Tag 8: Hoch hinaus in Lettland

Als wir wach werden, fahren auch schon die ersten Pendler vorbei, die zur Arbeit, zum Einkaufen oder sonstwohin hier in dieser Einöde müssen. Insgesamt sind es drei Stück in den ersten 1,5 Stunden. Einer davon ist ein Viehtransporter, der eine Weile später in die andere Richtung wieder zurückfährt.

Blick aus der Heckklappe

Mein Rücken zickt immer noch herum. Das viele Sitzen ist da natürlich nicht sonderlich gut. Ich beruhige ihn mit Kaffee und Paracetamol. Seit meiner Ibuprofen-Allergie bin ich es gewohnt, einiges auszuhalten.

Während ich am Blog arbeite, rennt der Herr Lebensabschnittsgefährte draußen ein wenig herum und knipst.

Unser Auto ist dreckig wie sonstwas. Das Hineinklettern durch die Heckklappe ist eine Herausforderung, wenn man sich nicht komplett einsauen will.

Modem der Standheizung

Anschließend beschäftigt er sich noch einmal mit dem Modem, das übrigens gerade in seine Heimat Latvija zurückgekehrt ist, es wurde nämlich hier produziert. Aber das ist nicht der einzige Funfact, der Mann hat außerdem festgestellt, dass das Modem vermutlich die ganze Zeit funktioniert hat. Es kann nämlich SMS empfangen aber nicht senden. Das heißt, wir können die Standheizung zwar einschalten, bekommen aber keine Statusmeldung zurückgeschickt. Möglicherweise liegt das daran, dass im Modem eine Daten-SIM steckt. Zwar funktioniert das SMSen damit in Deutschland tadellos aber im Ausland nicht. Wir haben eine weitere Daten-SIM aus demselben Vertrag dabei, bei der ist es genauso.

Blick auf den Fluss

Als ich mit dem Blog fertig bin, kletter ich ebenfalls an die frische Luft.

Ranger

Unser Auto sieht wirklich übel aus, das werden wir wohl die Tage mal waschen müssen.

Auf dem Rastplatz steht ein Denkmal. Leider ist die Hinweistafel nur auf Lettisch. Laut Google-Übersetzer handelt es sich um das Denkmal der Daugava-Schiffsfahrer. Das klingt ja noch schlüssig und passt zu den Bildern. Da Google aber weiter unten in der Überschrift “Donauschiffer” übersetzt, bin ich skeptisch, ob der Übesetzer uns hier wirklich weiterhilft. Und die Geduld dafür fehlt mir sowieso.

Wir fahren los. Kurz hinter dem Rastplatz gibt es eine Fähre, die aber nur im Sommer im Betrieb ist.

Fähre

An dieser Stelle endet übrigens auch die Schotterpiste. Das Hinweisschild dazu steht ja auf dem Rastplatz.

Ende der Schotterpiste

Und hier endet sie nicht nur wegen der Siedlung links und der Fähre rechts, sondern sie endet komplett. Unsere Sorge vom Vortag, dass wir noch ewig mit 30 km/h würden weiterfahren müssen, wenn wir hier nicht übernachten könnten, war völlig unbegründet.

Asphaltstraße

Vor den meisten Häusern hier liegen Hunde. Die meisten sehen irgendwie krummbeinig verbaut aus. Sie haben eher kräftige Körper, die auf kurzen krummen Dackelbeinen stehen. Ob das eine Rasse ist oder ob das die wildesten Promenadenmischungen sind, weiß ich nicht. Einer von ihnen ist unserem Auto ein ganzes Stück hinterher gerannt. Auch auf kurzen krummen Beinen kann man ganz gut rennen und Touristen in ihren Autos verjagen. Sehr niedlich.

Plattenbau

Die Plattenbauten sind tatsächlich noch bewohnt. Sie sehen allerdings nicht so aus, als wäre da in den letzten 40 Jahren viel passiert. Manchmal sieht man neuere Fenster, das war’s aber auch schon. Kein Vergleich zu der Plattenbausiedlung, in dem wir wohnen (ganz gerne übrigens).

Hier stehen auch noch einige abgerockte Gewerbegebäude herum. Viele davon sind vermutlich gar nicht mehr in Betrieb. Da stehen viele Rohstoffe, die man noch nutzen könnte.

Achtung, Kinder mit Taschen!

Schilder warnen vor Kindern mit Taschen. Anhand der in der Nähe befindelichen Infrastruktur schließen wir messerscharf, dass die Kinder mit Taschen Schulkinder sind. Die Schulen, die wir gesehen haben, waren zumindest äußerlich übrigens in einem guten Zustand.

In Jēkabpils wechseln wir nicht nur auf die andere Flusseite hinüber, wir tanken auch. Das Bisschen, was wir von dem Ort gesehen haben, wirkt sehr widersprüchlich auf mich. Nagelneue, große Autos, die auf viel Geld schließen lassen, und viele alte, abgerockte Häuser mit kaputten Fenstern etc., die auf viel Armut schließen lassen.

