Von Olderdalen in die Finnmark

Als wir morgens wach wurden, waren wir immer noch die einzigen Gäste. Ich machte mir erstmal einen Kaffee. Immerhin blieb mir diesmal der Anblick und vor allem Geruch vom Vortag erspart. In der letzten Unterkunft waren außer uns noch zwei Asiatinnen. Die eine machte morgens Frühstück. Dafür stand sie im dicken Daunenmantel, Jogginghose und barfuß in Badelatschen in der Küche, kochte Nudeln und machte im Backofen Hähnchenschenkel. Wohl bekommt’s!

Mir reichte mein Kaffee. Außerdem musste ich mich um die Wäsche kümmern. Nach dem Desaster mit dem Trockner am Vorabend hatte ich ja immer noch die Hoffnung, dass diese nun trocken sei. Und ich hatte Glück.

Wäsche

Es folgte das Übliche, duschen und frühstücken, Sachen packen und Möbel wieder zurückstellen. Beim Abspülen musste ich mich mit besonderer Aufmerksamkeit dem Wasserkocher widmen, da wir diesen mal wieder zum Kochen der Eier missbraucht hatten und eines der Eier kaputt gegangen war. Natürlich passiert das, wenn wir nicht unseren eigenen Kocher nehmen, sondern den der Unterkunft. Nach dem Trockner reinigte ich auch dieses Gerät porentief. Ich glaube, ich habe zum ersten Mal eine Touristenunterkunft deutlich sauberer hinterlassen als ich sie vorgefunden habe.

Aussicht

Die Aussicht war wie immer toll. Wir waren fertig gepackt und machten uns auf den Weg. Den Schlüssel sollten wir einfach im Zimmer liegen lassen. Der Parkplatz bestand quasi nur aus Eis. Wie auf rohen Eiern liefen wir noch ein Stück nach vorne, um ein Photo von der Unterkunft zu machen.

Unterkunft

Und wenn ich schon dabei war, machte ich auch noch eines vom Fähranleger, der quasi bei uns vor der Tür war.

Fähre

Aber dann ging es los im Regen über regennasse und vereiste Straßen an vereisten Felsen vorbei.

Vereiste Felsen

Einen ersten Stopp legten wir in Sørkjosen ein. Hier tankten wir das Auto voll. Außerdem fuhren wir an einem Haus vorbei von einem, dem ich bei Facebook folge. Der Mann kümmert sich um herrenlose Katzen hier oben in der Arktis. Er sammelt sie ein, lässt sich tierärztlich untersuchen und ggf. behandeln und sorgt dafür, dass sie vermittelt werden.

Forente Poter

Eigentlich hätte ich ja auch gerne mal Hallo gesagt. Aber zum einen stand das Auto des Hausherren nicht vor der Tür, so dass ich keine Ahnung hatte, ob und wer da überhaupt zuhause war. Zum anderen bin und bleibe ich Soziopath. Ich habe keine Ahnung, wie man sich wildfremden Menschen gegenüber verhält. Na ja und deutsch bin ich ja auch. Und es ist nunmal absolut undeutsch, bei Wildfremden zu klingeln und Hallo zu sagen. Also ließen wir es und fuhren weiter.

Landschaft

Die Landschaft war extrem hübsch, wenn auch abwechselnd unter Nebel/Wolken versteckt und zwischendurch mal halbwegs frei mit superspannendem Licht. Der Fjord heißt übrigens Oksfjord.

Wir fuhren immer an der Küste entlang. Auf der Straße stand teilweise das Wasser. Wir waren auf alles Mögliche vorbereitet, was das Fahren hier im Norden im Winter betrifft, aber auf Aquaplaning waren wir nicht eingestellt. In manchen Senken stand das Wasser so tief, so tief sind wir nicht einmal auf Island durch Furten gefahren. Eine Senke war sehr heimtückisch. Als ich durchfuhr, spritzte das Wasser bis über das Dach. Die Scheibe war nass als hätte jemand eine ganze Badewanne über das Auto gekippt. Hammer!

E6

Da es regnete, machten wir nur wenige und sehr kurze Stopps zum Photographieren, so wie hier am Oksfjord.

Oksfjord

Anschließend ging es hinauf ins Kvænanfjellet. Der Pass ist zwar nur 400 Meter hoch, aber man darf nicht vergessen, dass wir hier kurz vor dem Ende der Welt sind. 400 Meter Höhenunterschied sind hier schon ziemlich krass. Unten ist das Meer mit dem Golfstrom und stets mildem Klima, oben in den Bergen weht eisiger Wind und herrschen ganz andere Bedingungen. Ich möchte gar nicht wissen, wie es ganz oben auf den Gipfeln zugeht.

Einmal der Blick zurück, in die Richtung, aus der wir kamen, und einmal der Blick nach vorne. Der Wind wehte hier schon recht kräftig. Die Autotür musste ich mit beiden Händen festhalten, insbesondere beim Zuziehen, das hätte ich mit einer Hand nicht geschafft. Aktuell herrschten 2°C. Bei Minustemperaturen wäre mir vermutlich alles eingefroren.

Bei der Fahrt ins Tal und am nächsten Fjord entlang tat sich dann dieser Blick auf.

Blick talwärts

Herrlich! Wir fuhren noch ein Stück weiter, bis die Straße wieder einen Knick nach links machte, um das spannende Licht am Himmel, von dem wir ja in diesen Tagen nicht allzu viel zu sehen bekommen, noch einmal festzuhalten.

In Burfjord stoppten wir erneut kurz, damit ich mir einen Kaffee holen konnte. Dort stießen wir auf diese illustre Truppe, mit der sich der Lebensabschnittsgefährte die Zeit vertrieb, während ich mich mit Betriebsstoff versorgte.

Möwen

In der Galerie des Lebensabschnittsgefährten findet sich noch ein Möwenbild.

Ein neues Schild erblickten wir ebenfalls am Wegesrand, nur leider zu spät, um ein Photo zu machen. Und da die Straßen mittlerweile zur Hälfte aus blanker, ungestreuter Eisschicht bestanden, konnte ich auch keine Vollbremsung durchführen. Das Schild besagte: Achtung, Hundegespann! Und es gab auch eine Furt im Schnee rechts und links der Straße, die aussah, als würden da regelmäßig Hundegespanne kreuzen.

Das mit dem Eis ist übrigens wörtlich zu nehmen. Ich bin mittlerweile per Du mit unserem ABS, das ich bis zu dieser Tour erinnerlich noch nie in Aktion erlebt habe. Heute war es im Dauereinsatz. Die Straßen waren teilweise so glatt, dass ich nur überlegen musste, den Fuß Richtung Bremspedal zu bewegen, da wurde das ABS schon aktiv. Ich probierte immer wieder den Zustand der Straße aus und die Reaktion des Autos. Da es weitgehendst menschenleer war und die Straßen von Schneebergen von etwa einem Meter rechts und links gesäumt waren, war genug Raum für solche Spielereien. Um dem Lebensabschnittsgefährten zu demonstrieren, wie glatt es ist, machte ich diese Test-Bremsung auch mal auf freier Fahrbahn mit Ansage. Ihm war nicht einmal aufgefallen, dass ich überhaupt gebremst habe. Es war wirklich spiegelglatt zwischendurch.

E6

Kurz vor Alta wechselten wir erneut die Positionen. Eigentlich wollten wir ja auch noch einkaufen gehen, aber bisher hatten wir völlig verrafft, dass ja Sonntag ist. Während ich auf dem spiegelglatten Parkplatz rumkurvte und versuchte, die Assistenzsysteme zu einer Reaktion zu animieren, machte der Herr Lebensabschnittsgefährte ebendiese Feststellung, dass ja Sonntag ist und die Geschäfte deswegen geschlossen hatten. Er schloss mit den Worten: “Ich Depp!” In diesem Moment setzte das Navi auf dem Smartphone ein mit dem Statement des Tages: “Entschuldigung. Ich weiß nicht, wie ich dabei helfen kann.” Zwar bezog es sich vermutlich auf meine Parkplatzkringel und nicht auf die Deppenhaftigkeit des Herrn Lebensabschnittsgefährten, aber Timing ist alles!

Kurz hinter Alta war unsere Unterkunft für den heutigen Tag.

Wir haben zwar ein paar Betten zuviel hier in unserem Zimmer, aber trotzdem alles, was wir brauchen. Kurioserweise war das große Zimmer günstiger als ein Zweierzimmer.

Die Strecke, die wir an diesem Tag zurückgelegt hatten, war nicht allzu weit. Viel weiter wären wir aber auch nicht gekommen, da vor uns ein Streckenabschnitt aufgrund der Wetterlage gesperrt war. Bis zum Abend war dieser jedoch wieder freigegeben. Da hier im Norden derzeit Unwetterwarnungen und Lawinenwarnungen sind, verbunden mit Streckensperrungen und abgesagten Fährverbindungen, sind wir heute etwas vorsichtig mit der Planung des nächstes Tages. Wenn wir Pech haben, endet unsere Reise in den Norden hier in Alta.

Dem Wetter zum Trotz hier noch die Bilder des Tages des Deppen, dem Google nicht helfen kann. ;)