Tag 11 • Aufstehen, Krone richten, weiterfahren
Neuer Tag, neues Glück und nach dem Krone richten mussten wir auch noch Kronen vernichten. Aber erstmal frühstücken. Der Aufenthaltsbereich von dem Hostel war wirklich toll.
Wir frühstückten in aller Ruhe und ließen uns Zeit mit dem Blogbeitrag vom Katastrophentag. Langsam aber sicher haben wir uns auch an das Vagabundenleben im Allgemeinen und an das Leben hier auf Island im Besonderen gewöhnt. Die Tage sind nicht mehr ganz so anstrengend. Es wäre nur schön, wenn meine Erkältung mal endlich verschwinden würde. Aber diese Nacht in der festen Unterkunft hat mir schon gut getan. Gerne wären wir auch noch eine Nacht hier geblieben, aber leider ist für die nächsten 15 bis 36 Stunden das warme Wasser und damit auch die Heizung abgestellt. Also packten wir nach dem ausgiebigen Frühstück unseren Kram zusammen und fuhren in die Werkstatt des Ortes.
Der wortkarge Isländer begutachtete unseren Reifen und befand, dass er ihn nicht reparieren könne, sondern durch einen neuen austauschen müsse. Diese Arbeit erledigte ein junger Kerl, der dem Aussehen nach kaum älter als 14 sein konnte, aber ganz offensichtlich nicht zum ersten Mal einen Reifen wechselte. Uns ist schon öfter aufgefallen, dass hier viele noch sehr jung wirken, wenn sie schon arbeiten. Ob die nun alle so jung aussehen, weil die hier so gesund leben, oder ob die tatsächlich so jung mit der Ausbildung beginnen, wie das bei uns ja früher auch mal üblich war, haben wir noch nicht herausgefunden. Jedenfalls wechselte der Junge unsere Reifen.
Anschließend gingen wir zum Bezahlen. Unsere schlimmsten Befürchtungen traten zwar nicht so ganz ein, aber billig war der Spaß nicht. Außerdem hatten wir jetzt drei Winter- und einen Sommerreifen, der das Vierfache dessen gekostet hat, was wir in Deutschland dafür bezahlen würden. Hilft ja alles nichts, ohne Reifen fährt sich’s schlecht.
Als wir hier fertig waren, fuhren wir wieder zur Tankstelle nebenan. Der Wagen musste erstmal die gröbste Dreckschicht loswerden. Sehr praktisch hier: An vielen Tankstellen stehen die Bürsten zur kostenlosen Reinigung der Fahrzeuge zur Verfügung. Danach räumten wir den Kofferraum wieder so ein, wie wir es zum Campen benötigten.
Als wir mit all dem durch waren, war es kurz nach 12 Uhr. Zur Belohnung kaufte ich uns an der Tankstelle ein Eis. Ich holte zwei Magnum, für die ich umgerechnet fast 10 Euro bezahlt habe, ein gängiger isländischer Preis für sowas und vermutlich das teuerste Magnum, das ich je in meinem Leben gegessen habe. Aber was soll’s, unser Tagesabenteuer konnte endlich beginnen.
In Hvammstangi befindet sich die Fabrik für den Wollkram, der überall auf Island verkauft wird. Wir schauten uns nicht nur den Laden an, man kann auch einen Blick in die Arbeitswelt dort werfen.
Wir kauften von diesem unglaublich teuren Wollzeug ein Souvenir und stellten zu unserer Überraschung fest, dass die Verkäuferin nicht nur die Inhaberin von dem Ganzen ist, sondern auch Deutsche aus Bochum, die seit 20 Jahren hier auf Island lebt, ursprünglich wegen der tollen Pferde hierhergekommen war und nun in Wolle machte.
Unser nächster Stop war im Icelandic Seal Center, einer kleinen aber feinen Ausstellung über die verschiedenen Robben-Arten, die hier auf Island vorkommen. Sehr spannend war ein interaktives Display, auf dem man eine Robbe, der als Heuler ein GPS-Sender verpasst wurde, auf ihren ersten Monaten durchs Leben in der Grönlandsee verfolgenden konnte. Dann haben wir uns noch den Dokumentarfilm über Robben in Island angeschaut, bevor wir wieder weitergezogen sind.
Wir umrundeten die Halbinsel Vatnsness auf der Straße Nr. 711, einer sehr guten Schotterpiste, die einmal rum führt. Es war schon längst Mittagszeit und wir hatten Hunger, da bot sich ein Picknick auf einem der zahlreichen Parkplätze an.
Bei der Gelegenheit entledigten wir uns auch mal einem Teil der wärmenden Zwiebelpelle. Es war strahlend schönes Wetter und wir waren viel zu warm angezogen.
Wir waren übrigens nicht alleine, diese beiden jungen Herrschaften waren nicht weit entfernt von uns. Aber die sind hier ziemlich scheu, was vermutlich auch besser für sie ist. So haben sie wenigstens ihre Ruhe vor Touristen.
Unser nächster Stop war am Robben-Aussichtspunkt. Wobei nicht so ganz klar war, wer hier wen beobachtete, das Tier im Vordergrund machte da irgendwie den Clown für die Besucher.
Aber die Robben fand ich jetzt nicht so super spannend, die haben wir in Deutschland auch und zumindest auf Helgoland kann man die besser aus der Nähe beobachten. Wir liefen noch ein wenig am steinigen Strand entlang, wo sich ein regelrechter Entenkindergarten tummelte. Ganz viele Entenmütter mit ihren Küken wuselten am Strand und im seichten Wasser herum.
So sieht hier übrigens ein relativ voller Touristenparkplatz an Aussichtspunkten aus.
Als nächstes auf der Strecke war noch der Hvítserkur, ein recht bekannter Fels im Fjord. Der Sage nach ist das übrigens ein versteinerter Troll, der irgendein Kloster mit Steinen bewarf und deswegen nun selbst zu Stein wurde.
Um dorthin zu gelangen, liefen wir zunächst einen Abhang hinunter. Zum Strand nahmen wir eine Abkürzung durch die Wiese, was sich als Fehler herausstellte. Dort brüteten nämlich Seeschwalben und die fanden unser Eindringen gar nicht witzig. Da kamen erst einzelne, um uns zu verjagen. Und als sie damit keinen Erfolg hatten, kam die ganze Kolonie angeflogen. Die Tiere flogen regelrechte Angriffe auf uns und machten dabei ein Mordsgeschrei. Mir war das ja nicht so ganz geheuer, ich vertrieb sie mit den Armen, was sie nicht wirklich beeindruckte, musste aber auch lachen. Wir waren jedenfalls froh, als wir da durch waren und der Spuk vorüber war. Später am Strand war nochmal eine Gruppe, die uns attackierte, was ich auch versuchte, mit dem Handy zu filmen. Ich hoffe, dass das Video etwas geworden ist. (Videos gibt’s erst, wenn wir wieder zuhause sind.)
Wir liefen noch ein wenig unten am Strand rum, knipsten Stein und Sand und tote Tiere, Vögel und sogar eine Robbe, die da relativ zahlreich herumlagen. Das Leben hier ist hart, das hält nicht jeder durch.
Unser Weg zurück war halsbrecherisch - im wahrsten Sinne des Wortes. Es gab nämlich keinen Pfad den Hang hinauf, wir mussten ziemlich steil raufklettern. Einmal drohte ich wegzurutschen, konnte mich aber noch fangen. Zwischendurch hatte ich Sorge, dass ich es nicht schaffen würde, aber zurück ging auch nicht, denn der Abstieg ist noch schwieriger und gefährlicher als der Aufstieg. Endlich oben angekommen merkte ich dann auch, dass mir die Luft ausging. So fit waren meine Bronchien ja noch lange nicht.
Dort sind wir zwar nicht rauf, zu viel Wasser, aber so ähnlich sah der Weg aus, den wir genommen hatten. Und wie hoch und steil das ist, kann man sich ja vielleicht vorstellen. Umgedreht habe ich mich vorsichtshalber nicht, ich habe schließlich Höhenangst.
Ich liebe die isländischen Verkehrsschilder und wann immer eines kommt, dass wir noch nicht geknipst haben, zückt der Beifahrer die Kamera.
Wir beschlossen, noch einmal in Hvammstangi zu übernachten. Wir waren viel zu Fuß unterwegs heute und ziemlich müde. Noch bis zu den Westfjorden zu fahren, war uns zu weit weg.
Die zwei stehen an der Kreuzung, wo uns gestern der Reifen kaputt gegangen war. Heute hatte ich dann auch den Nerv, die zu knipsen. Die Einfahrt in den Ort hatte ja schon etwas Vertrautes und den Campingplatz fanden wir auf Anhieb. Was wir natürlich nicht bedacht hatten: Der Ort war ohne Warmwasser. Nun ja. Für den Abend ging es ohne. Am nächsten Morgen hatten wir vielleicht Glück und es würde wieder warmes Wasser geben. Wenn nicht, geht es notfalls auch mal einen Tag ohne duschen.
Wir kochten uns was auf unserem Gaskocher: Dosengulasch mit Kartoffelpüree, das ist das kulinarische Highlight der Campingkochkunst bisher. Das Wetter war traumhaft und wir saßen neben dem Auto zum Essen. Übrigens war hier auch wieder die “French Invasion” vom ersten Campingplatz. Und auch so sieht man immer wieder Leute an allen möglichen Orten, die man woanders auch schon gesehen hat. Island ist ein Dorf, hier kennt jeder jeden.
In Iceland we wear our sunglasses at night!
Da das Wetter so phantastisch war und gute Chance auf eine ganze Nacht Sonne bestand, habe wir eine der GoPros aufs Dach montiert und Zeitrafferaufnahmen machen lassen. Leider gibt es auch die erst zu sehen, wenn wir wieder zuhause sind. Aber ich glaube, das ist ganz gut geworden.
Morgen geht es in die Westfjorde. Wir sind mächtig gespannt!