Straße

Unser nächstes Etappenziel ist der höchste Punkt Lettlands. Der liegt auf sagenhaften 312 Metern. Diese Punkte sind nun nicht so sonderlich spannend, aber nachdem wir in Litauen schon auf dem höchsten Punkt waren und ich dort gelesen habe, dass der höchste Punkt des Baltikums in Estland liegt, haben wir uns überlegt, diese Punkte alle drei abzuklappern.

Storchennest

Die allgegenwärtigen Storchennester sollen natürlich nicht unerwähnt bleiben.

Die Straße ist weitgehendst frei bis auf das letzte Stück, wo es noch einmal richtig glatt wird.

Vereiste Straße

Das letzte kurze Stück vor dem Parkplatz geht auch noch relativ steil und total vereist nach oben. Wir mussten die Untersetzung dazuschalten, damit der Ranger da rutschend mit 4 km/h raufkommt. Auf dem Photo lässt sich das leider nicht so gut erkennen.

Unsere Fahrspur

Das letzte Stück hoch zum Gipfel ist nicht geräumt. Wir müssen wieder einmal durch tiefen Schnee stapfen.

Wegweiser zum Gipfel

Der Weg ist beschwerlich und wir sinken immer tiefer ein

Ich habe darauf keine Lust mehr und Zweifel daran, ob wir es bis oben schaffen. Wir kehren um.

Im Camper gibt es erstmal Essen. Anschließend noch ein wenig Füße hochlegen, dann machen wir uns wieder fertig für die Abreise.

Mullcontainer aus Mannheim

Die einzigen Deutschen, denen wir bisher im Baltikum begegnet sind, waren übrigens diverse Müllcontainer, wie auch dieses Exemplar aus Mannheim, das hier auf dem Parkplatz herumsteht. Schon andere sind uns aufgefallen, auf denen noch die Aufschrift “Keine heiße Asche einfüllen!” zu lesen ist. Wir jedenfalls übergeben unseren Müll dem Mannheimer und dann fangen wir an zu überlegen.

Wo fahren wir denn jetzt überhaupt hin? Und wie lange wollen wir noch fahren? Und finden wir dann da einen Stellplatz? Sollen wir nicht einfach hier bleiben, weiter Bloggen und den Tag gemütlich ausklingen lassen? Fragen über Fragen, kurz und knapp überlegt und entschieden: Wir bleiben!

Das Auto wird noch in eine andere Position gestellt, weil es auf dem Parkplatz recht schräg steht. Als der Lebensabschnittsgefährte den Ranger rangiert, fällt mir auf, dass der Schmutzfänger an der Beifahrerseite eine Schraube locker hat. Also eigentlich hat er sie nicht nur locker, sondern verloren. Das schreit nach einer Reparatur mit Kabelbindern!

Das hält. Zuhause kann man den weißen vielleicht mal gegen einen schwarzen Kabelbinder tauschen. Und bei der nächsten Inspektion vielleicht mal nach einer neuen Schraube fragen.

Kuchen essen

Im Camper gibt es Kuchen und Tee, bloggen für mich und zocken für den Lebensabschnittsgefährten.

Später kommt ein Fahrzeug die Straße heraufgefahren und kämpft an der letzten Steigung. Nach drei Versuchen steigt der Fahrer aus und schiebt mit den Füßen die Spurrillen mit losen Schnee zu, dann versucht er es erneut ein paar Mal. Nachdem auch das ohne Erfolg bleibt, wird die Familie (Frau und zwei Kinder) aus dem Auto geschmissen und der Mann versucht es noch mehrmals und mit noch mehr Gas alleine. Wieder ohne Erfolg. Wir überlegen kurz, ob wir ihm Hilfe anbieten sollen, ihn vielleicht mit dem Abschleppseil hochziehen. Aber bevor wir das zuende überlegt haben, wird die ganze Familie wieder eingepackt und sie fahren davon.

Statt erste Hilfe im Schnee zu leisten, fliegt der Herr Lebensabschnittsgefährte später noch die Drohne.

Lebensabschnittsgefährte mit Drohne

Der Zeitpunkt ist super, die Sonne geht gerade unter.

In der Nähe gibt es sogar einen Skilift. Das erklärt auch das Geräusch, das wir von Zeit zu Zeit hören.

Nach dem Abendessen gönnt sich der Herr Lebensabschnittsgefährte das in Litauen gekaufte Bier, dazu ein paar Nüsse und auf dem Laptop schauen wir die aktuelle Folge von Die Anstalt.

Bier aus Vilnius

Zum Schluss wie immer die Statistik, der Kartenausschnitt und ein paar warme Worte zu Bewegtbildern.

102 Kilometer sind wir an diesem Tag gefahren.

102 km

Auf der Karte sieht das so aus:

Bewegtbilder gibt es diesmal (noch) nicht, wir werden Reisevideos erstellen und bei YouTube hochladen, wenn wir wieder zuhause sind. Der Link wird dann hier eingefügt und in Social-Media-Kanälen veröffentlich.