Tag 12: Neubrandenburg und Altentreptow
Ein Bedürfnis schmeißt mich viel zu früh aus dem Bett. Nach dem Toilettengang schiebe ich den Vorhang zur Seite und gucke nach, ob der See noch da ist. Eine Gans steht am Eingang zur Wiese und beäugt den Camper. Vermutlich hat sie Geräusche aus dem Inneren gehört, als ich mit dem Holzdeckel der Toilettenkiste hantiert habe. Vielleicht ist es ein Gänsepapa, der kontrolliert, ob wir seiner Familie zu nahe kommen. Bis ich die Kamera bereit hatte, war er weg, dafür habe ich ein hübsches Bild vom Blick aus dem Camper.
Später kommt ein früher Spaziergänger vorbei. Die Gänse verziehen sich ins Wasser, sie haben tatsächlich Küken.
Nach dem Frühstück gucken wir uns das mal genauer an und der Mann fliegt die Drohne.
Der See ist wirklich sehr idyllisch und es ist herrlich ruhig am Morgen.
Später am Vormittag gibt’s Geschrei nebenan bei Gänsens. Ich sehe nur Flügel schlagen und gehe mal mit der Kamera gucken. Aber als ich aus dem Camper springe, springen die - wie zu erwarten war - schon ins Wasser und paddeln davon.
Mittags mache ich aus einer Dose stückige Tomaten, Zwiebeln und Champignons aus dem Glas eine Soße. Dazu gibt es vorgegarten Ben’s-Reis. Die Soße ist etwas sehr üppig geraten, die wird wohl drei Tage halten. Macht aber nichts, die ist nämlich ziemlich lecker.
Nachmittags ist es unerträglich warm im Camper. Das Auto steht komplett in der Sonne. Der Mann sitzt auf der Badewiese auf der Picknickbank und arbeitet dort.
Ich gehe ihn besuchen mit Keksen und frischem Wasser. Aber ich werde ständig von Fliegen belästigt und ziehe mich zurück in den Camper, Ventilator an, hinlegen, nicht bewegen. So schaffe ich es bis zum Feierabend. Als wir zusammenräumen fällt mir auch schon ein, dass ich ja die Frontscheibenabdeckung vom Winter an die Seite hätte hängen können. Das hält die Sonneneinstrahlung ganz gut ab, das haben wir schon öfter gemacht.
Nach diesem unfassbar warmen Nachmittag im Camper mit Temperaturen bis zu 33 Grad in der prallen Sonne fahren wir nach Neubrandenburg, wo ich mich erstmal tierisch aufrege über diesen blöden Wohnmobil-Stellplatz, den es da gibt. Der Platz liegt im Stadthafen und hat eine Ver- und Entsorgungsstelle, für die man bezahlen muss. Der Hafenmeister ist aber nur morgens und abends jeweils eine Stunde da (10 bis 11 Uhr und 18 bis 19 Uhr). Ansonsten ist da keiner. Also nix mit entsorgen.
Wir fahren zum Parkplatz am Ring, der um die Altstadt herum führt. Immerhin können wir unser Auto da in den Schatten stellen. Dann machen wir uns zu Fuß auf den Weg.
Wir gehen durchs Stargarder Tor in die Altstadt. Das ist das einzige der vier Tore, bei dem ich auch das Vortor geknipst habe.
An der Konzertkirche vorbei gehen wir bis zum Marktplatz. Dort gibt’s erst einmal Eis. Das ist sehr lecker, allerdings mit zwei Euro pro Kugel auch ziemlich teuer.
Wir haben alle vier Tore zumindest von Weitem gesehen und auch geknipst. Aber wir sind viel zu fertig, um zu jedem einzelnen zu laufen, sie in Ruhe anzuschauen und von allen Seiten zu knipsen. Auch für die Stadtmauer und die Wiekhäuser haben wir heute keinen Sinn mehr. Außerdem bin ich auf Neubrandenburg schlecht vorbereitet, ich habe gar nicht damit gerechnet, dass es hier so viel zu sehen gibt.
Am Friedländer Tor laufen wir bis zur Stadtmauer. Dort ist in der Poststraße der Gedenkort für die jüdische Synagoge, die dort einmal stand, bis sie in der Pogromnacht zerstört wurde.
