Tag 15: Von Neiden durch Finnland nach Karasjok

Es war wieder frisch in der Nacht. Das Thermometer meldet -17 °C als extremsten Wert irgendwann in der Nacht.

-17 °C

An dem Parkplatz, auf dem wir übernachteten fuhr morgens ein Fahrzeug mit jede Menge Blinklicht vorbei, hielt an einem Schild an und von der Beifahrerseite wurde ein Besen oder ähnliches aus dem Fenster gehalten und das Schild damit vom Schnee befreit. Es gibt Jobs hier, die würde ich ohne mit der Wimper zu zucken sofort annehmen.

Tolle Lichtstimmung

Es hatte fast die ganze Nacht geschneit, wir mussten unser Auto morgens erstmal vom Schnee befreien, bevor wir in den Tag starten konnten.

Für diesen Tag war geplant, nach Finnland zu fahren. Wir hatten mehrere mögliche Routen bereits in Erwägung gezogen, die wir für die Rückreise nach Deutschland wählen könnten. Eine war, bis Helsinki zu fahren und dort die Fähre nach Travemünde zu nehmen.

Wegkreuzung in Neiden

Ob es so kommen würde, stand noch nicht fest, erstmal wollten wir nach Finnland.

Öffnungszeiten Zoll

Die Öffnungszeiten des Zolls an der Grenze.

Der Herr Lebensabschnittsgefährte fliegt die Drohne

Kurz vor der Grenze hielten wir noch einmal an, um die Drohne zu fliegen. Laut safetofly.no war das an dieser Stelle noch möglich trotz der Nähe zur Grenze.

Hier noch ein paar Einzelbilder:

Ein paar Minuten später passierten wir sie, die Grenze zwischen Finnland und Norwegen.

Grenzschild Finnland/Suomi

Eigentlich wollten wir tanken und einen Supermarkt aufsuchen. Wir sind zwar schon ein paar Mal durch Finnland gefahren, waren dort aber noch nie in einem Supermarkt. Ich finde das Angebot in Supermärkten in anderen Ländern immer sehr spannend. Allerdings war die Tankstelle keine Automatentankstelle und zudem kostete der Liter Diesel 2,50 Euro.

Ich erinnerte mich an die Reise 2019/2020, bei der wir schon feststellten, dass Diesel in Finnland exorbitant teuer ist. Und das trotz Nähe zu Russland und ganz ohne Krieg.

Die Finnen leben übrigens in einer anderen Zeit als wir.

Sperrbildschim meines Smartphones mit beiden Uhrzeiten

Rentiere auf der Straße

Der Verkehr auf der finnischen Straße war ziemlich überschaubar, teilweise echt niedlich - und lecker. Rentierfleisch schmeckt sehr gut.

Weiter unten im Beitrag gibt es einen Video-Zusammenschnitt mit den Rentieren auf der Fahrt.

Kurz zuvor standen schon einmal zwei Stück am Straßenrand. Die haben wir aber viel zu spät gesehen, um sie knipsen zu können. Im Zeitraffer haben wir sie gefunden und ich habe sie mal markiert:

Rentiere am Straßenrand

Wenige Minuten nach den ersten Rentieren hatten wir Schneehühner auf der Fahrbahn. Die konnte ich ebenfalls nicht knipsen. Von Weitem erkennt man sie kaum, man denkt zunächst, da liegen ein paar Eis-/Schneeklumpen auf der Fahrbahn, bis diese Klumpen irgendwann die Flügel spreizen und auffliegen. Ich habe die Bilder aus dem Zeitraffer gespeichert und den Hühnertrupp markiert.

Das war nicht das erste Schneehuhn, in unserem ersten Livestream flog auch eines vor unserem Auto auf. Aber auch da ging das viel zu schnell, um die Kamera zu zücken. Die Tarnung funktioniert hervorragend.

In der Dämmerung zurück nach Norden

Beim Mittagessen entschieden wir uns, nach Norwegen zurück zu fahren. Gründe hatten wir dafür mehrere.

Zum einen waren die finnischen Straßen eher mäßig spannend. Zwar war es sehr schön hier, aber leider so gar nicht abwechslungsreich - Dasselbe Problem wie in Schweden.

Ein weiterer, gewichtiger Grund war aber, dass wir nun schon seit 10 Tagen in Nordnorwegen unterwegs waren und noch nicht ein einziges Mal ein Nordlicht gesehen hatten. Zwar hatten wir auf früheren Reisen schon Sichtungen, aber dennoch ließ uns das keine Ruhe. Also entschieden wir uns, noch ein paar Tage im Norden zu bleiben und fuhren die 92 weiter nach Karasjok.

Zurück Richtung Norden

Das Wetter war mal wieder abwechslungsreich.

Schneegestöber

Und leider habe ich das norwegische Grenzschild verpasst. So muss dann das Schild der Fylke Troms og Finnmark ausreichen.

Troms og Finnmark fylke

Fylke ist in Norwegen sowas wie bei uns in Deutschland die Bundesländer. 2017 gab es da eine Reform und mehrere Fylkes wurden - teilweise gegen großen Widerstand der Bevölkerung - zusammengelegt. 2022 gab es eine erneute Reform und ab 1. Januar 2024 wird die Finnmark wieder eigenständig sein.

-20 °C

Kaum waren wir wieder in Norwegen, waren die Temperaturen wieder recht knackig mit -20 °C.

Stockfinster

Und es war auch wieder stockfinster.

Der Beifahrer - also ich - langweilte sich ein wenig und knipste die Geisterbäume, die verschneiten Bäume im Fernlicht entgegenkommender Fahrzeuge.

Brücke nach Karasjok

Wir waren in Karasjok. Hier tankten wir zunächst. Während der Herr Lebensabschnittsgefährte den Diesel in unser Fahrzeug laufen ließ, machte ich das Fenster auf und nahm Brandgeruch wahr. Gleichzeitig sah ich eine Qualmwolke von unter dem Auto aufsteigen. Beides brachte ich im Kopf zusammen, sprang aus dem Auto, rief dem Lebensabschnittsgefährte zu: “Hier riecht’s verbrannt!” und riss hinten die Heckklappe auf, um nach dem Rechten zu sehen. Allerdings war mit unserer Heizung alles in Ordnung. Diese Panik, wenn Brandgeruch in meine Nase dringt, wird wohl nie ganz weggehen.

Tannenbaum

Auf der anderen Seite des Kreisverkehres war ein Coop. Wir brauchten dringend Wasser, sämtliche Frischwasserversorgungen, die frei zugänglich waren, waren im Winter natürlich abgestellt. Daher kauften wir Wasser. Außerdem wurde erneut eine Tüte Chips benötigt. Und Marzipan, ganz dringend brauchte ich Marzipan.

- 23 °C

Hier ließ jeder sein Auto mit laufendem Motor auf dem Parkplatz stehen. Außer wir. So waren wir schon von Weitem und ohne dass unser Nummernschild zu sehen war, als Ausländer zu identifizieren. Dass wir als einzige mit Maske einkaufen gingen - vermutlich als einzige in ganz Norwegen - trug nicht unerheblich zu unserem Freak-Image bei, vermute ich mal.

Immerhin ließen wir die Standheizung im Camper laufen, auch wenn ich immer noch etwas argwöhnisch war. Der Brandgeruch scheint eher von den Kaminöfen zu sein, die hier vermutlich in fast jedem Haus zu finden sind.

Stockfinster

Wir fuhren die 92 weiter Richtung Kautokeino bzw. Richtung E45.

Rentier auf der Straße

Plötzlich überquerte ein Rentier die Straße. Und jede Menge seiner Kumpels waren immer noch am rechten Fahrbahnrand. Das ist nicht ganz ungefährlich, denn die entscheiden sich oft ziemlich plötzlich, ihren Kollegen zu folgen.

Rentier am Fahrbahnrand

Hier das versprochene Video, ein Zusammenschnitt von beiden Rentiersichtungen:

Wir fanden einen lauschigen Parkplatz, auf dem wir unser Nachtlager aufschlugen. Im Camper richteten wir uns kältetauglich ein. Dann gab es heiße Schokolade und wir teilten uns das letzte Wienerbrød.

Wienerbrød und heiße Schokolade

Anschließend importierten wir die Photos von allen Kameras, der Herr Lebensabschnittsgefährte schnitt die Videos zusammen und ich suchte Bilder aus. Viel weiter kam ich allerdings nicht, auf Bloggen hatte ich an diesem Nachmittag keine Lust mehr, das verschob ich auf den nächsten Morgen.

Wir checkten die Nordlichtvorhersagen. Theoretisch gab es zwar Aktivität, praktisch saßen wir aber unter einer Wolkendecke fest.

Außerdem machten wir uns noch ein paar Gedanken, welche Route wir als nächstes nehmen könnten.

Und dann war es auch schon wieder Zeit fürs Abendessen. Es gab Nudeln in Käse-Sahne-Soße.

Nachdem wir zu Abend gegessen und gespült und aufgeräumt hatten, war es kurz nach 20 Uhr. Ich hatte keine Lust mehr darauf, etwas zu gucken oder zu bloggen oder sonst irgendetwas, ich wollte mich nur noch hinlegen, auf dem Smartphone spielen und nichts weiter. Wir machten also unser Bett und krochen hinein.

Da es für die Nacht eine kleine Chance auf weniger bewölkten Himmel und damit auf Nordlichter gab, hielten wir für den Herrn Lebensabschnittsgefährten alles bereit, was er zum Knipsen dieses großartigen Himmelsschauspiels benötigen würde: warme Klamotten, Kamera und Stativ. Dann schnappte er sich seinen Laptop und guckte noch eine Folge seiner Serie, während ich daneben lag und spielte.

Die Welt war völlig in Ordnung und irgendwann gegen 22:30 Uhr schliefen wir - nach einer letzten erfolglosen Nordlicht-Kontrolle ein.

Ein lauter Knall, als wäre jemand mit einer Eisenstange auf den Camper zugerannt und hätte aufs Alu-Hardtop geschlagen, riss uns aus dem Schlaf. “Was war das?” - “Keine Ahnung.” Ich sah auf die Uhr. Zwar brachte dies keinerlei Aufschluss über die Herkunft des Geräuchs, aber immerhin war ich zeitlich orientiert: 23:38 Uhr.

Ich bin kein Held. Ich traute mich nicht, die Vorhänge beiseite zu schieben und zu sehen, ob da draußen irgendjemand oder irgendetwas war. Ich schickte den Mann vor - In Notsituationen muss man Opfer bringen. Draußen war es ziemlich hell, der Mond war zu etwa dreiviertel voll und der Schnee sowie die Wolken reflektierten sein Licht. Weit und breit war nichts und niemand zu sehen, was nicht am Abend zuvor auch schon dagewesen war.

Eventuell hatte sich an irgendeiner Stelle das Aluminium des Harttops durch Temperaturänderungen verformt, wie man das von leeren PET-Flaschen kennt. Dass dies von Zeit zu Zeit geschieht, wissen wir, haben wir im Sommer schon öfter erlebt. Das wäre also eine plausible Erklärung.

Derart beruhigt schlief ich bald wieder ein und den Rest der Nacht ereignislos durch.

Zum Schluss wie immer die Statistik, der Kartenausschnitt und ein kurzes Timelapse-Video von der Fahrt.

238 Kilometer sind wir heute gefahren.

238 km

Auf der Karte sieht das so aus:

Und in Bewegtbildern sieht das so aus: