Tag 16: Kurische Nehrung
Es hat fast die ganze Nacht geregnet und es soll den ganzen Tag regnen. Beste Aussichten für den heutigen Tag.
Wir sind noch ziemlich am Anfang der Kurischen Nehrung, noch nicht einmal an der Bezahlschranke vorbei, und überlegen, ob wir nicht sogar direkt umkehren sollen. Herumlaufen bei Dauerregen ist doof, Drohne fliegen können wir auch nicht. Laut der litauischen Seite für Drohnenflieger ist das an einigen Stellen auf der Nehrung nämlich erlaubt. Aber die Drohne ist nicht regenfest und die Bilder werden dann ja auch Mist.
Wir entscheiden uns, trotz Regen zu fahren. Wir würden uns sonst nur ärgern, so nah dran gewesen und dann doch wieder umgekehrt zu sein.
Wir wollen bis ans Ende fahren und auf dem Rückweg halt bei den Toten Dünen und eventuell auch der Kormoran-Kolonie machen. Und natürlich muss ich auch mal an die Ostsee.
Das Ende ist schnell erreicht. Es ist nicht viel los auf den Straßen und erstaunlicherweise darf man auch hier durch den Nationalpark mit den in Litauen üblichen 90 km/h fahren. Die Einheimischen tun das auch tatsächlich, wir sind etwas langsamer unterwegs.
Unseren ersten Stopp machen wir an der Ostsee, denn ziemlich am Ende des litauischen Teils ist die Straße der See am nächsten. Und bei Regen wollen wir nicht mehr laufen als unbedingt erforderlich.
Ein kleines Stück durch den Küstenwald muss man natürlich schon noch, dann über eine Düne und dann liegt sie endlich vor einem.
Wir haben die Pocket-Kamera wieder dabei, um Filmmaterial für die Videos zu erstellen. Der Smartphone-Adapter von der dji Pocket 2 ist weg, haben wir beim Einbau ins wasserdichte Case festgestellt. Es ist zu befürchten, dass wir den am Berg der Kreuze verloren haben. Nun ja, so habe ich dann doch noch etwas am Berg der Kreuze zurückgelassen.
Einen weiteren Verlust gab es auf dieser Reise schon vor ein paar Tagen zu beklagen: Ein-Stein, der Schotterstein, den ich immer in meiner Hosentasche mit mir herumgetragen habe, ist weg! Vermutlich ist er rausgefallen, als ich das Taschentuch aus der Hose gezogen habe. Ein-Stein wohnt jetzt in Estland.
Am Ostseestrand liegen Unmengen von Steinen herum. Sehr schöne Steine übrigens, in allen möglichen Rottönen und gemustert. “Du kannst dir hier doch einen neuen Ein-Stein suchen”, meint der Herr Lebensabschnittsgefährte. “Gute Idee”, erwidere ich und füge mit Blick auf die vielen Steine hinzu “Könnte aber eine Weile dauern.” Mein Suchblick geht sofort gen Boden. “Guck mal, der hier ist doch schön!” Schon nach einer Sekunde finde ich Ersatz für Ein-Stein! Ich suche zwar noch weiter den Strand ab, aber ich finde tatsächlich keinen schöneren in angemessener Größe. Und so wohnt jetzt Ein-Stein der Dritte aus Litauen bei mir.
Schon während der Fahrt und auch hier im Küstenwald ist mir aufgefallen, wie viele Bäume mit Flechten überzogen sind und absterben. Im Sommer in Norwegen haben wir so etwas auch schon gesehen. Aber ich habe keine Ahnung, was da Ursache und Wirkung ist, was da genau passiert.
Hier noch Strandbilder vom Lebensabschnittsgefährten, dann geht’s weiter zur Düne.
Bis zur Düne ist es nicht weit. Hier ist ja nichts weit.
Am Eingang zu den Dünen steht wieder ein R2D2 mit eigenem Solar-Panel herum, wie wir ihr auch schon an der Wasserburg in Trakai gesehen haben. Dieser hier ist aber nicht nur fürs Aufladen der Handys da, sondern auch Fahrradstation: Luftpumpe, Schraubenschlüssel, Schraubendreher und noch anderes Zeug baumelt an dem Teil herum.
Normalerweise kostet das hier Eintritt, fünf Euro pro Person, sagt das Internet. Aber jetzt ist die Kasse geschlossen, wir müssen nichts bezahlen.
Das erste Stück ist ganz easy, man ist halt auf dem Holzweg.
Aber dann wird’s anstrengend. Durch den Sand geht’s Hügel rauf und Hügel runter und wieder Hügel rauf und so. Dünen halt.
An manchen Stellen sieht es aus wie in der Sahara. Der Regen passt zwar nicht dazu aber die Farbe durchaus. Am Ende des Pfades ist eine kleine Aussichtsplattform aus Holz.
Man sieht Düne und Haff. Die Dünen sind schon ziemlich hoch (eine Angabe dazu habe ich jetzt nicht gefunden), die sind schon echt beeindruckend.
Unter ihnen wurden vom 17. bis 19. Jahrhundert vierzehn Dörfer begraben. Die Dünen bewegten sich zwischen 0,5 und 15 Metern pro Jahr. Ende des 19. Jahrhunderts hat man die Wanderung durch Bepflanzung gestoppt.
Um sie zu erhalten, darf man nur diesen Einen Pfad entlang gehen, einmal quer durch bis zum Haff und wieder zurück. Da es ausdauernd geregnet hat, haben wir nicht viele Bilder gemacht. Und wie so oft zeigen die Bilder nicht annähernd das, was man vor Ort sehen kann. Hier noch die Photos vom Lebensabschnittsgefährten.
Wir haben nun eigentlich genug und wollen zurück zur Fähre. Im Wald sehe ich eine Rotte Wildschweine nicht weit entfernt von der Straße. Vor denen habe ich stets einen ziemlichen Respekt.
Wir halten auf einem Parkplatz, um noch eine Kleinigkeit zu essen und mir einen Kaffee zu machen, bevor wir uns auf den Weg machen, Kaliningrad zu umrunden. Um unser Auto herum turnen Rotkehlchen, Blaumeisen und Amseln.
Wir wollen gerade wieder abfahren, da sehen wir, dass wir zufällig auf dem Parkplatz gehalten haben, der bei der Kormoran-Kolonie ist. Und der Aussichtsturm ist direkt am Parkplatz, wir müssen gar nicht weit durch den Regen laufen. So entscheiden wir uns ganz kurzfristig, auch dort noch hinauf zu gehen.
Kormorane sind nicht gerade für ihre baumpflegerischen Fähigkeiten bekannt, wie man auf den obigen Bildern des Lebensabschnittsgefährten sehen kann. Ihr Kot richtet die Bäume zugrunde. Und die armen Kormorane sind überall unbeliebt deswegen. Bei den Fischern sind sie ebenfalls unbeliebt, die behaupten, die Vögel würden ihnen die ganzen Fische wegfressen. Ich würde ja eher sagen, dass die Fischer den Kormoranen die Nahrung klauen.
Zugegeben, die kahlen Bäume sehen nicht so schön aus. Aber das ist nunmal die Natur. An anderen Stellen auf der Kurischen Nehrung werden Bäume geschlagen und beschwert man sich über zuviele Bäume, weil Dünen und Haff nicht mehr gesehen werden. Schon blöd, wenn die Natur nicht so wächst, wie der Mensch das will. Über eines muss man sich jedenfalls im Klaren sein: Vieles ist hier so, wie die Leute, die mit Tourismus ihr Geld verdienen, das wollen. Das entspricht nicht immer dem Lauf der Natur.
Die Kormorane stört das erstmal wenig. Und sie sind toll zu beobachten. Vor allem die Geräusche, die sie machen, geben dem ganzen eine eigene Atmosphäre. Ich hätte noch Stunden da stehen und ihnen lauschen und sie beobachten können. Aber der Mann drängt und wir fahren weiter.
Die Orte auf der Kurischen Nehrung sind recht hübsch, aber wir haben keine Lust, auch noch in einem Ort rumzulaufen bei Regen.
Man zahlt quasi Eintritt für die Kurische Nehrung. Genaugenommen ist es wohl eine Naturschutz- oder Umweltabgabe, die man für das Auto bezahlen muss. Sofern dieses Geld dann auch in den Erhalt der Natur gesteckt wird, finde ich das eine gute Sache.
Bevor die Fähre kommen kann, muss sie ein Containerschiff passieren lassen. Auf Seefahrtsstraßen hat der Stärkere Vorfahrt.
Wir wollen auf der Landstraße Nummer 141 entlang der Grenze zu Kaliningrad Richtung polnische Grenze fahren. Ursprünglich stand noch die Stadt Kaunas auf dem Programm, aber die haben wir auf nächstes Mal verschoben. Wir fahren lieber gemütlich nach Hause zurück.
Ein Feld voller Gänse. Überhaupt merkt man immer mehr vom Frühling. Auf der Düne waren Eichkätzchen zu sehen und überall zwitschern und flattern immer mehr Vögel. Sogar ein Storchennest mit Storch darin sehen wir am Wegesrand. Leider habe ich die Kamera nicht zur Hand. Und wir sehen nur ein einziges weiteres Nest, in dem jemand sitzt. Aber da handelte es sich um eine Hausbesetzung durch eine Krähe.
Aus diesem Haus hat man wohl keine schöne Aussicht …
Die meiste Zeit fahren wir an weitläufigen Äckern vorbei. Ab und zu werden sie unterbrochen durch kleine Waldstücke.
Die Züge fahren sehr langsam an die Bahnübergänge heran.
Ein Acker voller Singschwäne.
Wir sind auf der Suche nach einem Nachtquartier. Erst halten wir an einem Parkplatz kurz an. Der ist aber so voller Müll und unschön, dass wir uns entscheiden, noch ein Stück weiter zu fahren. An einem Waldrand neben einem Acker gelegen finden wir einen Wanderparkplatz, der uns geeignet scheint. Vögel zwitschern und kaum Autoverkehr. Hier bleiben wir.
Wir verspeisen noch den Rest unserer Schoko-Kirsch-Rolle, die wir uns vor drei Tagen gekauft haben. Anschließend schreibe ich meinen Blogbeitrag und lausche dabei den Gänsen und Kranichen, die über uns hinweg zu ihren Schlafplätzen fliegen. Wie zuhause, wo ich sie vom Bett aus hören und vom Balkon aus sehen kann. Ich mag das sehr.
Zum Schluss wie immer die Statistik, der Kartenausschnitt und ein paar warme Worte zu Bewegtbildern.
184 Kilometer sind wir an diesem Tag gefahren.
Auf der Karte sieht das so aus:
Bewegtbilder gibt es diesmal (noch) nicht, wir werden Reisevideos erstellen und bei YouTube hochladen, wenn wir wieder zuhause sind. Der Link wird dann hier eingefügt und in Social-Media-Kanälen veröffentlich.