Das Gelände um die Synagoge herum soll wohl bebaut werden. Jedenfalls haben dort 2016/2017 archäologische Ausgrabungen statt gefunden. Dabei wurde ein Kriminalfall wieder aufgerollt.
Die Witwe Hoffman war mit ihren drei Kindern in der Nacht vom 22. zum 23. Oktober 1770 durch die Vielzahl von Axthieben ermordert worden. Als Täterin wurde Dorothea Bötterich ausgemacht, als Motiv Habgier gepaart mit soziopathischem Verhalten festgestellt. Das Urteil, Tod durch Rädern, zog sich für die Delinquentin grausam in die Länge.
Bericht der Landesarchäologie
An der Stadtmauer entlang gehen wir wieder zurück Richtung Parkplatz.
Durch das Neue Tor wechseln wir auf die Feldseite der Stadtmauer. Das Neue Tor ist das einzige der vier, das kein Vortor hat.
Im Grünstreifen zwischen Stadtmauer und Altstadtring ist es angenehm kühl. Leider ist es dort durch den Autoverkehr auch sehr laut.
Wir haben genug von der Stadt und gehen zum Auto zurück. Mangels Entsorgungs-Alternative fahren wir noch einmal zum Wohnmobilstellplatz zurück. Mittlerweile ist es nämlich 18 Uhr und es ist jemand da.
Da sagt die Mitarbeiterin dort doch glatt, man müssen nicht dafür bezahlen, das stehe da nur so auf dem Schild, das sei noch nicht fürs Bezahlen eingerichtet. Super. Ganze Aufregung umsonst. Da hätten wir auch vorher schon alles regeln können. Weil der Mann so nett ist, hat er die zwei Euro, die wir eigentlich hätten bezahlen müssen, in die Kaffeekasse geschmissen. Dann entsorgen wir unsere Gülle und füllen die Frischwasserkanister auf.
Den nächsten Stopp machen wir in Altentreptow beim großen Stein. Mecklenburg-Vorpommern hat nämlich den größten. Es gibt noch einen Findling, der noch größer ist, aber der liegt in der Ostsee. Dieser hier ist ein ganz nettes Steuergrab. Vom Stein war zunächst mehr als die Hälfte unter der Erde, zu sehen an den unterschiedlichen Farben. Dann kam der Bürgermeister auf die 244.000 Euro teure Idee, das Teil heben zu lassen, damit man ihn in seiner ganzen Pracht bewundern kann. Dafür wurden übrigens auch 70 Kleingärten abgerissen, um für 1,5 Mio Euro den Klosterberg neu zu gestalten. Ganz schön viel Geld für das bisschen Rasen hier.
Der Bürgermeister glaubt, damit Touristen anlocken zu können. Sicher gelingt das auch ab und zu mal, wie in unserem Fall, wenn man ohnehin auf der Durchreise ist. Aber da in Altentreptow sonst nichts los ist, es nicht einmal einen Parkplatz zum Übernachten gibt, fahren wir auch direkt wieder.
Wir fahren weiter auf der B 96, gucken uns zwei mögliche Übernachtungsplätze an, die sagen uns aber beide nicht zu. Wir finden dann jemanden, der auf seinem Privatgrundstück einen Stellplatz zur Verfügung stellt. Der Gastgeber ist sehr nett, freundlich und redselig, erzählt noch viel und lange aus seinem Leben. Der Platz ist top, neben dem Gartentor, direkt an einem Acker. Hinter unserem Auto stehen ein paar Birken, die uns morgen Schatten spenden werden. Der Gastgeber erzählt uns, dass auf dem Acker wohl wieder Mais angebaut wird. Wenn wir Pech haben, kommt der Bauer morgen und verteilt Gülle. Auf dem hinteren Teil des Feldes hat er das heute schon getan. Sollte das passieren, werden wir ziemlich schnell abreisen.
Um 20 Uhr sind wir völlig müde und kaputt. Ich knipse noch ein letztes Mal aus dem Camperfenster, bevor es ganz dunkel ist. Dann höre ich noch einen Podcast und schlafe auch schon bald ein.
Zum Schluss wie immer die Statistik und der Kartenausschnitt.
59 Kilometer sind wir an diesem Tag gefahren.
Auf der Karte sieht das so aus: