Tag 5: Wir erreichen Nordnorwegen
Bevor wir losfuhren, hatte meine Schwiegermutter Sorge, dass wir im Camper frieren, dass es zu kalt sei. Draußen herrschten an diesem Morgen -14 °C. Die Heizung sorgte in der Nacht dafür, dass ich wach wurde, weil ich schwitzte. Schwiegermutter, du liest ja hier mit, deine Sorge ist völlig unbegründet.
Die Aussicht nach hinten aus dem Camper war wieder einmal phantastisch - zumindest als es gegen halb Neun langsam hell wurde.
Mittlerweile hatten wir morgens und abends Abläufe eingespielt, die Feuchtigkeit aus dem Camper zu bekommen und unseren Krempel so zu verstauen, dass das Zeug nicht feucht wurde.
Um viertel nach Neun ging es los. Die Schneekante, die vom Schneepflug zwischen Bert und der Straße angehäuft worden war, bestand aus fluffigem Pulverschnee und war mühelos zu überwinden.
Wir setzten unseren Weg nach Norden fort.
Nach einem kurzen Stück Fahrt war die Temperatur schon wieder etwas näher am Gefrierpunkt. An der Sonne wird es aber kaum gelegen haben, die kam nicht über die Berge drüber.
Es folgt nun eine Auswahl an Eindrücken von der Straße und der Landschaft der folgenden zwei Stunden.
Bei Grong bogen wir von der E6 ab und folgten dem Wegweiser zum Formofoss.
Wir stellten das Auto vor dem Fluss ab und machten uns auf den Weg, den Rest zu Fuß zu gehen. Auf der Brücke angekommen stellten wir allerdings fest, dass das noch ein ganz schönes Stück zu laufen gewesen wäre. Ich war mir auch nicht ganz sicher, ob wir dort nicht bereits auf unserer März-Reise schon waren. Es war lausig kalt, wirklich lausig. Wir gingen zum Auto zurück und fuhren weiter.
Die Straße führt die ganze Zeit am Namsen vorbei. In einer Haltebucht blieben wir noch einmal stehen, um ein paar Bilder zu knipsen und einen Fahrerwechsel zu machen.
Zwischendurch war die Temperatur bis -7 °C gestiegen, mittlerweile war sie wieder bei -13 °C
Ich fuhr bis zum Rastplatz Brekkvasselv, Während der Herr Lebensabschnittsgefährte knipste. An dieser Stelle sei auch mal erwähnt, dass einige der bisher gezeigten Bilder vom Lebensabschnittsgefährten aufgenommen wurden. Nur haben wir darauf verzichtet, die eigens zu kennzeichnen.
Auf dem Rastplatz gab es Mittagessen, für mich noch einen Caro-Kaffee und anschließend wieder einen Fahrerwechsel.
Aufgrund der vereisten Fahrbahn und der vielen Elch-Warnschilder fuhren wir gemäßigt und wachsam. Und wie sich herausstellte zurecht, denn plötzlich waren da tatsächlich zwei Elche am Wegesrand: eine Elchkuh mit ihrem Jungtier:
Ich war viel zu aufgeregt, um die Kamera schnell genug hochzureißen - wie so oft, wenn es irgendetwas Tolles zu sehen gibt, dann gucke ich lieber statt zu knipsen und mir fällt viel zu spät ein, dass ich ja auch knipsen könnte. Wäre nicht die Kamera im Timelapse-Modus mitgelaufen, hätten wir gar keine Bilder von den beiden.
Der Herr Lebensabschnittsgefährte bremste sehr stark ab und wir kamen neben den Elchen fast zum Stehen. Im Vorbeirollen guckten wir sie an und sie guckten uns an. Dann gab der Herr Lebensabschnittsgefährte wieder Gas. Ich hoffte, dass der Schneepflug, der uns kurz darauf entgegen kam, nicht das Ende von einem der beiden Tiere werden würde.
Kurze Zeit später stand ein weiterer Elch am rechten Fahrbahnrand bis zum Bauch im Schnee. Den hat allerdings die Dashcam auch nicht erwischt, da war es schon zu dunkel und er war zu gut “getarnt” durch die Bäume, vor denen er stand.
Es wurde dunkel, es war ja auch bereits 15 Uhr.
Und endlich, endlich waren wir in Nordnorwegen! Auf dem Parkplatz vom Nordlandsport, der diesmal sogar geräumt war, hielten wir kurz an, um unsere Abwasserkanister zu entleeren. Zwei Männer reparierten gerade an einem Lkw herum. Zum Übernachten war es uns noch etwas zu früh, es war gerade 15:05 Uhr. Eine Stunde wollten wir noch fahren.
Am südlichen Horizon war der letzte Lichtschimmer zu sehen.
Es wurde langsam dunkel und anstrengender zu fahren. Nach zwei Elch-Sichtungen innerhalb kurzer Zeit waren wir noch vorsichtiger unterwegs.
Ziemlich übel bei der Fahrerei waren übrigens die Schneeverwehungen, die einem jede Sicht nahmen. Der Wind in Böen fegte den pulvrigen Schnee von den Bäumen und dann wehte eine große dichte Schneewolke über die Straße hinweg. Die Sicht reichte in den Schneewolken kaum bis zum Ende der Motorhaube. Einmal war es so heftig, dass wir mit Warnblinker bis auf Schrittgeschwindigkeit abbremsen mussten.
Viel gab es nun nicht mehr zu knipsen, es war ziemlich finster.
Ich versuchte mit dem Nachtmodus meiner Kamera ein Bild von dem hellen Stern zu machen, den ich die ganze Zeit sah. Da ich vom Sternenhimmel nicht die geringste Ahnung habe, möge man mir verzeihen, dass hier jetzt nicht steht, um welchen Stern es sich handelt. Hier das Suchbild:
Und dann fiel die Laune wie die Außentemperaturen. Ich erwähnte ja bereits, dass hier im Norden viele Parkplätze im Winter nicht geräumt werden. So ist es etwas schwierig, einen Platz für die Nacht zu finden. Wenn wir also einen Platz für die Nacht suchen, fahren wir von einem bis zum nächsten, bis wir einen geräumten gefunden haben und uns dort niederlassen. Nur blöderweise ist der Herr Lebensabschnittsgefährte an der Parkplatzeinfahrt vorbeigefahren und auch an der vorerst letzten Möglichkeit zu wenden, weil er beides zu spät gesehen hatte. Es ist ja “finster wie im Bärenarsch”, wie ein YouTuber, dem wir folgen, das auszudrücken pflegt.
So fuhren wir dann erst einmal 18 Kilometer die E6 entlang, bis sich endlich eine Möglichkeit auftat, wenigstens mal rechts ran zu fahren. Es gab zwar vorher auch schon eine, aber da stand ein riesiger Schneepflug drin und ließ den Verkehr vorbei.
Wir standen also an der Bushaltestellen-Bucht, ich mit schlechter Laune, der Herr Lebensabschnittsgefährte mit seinem Smartphone und diskutierten. Wir kamen allerdings auch zu dem Schluss, dass es besser sei, zur verpassten Gelegenheit zurück zu fahren, statt zum nächsten Rastplatz, von dem wir eben auch nicht wussten, ob der geräumt war oder nicht und der außerdem noch 50 Kilometer entfernt war. Und so wendeten wir und fuhren zurück.
Und auch wenn “18 Kilometer weiter erst wenden” zunächst nicht sonderlich viel klingt: Auf vereisten Straßen im stockfinsteren Norwegen hat das unsere Ankunft um gut 50 Minuten verzögert (Diskussion inbegriffen ;).
Auf dem Parkplatz angekommen stellten wir fest, dass der Himmel sternenklar war. Ich bildete mir sogar ein, die Milchstraße erkennen zu können - aber unter Vorbehalt, die Ahnungslosigkeit erwähnte ich ja bereits. Da der klare Himmel laut Wetter-App nicht mehr allzu lange so bleiben sollte, raffte sich der Lebensabschnittsgefährte auf und machte sich mit Kamera und Stativ noch einmal auf in die Kälte, um bei -10 °C die Sterne zu knipsen. Nach etwa 30 Minuten, ich war fertig mit Aufräumen und Sortieren im Camper, fragte ich mich, was er denn so lange treiben würde und ob er vielleicht irgendwo festgefroren lag. Da kam er zurück und präsentierte seine Ausbeute. Und obwohl er in der Sternenknipserei über keine Erfahrung verfügt und unser Equipment nicht darauf ausgelegt ist, finde ich das Ergebnis sehr gut gelungen.
Zum Schluss wieder die Statistik, die Karte und ein Zusammenschnitt der Timelapse-Videos von diesem Tag.
Unser Elch-Counter steht bei 3.
237 Kilometer sind wir gefahren.
Auf der Karte sieht das so aus:
Und im Zeitraffer sieht das so aus: