswürfelform ist, dann können wir endlich losfahren.

Der Herr Lebensabschnittsgefährte fährt das Lebensabschnittsgefährt. Ich bin zu kaputt zum Autofahren - wie schon seit fast drei Jahren eigentlich. Zusammen mit dem Brainfog, der nie ganz weg ist, sondern nur in der Intensität variiert, sind das wohl nicht die besten Voraussetzung, um am Straßenverkehr teilzunehmen. So fahre ich nur noch sehr selten und am liebsten Autobahn. Aber nicht heute, heute geht selbst das nicht.

Wir steuern den Parkplatz in Lenzen in der Nähe der Fähre über die Elbe an. Dort haben wir im Februar letzten Jahres schon einmal übernachtet. Vielleicht ist diesmal ja das Café geöffnet, im Winter hat das nämlich geschlossen.

Um 19 Uhr sind wir am Parkplatz. Für mich gibt es nur noch Abendbrot, Zähneputzen und dann ins Bett. Es ist 20 Uhr, als ich liege. Zwar dauert es dann noch ein bisschen, bis ich einschlafe, aber selbst zum Sitzen bin ich da schon viel zu erschöpft. Diese ständige Erschöpfung ist so furchtbar anstrengend. Mir ist es gerade noch schleierhaft, wie ich in ein paar Tagen den Umzugshelfer spielen soll.

Tag 2 - Von der Elbe nach Northeim

Mittwoch, 26. März 2025

Ich werde wach und mein erster Gedanke gilt der Vorfreude darauf, heute Abend ins Bett zu gehen. Ich bin so unfassbar müde. Dabei habe ich ganz okay geschlafen. Auf einen Spaziergang habe ich keine Lust, der Mann zieht alleine los.

Der Herr Lebensabschnittsgefährte muss diese Woche noch arbeiten. Da unser Urlaub bereits geplant ist, konnte er so kurzfristig nicht noch einmal Urlaub nehmen. Daher fahren wir nur kurze Abschnitte und stehen bis nachmittags auf den Stellplätzen. Und es gibt schlechtere Plätze zum Arbeiten als hier an der Elbe.

Vormittags kommt ein Typ mit seinem Hund an den Camper. Ich befürchte zunächst, dass er meckern will und wir hier vielleicht doch nicht stehen dürfen, weil er uns vom Deich aus schon intensiv beäugt hat. Aber nein, er findet unser Auto toll und wollte einfach nur “hallo” sagen und ein paar Fragen stellen und mal reingucken. Nach ein wenig Smalltalk lege ich mich wieder hin.

Überhaupt liege ich den ganzen Tag nur im Camper, höre Podcasts und daddel auf meinem Handy rum. Zwischendurch trinke ich mal Kaffee oder mache etwas zu essen. Dann lege ich mich wieder hin.

Nach der Arbeit fahren wir mit der Fähre über die Elbe. Nachdem der Fährmann uns abkassiert hat, riecht das Auto wie Kneipe morgens um Acht - nach abgestandenem Tabak und Alkohol. Holy shit! Aber er hat uns heil rübergebracht.

Bis Braunschweig fahren wir über Landstraßen und durch Dörfer. Eine Alternative hat man an der Stelle ohnehin nicht. Nach einem Stück A39 sind wir auf der A7, die wir bis Northeim fahren. Auf dem Stellplatz in Northeim waren wir im vergangenen Jahr schon einmal.

Wieder liege ich früh im Bett, schlafe aber nicht gleich. Meistens bin ich sehr erschöpft aber es geht mir dann ganz gut, wenn ich liege. Aber ich bin nicht müde, ich muss noch nicht schlafen. Ein Rotkehlchen singt auch noch recht lange und irgendwann schlafen wir beide ein.

