Tag 7: Von Litauen nach Lettland

Wieder einmal haben wir eine extrem ruhige Nacht im Camper verbracht. Das einzige Geräusch kam von unserem Lüfter und vom Regen, der aufs Hardtop prasselte.

Zum Frühstück bekomme ich Rückenschmerzen in Form einer Blockade irgendwo in der Hüft-Gegend. Äußerst unschön und schmerzhaft aber auch nicht das erste Mal. Zwei Paracetamol und eine Tasse Kaffee später geht es dann einigermaßen und ich kann den nächsten Blogbeitrag fertigstellen.

Gerne wäre ich ja ein wenig herumgelaufen, um mich zu bewegen, aber es ist spie-gel-glatt! Blankes Eis, ich kann kaum laufen. Die Bewegung ist daher extrem angespannt und wenig förderlich für meinen Rücken. Daher fahren bzw. rutschen wir direkt los.

Vereiste Straße

Zunächst fahren wir zu dem Aussichtsturm, der eigentlich nur ein paar Hundert Meter von uns entfernt ist. Bei besseren Bodenbedingungen wären wir sicherlich auch zu Fuß dorthin gelaufen.

Aussichtsturm

Ganz praktisch, ein Mobilfunkturm kombiniert mit Aussichtsplattform. Aber die Bauform ist wahrlich nicht mein Ding, der Herr Lebensabschnittsgefährte klettert alleine die 173 Stufen hoch und macht ein paar nette Photos.

Ich hatte mich beim Weg vom Auto zum Turm schon fast hingelegt. Auf dem Rückweg stapfe ich deswegen lieber durch den Schnee auf der anderen Straßenseite.

Ein klein wenig Bammel habe ich davor, mit dem Auto hier raus zu fahren, denn das letzte Stück ist nicht nur komplett vereist, sondern auch ein wenig steil und wenn just in dem Moment ein Auto kommt … Aber es geht alles gut.

Die Straße ist total vereist und es steht viel Wasser auf der Fahrbahn und vor allem in den Spurrillen. Die Lufttemperatur liegt zwischen drei und fünf Grad, es steigt Nebel auf. Also falls ihr nichts mehr von uns hört, dann sieht das hier nicht nur aus wie in einem Horrorfilm, sondern dann SIND wir in einem Horrorfilm.

Wir verlassen die befestigten Straßen und finden uns auf einer vereisten Schotterpiste wieder.

Vereiste Schotterpiste

Wie ich vor zwei Tagen schon schrieb, befindet sich Litauen aufgrund des Angriffskrieges auf die Ukraine im Ausnahmezustand, was zu verstärkten Kontrollen im Grenzbereich führt. Bisher dachte ich, dass sich dies auf die Grenze zu Kaliningrad beschränkt, soeben wurden wir eines Besseren belehrt.

Zuerst kommt uns ein Fahrzeug in derselben Farbgebung wie Polizeifahrzeuge, aber mit orangenem statt rot-blauem Blinklicht entgegen. Wir wundern uns, für wen um alles in der Welt der hier blinkt, denken uns aber nichts weiter dabei.

Der nächste Gegenverkehr wenige Minuten später hat dieselbe Lackierung. Als er sich uns näher, geht das rot-blaue Blinklicht an. Wir halten an. Die freundlichen Polizisten bitten um unsere Ausweise und möchten wissen, woher wir kommen, wohin wir fahren und wie lange wir hier in der Gegend bleiben und wo wir übernachten. Als der Mann ihm sagt, dass das ein Camper ist, schaut er etwas überrascht auf das Hardtop. Da wollen sie auch noch hinein schauen, ein kurzer Blick, okay, sieht aus wie ein Camper, das war’s dann auch. Aber wohin wir wollen haben sie noch nicht so ganz verstanden, weil sie mit “Lettland” nichts anfangen können und es ein wenig dauerte, bis beim Mann der Groschen fiel: “Latvija”. Sofort hellten sich die Gesichter auf. Mit dem Ausweis und dem Fahrzeugschein gehen sie zu ihrem Fahrzeug, um die Daten zu überprüfen. Nachdem das erledigt ist, bekommen wir die Papiere zurück und noch einen schönen Urlaub gewünscht.

Um uns herum sind nur Äcker, so weit das Auge reicht. Dazwischen wieder eher ursprünglich wirkende Naturstreifen und Birkenplantagen. Die unbefestigte Straße ist bei jeder Ortschaft, auch bei solchen, die nur aus drei Häusern bestehen, asphaltiert. Die Häuser sehen oft renovierungs- und sogar sanierungsbedürftig aus. Aber es gibt auch hier viele Storchennester, auch viele Hochsitze für Jäger. Ich sehe Singschwäne, Kraniche und Raben.

Und Kreuze sehe ich. Schon in Polen und auch hier in Litauen sind mir die vielen großen Holzkreuze, die oft an Weggabelungen oder vor Höfen stehen, aufgefallen.

Bis zur Grenze ist es nun nicht mehr weit.

Kurz vor der Grenze

Das Schild weist auf die Maut hin, die aber nicht für uns gilt.

Verkaufsstelle Vignetten

Trotzdem halten wir an der Verkaufsstelle für Vignetten, wo sonst nur Lkw halten. Unser Problem ist aber auch ein anderes: Wir haben nämlich nicht weiter als bis zur Grenze geplant und müssen nun kurz beratschlagen, wie es weitergeht.

Grenze Latvija

Wir wollen nicht die breit ausgebaute Schnellstraße nehmen, die östlich des Flusses Düna/Daugava liegt, sondern lieber kleinere Straßen westliches des Flusses nehmen. Aber auch dafür müssen wir zunächst nach Daugavpils.

Hof in Lettland

Im Ort biegen wir auf eine etwas gemütlichere Landstraße ab.

Ich weiß, mein Vogelgeknipse aus dem fahrenden Auto heraus durch die leicht getönten und vor allem dreckigen Scheiben taugt nicht viel. Aber ich finde es immer wieder toll, die Tiere zu sehen und finde, dass sie einfach in meinen Blog gehören.

Wir biegen in eine Nebenstraße ein, die genaugenommen wohl nur ein Feldweg ist. Und eigentlich ist sie im Winter nicht einmal das. Wir rutschen an einem Acker entlang. Allerdings haben wir uns das nicht eigenmächtig so überlegt, sondern vorne an der Straße war ein Wegweiser zu einer Sehenswürdigkeit.

Allerdings überkommen uns Zweifel, ob das eine gute Idee war. Die Fahrspuren, die wir hinterlassen, sind locker 20 cm tief. Das Auto rutscht gelegentlich herum oder versinkt in Löchern und ohne den Allradantrieb wären wir jetzt verloren. Was ich nicht mehr knipse, weil mir die ganze Angelegenheit nicht mehr geheuer ist, ist die “Brücke”, die über einen Bach führt und gerade breit genug für Bert ist. Und rutschig ist sie natürlich auch noch. Einmal die Haftung verlieren, dann gehen wir baden. Ersaufen würden wir in dem Rinnsal zwar nicht, aber ohne Hilfe bekämen wir Bert da nicht mehr raus. Hier ein Screenshot aus dem Zeitraffer-Video von der Brücke auf der Rückfahrt.

Brücke

Dahinter geht es bergauf und der Schnee ist tief. Wir kommen nicht mehr weiter und wenden. Dann fahren wir durch unsere auf dem Hinweg gezogene Spur wieder zurück zur Straße und atmen ersteinmal auf.

Wir sind mittlerweile auf einer Schotterpiste angekommen und bereuen nach einer Weile, dass wir auf dieser Seite des Flusses entlang fahren. Schneller als 30 km/h können wir nicht fahren, die Straße ist überwiegend gerade und die Landschaft wenig abwechslungsreich. Links von uns sind Äcker, rechts von uns ein paar Sträucher und Bäume und der Fluss.

Die wenige Leute, die wir an ihren Häusern und Höfen arbeiten sehen, gucken uns an, als wären wir mit einem Ufo vor ihrem Haus gelandet. Ob es an unserem auffälligen Gefährt liegt oder daran, dass hier nur selten Touristen vorbeikommen, weiß ich nicht.

Schotterpiste mit Bushaltestelle

An dieser Straße scheint auch ein Bus zu fahren. Auf dem Photo oben ist eine Bushaltestelle mitten im Nichts zu sehen.

Laut Google-Maps ist auf halber Strecke zur nächsten Stadt, in der es auch wieder eine Brücke über den Fluss gibt, ein Rastplatz. Wir hoffen, dass er frei geräumt ist und wir dort übernachten können. Und wir haben Glück, der Platz ist tatsächlich befahrbar!

Wir sind ziemlich fertig und gehen bald zu Bett. Vorher haben wir uns noch überlegt, unseren Aufenthalt in Lettland eher kurz zu gestalten. Wir wollen mehr oder weniger direkt durch nach Estland fahren. Denn hier im Osten des Landes gibt es wenig Sehenswürdigkeiten, die, die wir uns rausgesucht haben, sind alle entlang der Küste, wo wir auf dem Rückweg vorbeikommen und uns dann mehr Zeit lassen.

Zum Schluss wie immer die Statistik, der Kartenausschnitt und ein paar warme Worte zu Bewegtbildern.

167 Kilometer sind wir an diesem Tag gefahren - in vier Stunden.

167 km

Auf der Karte sieht das so aus:

Bewegtbilder gibt es diesmal (noch) nicht, wir werden Reisevideos erstellen und bei YouTube hochladen, wenn wir wieder zuhause sind. Der Link wird dann hier eingefügt und in Social-Media-Kanälen veröffentlich.

Author

dark*

Immer gerne auf Tour, am liebsten im Norden

14. März 2023