Tag 3 - Von Northeim nach Oberursel

Donnerstag, 27. März 2025

Immerhin habe ich in der vergangenen Nacht sehr gut geschlafen und fühle mich deutlich fitter als gestern. Den Morgenspaziergang muss der Herr Lebensabschnittsgefährte trotzdem alleine absolvieren, ich mache mich in der Zeit tageslichttauglich im Rahmen meiner natürlichen Möglichkeiten.

Heute wage ich mich auch mal aus dem Camper und gehe einkaufen. Den Weg kenne ich ja, das ist auch nur geradeaus, da kann ich mich nicht großartig verlaufen. Auf dem Rückweg mache ich ein paar Photos. Northeim ist ein hübsches kleines Städtchen.

Nachmittags hält ein Pkw neben uns. Eigentlich darf der da nicht parken, das sind nämlich Wohnmobilstellplätez. Jedenfalls geht er nach vorne und pisst vor unserem Auto. Auf dem Rückweg klopft er gegen das Hardtop und sagt zu seiner Begleitung: “Alles selbstgemacht.” Ich haue von innen gegen die Scheibe und rufe laut: “EY!” Er meinte, es wäre ja Bewunderung gewesen. “Ach, deswegen pisst du auch davor oder was?!” Also echt, manche Leute …

Nachdem der Proletenanfall vorbei ist, beschäftige ich mich mit meinem Kram, klicke am Laptop herum, mache Essen, räume den Camper auf usw. Nachmittags wird es ordentlich warm und wir öffnen die Heckklappe. Ich mag es sehr, bei offener Heckklappe und nicht allzu warmem Wetter im Camper zu liegen, auf dem Handy herumzudaddeln und nichts Wichtigeres zu tun zu haben. Kaum etwas entspannt mich so sehr wie diese Momente.

Nach Feierabend fahren wir zunächst zu dem zweiten Stellplatz, den es in Northeim gibt. Der ist zwar ganz nett, weil er direkt am See liegt, leider aber auch direkt an der Autobahn mit entsprechendem Lärm. Wer sich daran nicht stört, hat hier ein feines Plätzchen. Ich kann das mittlerweile gar nicht mehr.

Früher pflegte ich immer zu sagen: “Wenn ich schlafe, kannst du mit einer Blaskapelle durchs Schlafzimmer marschieren, das interessiert mich nicht. Wenn ich schlafe, schlafe ich.” Ich habe fast immer in Innenstädten gewohnt, das hat mir nie etwas ausgemacht. Aber seit die Chemotherapie meine Nerven ruiniert hat, bin ich extrem lärmempfindlich - insbesondere, wenn es um meinen Schlaf geht. Heute reicht es, wenn jemand auf leisen Sohlen an meinem Schlafzimmerfenster vorbeigeht, um mich vom schlafen abzuhalten.

Wie auch immer, der Stellplatz hat jedenfalls Ver- und Entsorgung und deswegen sind wir nun hier. Anschließend fahren wir auf die Autobahn A3 und biegen am Kreuz Bad Homberg Richtung Oberursel ab.

Da ich den ganzen Tag über wieder viel zu viel Kaffee getrunken habe, habe ich auf dem kurzen Stück drei neue Autobahnrastplätze für meine Galerie aufgesucht, wobei wir beim ersten wegen Überfüllung nur durchgefahren sind. Herkulesblick ist eigentlich ein recht schöner Parkplatz mit toller Aussicht, aber leider immer überfüllt, sehr laut und weil dort so viel los ist meist auch sehr dreckig.

Unser Stellplatz für die kommende Nacht und der Arbeitsplatz für den Freitag ist der Parkplatz an der Frankfurt International School. Dort gibt es ein paar Stellplätze für Wohnmobile. Nachts herrscht himmlische Ruhe. Genau das richtige für mein Gehirn, das ständig einen auf gestresst machen muss.

Statistik

Zum Schluss wie immer die Statistik. Einen Kartenausschnitt gibt es nicht, wir sind ja nur Autobahn gefahren.

626 Kilometer sind wir in diesen Tagen gefahren.